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evangelisch

Kirche in WDR 4 | 02.07.2020 | 08:55 Uhr

Ich kenne dich - Diskretion

(überarbeitete. Wiederholung vom 05.01.18)


Guten Morgen!


Ich kenne dich durch und durch.

Ein Satz zum Lieben und zum Fürchten.


Ich kenne dich durch und durch.

Sagen sich die Geliebten.

Sie verstehen sich.

Ohne Worte.

Da ist nicht nur der letzte Winkel des Körpers ausgelotet,

sondern auch die Seelenwinkel.

Ich kenne dich durch und durch.

Das macht Mut.

Vertrauensvoll auf dem Weg in die gemeinsame Zukunft.

Herz an Herz.

Ich kenne dich durch und durch …

- das duftet nach Rosen, klingt nach Geigen oder leisem Piano,

schmeckt süß.


Ich kenne dich durch und durch.

Ende der Diskussion.

Ein Satz – liegt wie ein Stein im Magen,

legt sich wie ein dunkler Vorhang zwischen die Herzen,

schneidet den Beziehungsfaden ab,

nimmt den Mut zur Offenheit.

Ich kenne dich durch und durch.

Du brauchst es gar nicht zu versuchen.

Du änderst dich sowieso nicht.

Ende. Aus. Vorbei.

Lähmendes Schweigen.

Ein Satz, der jedes weitere Wort unnötig macht.

Ein Satz kalt wie Eis,

wie ein Dolchstoß.

Tonlos oder mit wütender Grundmelodie.

Je nachdem.

Bitter.


Ich kenne dich durch und durch.


Gott, du hast mich erforscht

und kennst mich genau.

Ob ich sitze oder stehe: Du weißt es.

Meine Absicht erkennst du von fern.

Ob ich gehe oder ruhe: Du bemerkst es.

Alle meine Wege sind dir bekannt.

Noch liegt mir kein Wort auf der Zunge,

schon weißt du, Herr, was ich sagen will.

(Basisbibel 139,1-5)


Ich kenne dich durch und durch.

Wie fühlt sich ein Mensch, wenn Gott schon alles von ihm weiß.

Wie frei kann ich sein, wenn Gott mich durch und durch kennt.

Wenn ich keine Geheimnisse mehr vor ihm haben kann.

Wenn ich nackt bin vor ihm.

Keinen Winkel habe, in dem ich mich vor ihm verstecken kann.

Wenn er mir selbst das kleine Feigenblatt nimmt,

wenn ich mir keine Blöße geben will.


Vermutlich gibt es keinen Menschen auf der Welt,

der nicht einen Winkel braucht,

in dem er ganz für sich ist.

In den er niemanden rein lässt.

Oder zumindest nur ganz selten.

Einen kleinen letzten privaten Raum.


Vielleicht brauche ich sogar einen Raum,

in dem ich selbst mich nicht ganz und gar kenne.

In dem noch ein Geheimnis schlummert.

Etwas, das in mir zum Blühen kommen will und mich überraschen kann.


Was ich brauche, ist kein bohrendes Eindringen,

kein grenzüberschreitendes neugieriges Nachfragen in vermeintlich guter Absicht,

Diskretion nennt man das auch.


Der Mönch Benedikt von Nursia hielt die discretio, „die maßvolle Unterscheidung“ für die Mutter aller Tugenden.

Diskretion wahren.

Unterscheiden, wann ich aufhören muss zu fragen,

zu erkennen, wo die Grenze meines Gegenübers geschützt werden muss.

Aushalten, dass ich dich nicht durch und durch kenne.

So wie ich auch mich selbst nicht durch und durch kenne.

Ohne Angst. Vertrauensvoll.

Ich vertraue dir,

dass dein Geheimnis mich nicht bedroht.

Dass Veränderungen und Neues uns nicht schaden.

Die Grenze meiner Selbsterkenntnis

verliert ihre bedrohlichen Schatten,

wenn ich weiß:

Gott will mich mit mir überraschen.

Und mit dir.


Gott will sich vielleicht selbst überraschen.

Wenn sie durch den Garten meiner Seele geht und aufkeimende Pflänzchen entdeckt,

die sie gesät hat und von denen sie noch nicht wusste, ob sie aufgehen werden.

Wenn Gott durch die tiefen Schluchten meiner Ängste und Vorurteile geht

und einen Mut entdeckt, den er vor Urzeiten dort ausgesetzt hat.

Und der erst jetzt zum Vorschein kommt.

Dann staunt Gott. Und ich staune. Und mein Gegenüber staunt.

Ich kenne dich durch und durch.

Ein Satz zum Fürchten. Ein Satz zum Lieben.

Ein Satz vor allem zum Staunen und Hoffen.


Zum Staunen und hoffen darüber, dass Gott noch ein paar Pflänzchen in mich gesät hat, die erst noch werden.

Und über die selbst Gott dann noch staunen wird.

Aus Düsseldorf grüßt Sie Petra Schulze, Rundfunkpfarrerin in Düsseldorf.

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