Quasseln

Im Lockdown habe ich mich regelmäßig auf Abstand mit meiner Freundin getroffen. Meistens haben wir irgendwo einfach zwei Picknickdecken ausgebreitet, unseren Proviant geteilt und erzählt. Oder sagen wir: Ich habe erzählt. Sie war ja die einzige Erwachsene, die ich außerhalb der Familie live getroffen habe. Und deshalb durfte sie sich in höchstem Tempo eine Geschichte nach der nächsten anhören: alltägliches Gemecker über Banalitäten, Begeisterung für die neuen Entwicklungen bei den Kindern, die Höhen und Tiefen des Abstillens, Nackenverspannung wegen Videokonferenzen und und und. Ich glaube, ich habe ihr fast beide Ohren abgequasselt - und das Tolle mit ihr ist: sie ist eine absolut begeisterte Zuhörerin, die ständig kleine Fragen, Ideen und Witze einwirft. So entstanden verwobene Anekdoten, bei denen ich nach fünf Minuten den Anfang wieder aufnahm. Und weil die Zeit uns knapp war, hat sie ihre Geschichten genauso bildreich und schnell erzählt. Das war ein Fest für uns. Und immer wenn ich andere Menschen so wild und lebendig miteinander reden sehe, denke ich an meine Freundin.

Früher hätte man uns wohl zwei „Quasselstrippen“ genannt – und ja, das nehme ich einfach als Kompliment. Gott hat uns beiden diese Gabe des pointierten Erzählens geschenkt, da wird es nie langweilig. Und ich merke im Nachgang zu diesen krassen Wochen im Lockdown, dass meine Freundin für mich da eine echte Seelsorgerin war. Sie hat mir zugehört, mich getröstet und durch unser vieles Lachen wurde mir wieder leichter ums Herz. Gott sei Dank.