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Sonntagskirche | 15.09.2024 | 08:55 Uhr

Ent-Sorgung

Guten Morgen!

Seine Sorgen loswerden kann so einfach sein: Einfach auf die dafür vorgesehene Entsorgungsstation fahren, aussteigen und den Hahn öffnen. Ein paar Minuten warten, bis die Sorgen alle im Abfluss verschwunden sind, Hahn wieder schließen, fertig. So funktioniert das im Urlaub mit dem Wohnmobil und seinem Abwassertank ganz wunderbar.

Und manches Mal habe ich in diesem Urlaub auch gedacht: Vielleicht fehlt es uns ja an Möglichkeiten wie wir Menschen unsere Sorgen loswerden.

Wenn ich mit dem Wohnmobil unterwegs bin, entsorge ich alle drei bis vier Tage. Dann ist der Tank voll, und ich muss das Zeug loswerden. Zu Hause käme ich damit nicht mal hin, glaube ich. Jeden Tag macht einem doch irgendetwas Sorgen und füllt den inneren Tank, den Kopf und das Herz. Dennoch denke ich zu Hause eher selten drüber nach, wie ich das wieder loswerde. Die „Entsorgungsstationen“ daheim sind dann oft Couch und Fernseher - da wird man zwar nix los, kann aber erst mal verdrängen.

Auf Dauer ist das keine Lösung. Da hilft nur, drüber nachzudenken, wie man Sorgen aktiv loswird. Manche Sorge wird man genauso los wie das Abwasser beim Wohnmobil: Man sucht sich die richtige Station dafür: eine Beratungsstelle zum Beispiel oder bei den kleineren Dingen eine Freundin zum Reden. Was tue ich aber, wenn das nicht reicht, wenn ich eine Sorge nicht loswerde? Was mache ich mit Liebeskummer, der mich einfach nicht loslässt? Was mache ich, wenn ich schwer krank bin?

Ich habe es selbst erlebt: Es gibt Sorgen, die wird man einfach nicht los. Die treiben einen um, man schläft schlecht, hat Angst vor dem nächsten Tag oder davor, dass man ihn nicht erlebt. Man mag auch andere nicht damit belasten, nicht zum 100. Mal dieselbe Geschichte erzählen, will vielleicht auch kein Mitleid - und dann steckt man fest in seiner Sorge.

In der Psychologie werden drei Wege beschrieben, mit Stress und Sorgen umzugehen: Angriff, Flucht und Totstellen. Diese drei Reaktionen stehen uns von Natur aus zur Verfügung und jede und jeder von uns hat meist eins davon als unbewusste Lieblingsstrategie.

In der Bibel findet sich tatsächlich noch eine weitere Möglichkeit: das Loslassen. „Alle eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch“ steht im Neuen Testament (im Original „werft auf ihn“, 1. Petrus 5,7 / Luther 2017). Die eigene Sorge nicht mehr alleine tragen, sondern in Gottes Hand legen, kann helfen. Aktiv zu seinem Schöpfer sagen: „Gott, das ist mir jetzt zu schwer. Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich gebe es jetzt Dir, geh Du damit um.“ Manches Mal hat mir es geholfen, so zu beten. Wenn alles, was ich tun kann, nicht hilft, dann gebe ich es in Gottes Hand. Und es fühlt sich ein wenig an wie mit dem Wohnmobil: wie wenn ich ein Ventil öffne, und alles aus mir herausfließen lasse. Die Sorge ist dann vielleicht nicht weg - aber sie wird leichter.

Auf der Entsorgungsstation im Urlaub nehme ich mir vor, künftig auch zu Hause mal wieder häufiger zu entsorgen. Weniger auf der Couch, mehr im Gespräch mit Gott.

Und wer es noch nicht weiß: Wir Pfarrerinnen und Pfarrer sind übrigens auch Entsorgungsstationen. Bei einem Gespräch mit uns, kann man auch mal Sorgen aus sich herausfließen lassen. Herzliche Einladung dazu und einen schönen Sonntag.


Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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