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Kirche in WDR 4 | 25.03.2022 | 08:55 Uhr
Begegnungen
Guten Morgen!
Wie habe ich mich darauf gefreut, endlich wieder mehr Menschen begegnen zu können. Ich habe mich – wie die meisten Menschen wahrscheinlich - gesehnt, wieder Gesichter zu sehen. Münder, die nicht von Masken bedeckt sind. Lachende und leuchtende Augen in fröhlicher und lauter Runde an einem großen Tisch. Fast zwei Jahre habe ich oft nur alleine an meinem PC gesessen.
„Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine ist.“ (Die Bibel, 1. Mose 2,17) Wie wahr ist dieser Satz aus dem ersten Buch der Bibel. Und wie sehr brauchen wir einander!
So bequem Homeoffice auch sein kann, weil es so viel Zeit und Sprit sparen kann, mal nicht im Stau zu stehen. Aber auch die beste Telefonkonferenz ersetzt niemals die echte Begegnung von Angesicht zu Angesicht. Ich bekomme dort sicher alle Informationen mit, die ich brauche, aber nicht die Zwischentöne, die genauso wichtig sind: die zögernde Unsicherheit in einer Geste, das kleine Glück oder Unglück, die weggewischten Tränen, das zarte Lächeln. Und bei den Videokonferenzen sehe ich die anderen zwar, aber neben zig anderen Gesichtern, immer auch… mich selbst. Gut, wenn das jetzt wieder weniger wird.
Da kommt ein Anruf, von Freunden, die ich bestimmt zwei Jahre nicht getroffen habe. Und noch größer als die Freude über den Anruf, ist die Freude darüber, dass sie spontan vorbeikommen wollen und wir uns noch am gleichen Tag in den Armen liegen können. So wertvoll diese Begegnungen auch sonst schon waren. Seit der Pandemie ist jede Begegnung noch wertvoller. Viel zu oft waren wir in den letzten zwei Jahren auf uns selbst zurückgeworfen.
Da geht mir ganz neu auf, dass es in der Bibel eigentlich um nichts anderes geht, als um die unterschiedlichsten Begegnungen. Insbesondere die Evangelien berichten eigentlich nur von Begegnungen.
Jesus trifft sich nachts heimlich mit einem der religiösen Führer seiner Zeit. Oder er begegnet einer Ausländerin zur Mittagszeit und führt ein Gespräch mit ihr über sehr private Angelegenheiten. Jesus ist in diese Welt gekommen, um Menschen zu begegnen. Und in jeder dieser verschiedenen Begegnungen, die mir in der Bibel überliefert sind, steckt der Impuls: Jesus will auch mir begegnen.
Um die Jahreswende haben wir in der Gemeinde zusammen eine neue Staffel von kurzen Jesus-Filmen gesehen: „The Choosen“. Das heißt eigentlich sind es gar keine Jesus-Filme. Es geht eher um Menschen im Umfeld Jesu. Menschen denen Jesus im Lauf seines irdischen Lebens begegnet ist. Und erfreulicherweise sind das in dem Film echte Typen, und zum Teil ziemlich skurrile. Petrus wird dargestellt als einer, der nicht gerade die hellste Leuchte ist. Und der Jünger Matthäus, ein Zöllner, ist irgendwie auch ziemlich anders als man es von einem Jünger erwarten würde. Manchmal erkenne ich mich selbst in einer dieser Figuren.
So einen Film zu sehen oder in den Evangelien der Bibel zu lesen ersetzt keine reale Begegnung.
Doch der Filme und die Geschichten haben mir einmal mehr die Augen dafür geöffnet, wie sehr sich Jesus einzelnen Menschen zuwendet, und wie er sich über diese Geschichten auch mir zuwendet und mich anspricht.
Und wie sehr freue ich mich, dass jetzt auch wieder „richtige“ Begegnungen möglich sind. Und dass Jesus mir auch darin begegnen kann.
Ihr Pastor Heinz-Bernd Meurer aus Velbert.
Quellen:
Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers, Stuttgart 2017.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze