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Sonntagskirche | 02.02.2020 | 08:55 Uhr

Licht anlassen


Ich weiß es noch genau: Es war Montag und die Kirchturmuhr schlug gerade 9 Uhr. Da klopft es an meiner Türe im Büro und ein junges Paar steht da. Ich merke sofort: Da stimmt was nicht. Dunkle Minen. Versteinerter Blick. Unter dem Arm tragen sie zwei Kartons. Der jungen Frau quellen die Tränen unter den Augenlidern. Sie kämpft, um nicht komplett in Tränen auszubrechen.
Und dann schießt es aus dem Mann heraus: „Können Sie uns einen großen Gefallen tun? Wir würden nicht fragen, wenn es nicht so wichtig wäre!“ Wir setzen uns, ich auch direkt, worum es geht: In den Kartons sind 52 Kerzen. Für jede Woche des Jahres eine. Vier Tage ist es her, dass sie ihren kleinen Sohn vor vier Tagen tot zur Welt bringen mussten. „Er hatte“, so sagt die Frau „keine Chance zu überleben.“ Das wussten sie schon seit mehreren Wochen. Und nun sind sie nach Kevelaer gekommen. Irgendwann hatten sie sich erinnert, dass man dort, in der Nähe der Gnadenkapelle Kerzen anzünden kann; und dass die Oma das immer tat, wenn es brenzlich wurde im Leben. „Können Sie sicherstellen“, fragt mich der junge Mann mit ernstem Ton, „dass hier für unseren Tom das Licht jede Woche brennt?“ – Ich muss schlucken, bin berührt und sprachlos. Nachdem mir also die Worte fehlen, legt der Mann nach: „Können Sie das? Es ist ernst!“ – Wir haben dann die erste Kerze zusammenangezündet für den kleinen Tom, dessen Leben endete, bevor es richtig beginnen konnte. Seitdem zünde ich Kerzen an. Jede Woche eine. Für Tom. Vielleicht ist das die wichtigste und bedeutendste Aufgabe meiner Kirche: Das Licht anzuhalten, für die Menschen, in denen es dunkel ist. Das Licht zu hüten für alle, denen es selber zurzeit nicht gelingt.

Heute feiert meine Kirche das Fest der Darstellung des Herrn. Im Volksmund heißt es oft „Maria Lichtmess“. Die Bibel erzählt von einem alten Ehepaar, Simeon und Hannah, die ihr Leben lang auf den Erlöser gewartet haben. Nun bringen Maria und Josef den noch frisch geborenen Jesus in den Tempel und Simeon sagt, dass er nun in Frieden gehen kann, weil seine Augen das Heil und das Licht gesehen haben. Das feiern Christen heute - 40 Tage nach Weihnachten- während die meisten ihren Weihnachtsschmuck und den Lichterglanz schon längst wieder auf dem Speicher verpackt haben.

Der Tag heute erinnert mich an unsere Verantwortung, dieses Licht in der Welt und für die Welt leuchten zu lassen. Warum: Weil Gottes Licht in Jesus von Nazareth schon längst für uns leuchtet. Das gilt heute besonders für den kleinen Tom, aber auch für Sie am Radio und für jeden.

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