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Sonntagskirche | 25.08.2024 | 08:55 Uhr
Küsst-Euch-Tag
Vielleicht haben Sie ja vor kurzem jemanden zum Flughafen gebracht. Dann wollten Sie eventuell nicht ins teure Parkhaus fahren – und Sie haben den “Kiss & Fly”-Bereich genutzt. Eine kleine Einfahrt direkt am Eingang mit ein paar Parkbuchten und einer Verweildauer, die gerade noch für einen Abschiedskuss reicht. Kiss & Fly halt.
Ob der Kuss nun intensiver oder eher oberflächlich ausfällt: Diese einfache Geste bedeutet doch so viel mehr als eine simple Berührung. Beim Küssen geht es um Achtung, Freundschaft, Liebe und Intimität. Wer von Ihnen kann sich noch an seinen ersten Kuss erinnern? Die Aufregung, das Kribbeln im Bauch. Stundenlanges Knutschen, das einen ganz schwindelig machte?
Mancherorts begrüßen sich Menschen
mit
Küsschen rechts, Küsschen links auf
die Wangen. In einigen Ländern hängt man noch ein drittes Küsschen hinten dran.
Früher, eher als heute, gab man als Zeichen des Respekts und der Ehrerbietung
einen angedeuteten Handkuss oder küsste den Ring des Gegenübers. Auch der
galante Mann von Welt verteilte gerne Handküsse bei der Damenwelt.
Auch die Bibel kennt das Küssen – klar. Und die biblischen Küsse haben die vielfältigsten Bedeutungen: Wenn Isaak seinen Sohn Jakob auf dem Sterbebett küsst, spricht daraus Liebe und Zuneigung. Der Prophet Samuel küsst Saul und benennt ihn damit zum König über Israel. Und dann ist da noch dieser berühmte Kuss zwischen Judas und Jesus, mit der Judas seinen Rabbi an die Römer verrät. In einem Kuss stecken eben alle möglichen menschlichen Emotionen und Beziehungen.
Der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom „Grüßt einander mit dem heiligen Kuss!“ (Römer 16,16) Und so war dieser Kuss lange Jahrhunderte Teil des Gottesdienstes. Der Friedensgrußes per Handschlag kam erst später.
Und so einer kann sogar in die Geschichtsbücher eingehen: Erinnern Sie sich an den berühmten “Bruderkuss” 1979 zwischen Breschnew und Erich Honecker? Ein gängiges Ritual unter Staatsmännern der Ostblockstaaten, das in diesem Fall etwas inniger als gewohnt ausfiel und die Verbundenheit zwischen den sozialistischen Staaten symbolisierte.
Wann und wen haben Sie zuletzt geküsst? Und welche Bedeutung hatte dieser Kuss für Sie? War es ein flüchtiges Küsschen auf die Wange oder eine wilde Knutscherei? War es eine vertrauliche Geste der Nähe, ein Ausdruck Ihrer innersten Gefühle oder ein Treueversprechen?
Ich denke, heute ist eine gute Gelegenheit, darüber mal kurz nachzudenken. Denn wenn nicht heute, am “Küsst und versöhnt Euch”-Tag, wann dann? Ein Kuss sagt mitunter mehr als tausend Worte. Und gerade Versöhnungsküsse haben ihre Kraft. Denn ist es nicht das, was am Ende zählt? Mitgefühl, Vergebung, die Liebe?
Also, lasst uns mehr küssen! Und damit nicht nur unsere Lippen öffnen, sondern auch unsere Herzen und damit vielleicht etwas mehr Frieden und Liebe in diese Welt bringen. Und für alle, die gerade erkältet sind: eine innige Umarmung zählt auch.