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Kirche in WDR 4 | 18.09.2024 | 08:55 Uhr
Ritual am Abend
Guten Morgen!
Ich habe so eine eigenartige Marotte. Immer wenn ich am Abend auf eine Uhr gucke und diese zeigt zufällig 22:22 Uhr an, dann freue ich mich. Schon seit Jahren vertrete ich nämlich im Freundes- und Familienkreis die steile These: „Wenn man abends auf die Uhr schaut und die zeigt zufällig 22:22 Uhr, wird der nächste Tag ein schöner Tag.“ Das wäre natürlich reiner Aberglaube, wenn ich das nicht augenzwinkernd sagen und meinen würde. Und trotzdem: Ich rede mir dann ein, dass es auch bestimmt so kommt. Und das ist doch am Abend ein schöner Gedanke: „Morgen wird ein guter, ein schöner Tag!“.
Für mich ist das ein kleines Abendritual, so wie andere Menschen andere Rituale am Abend pflegen. Manche machen Yoga oder Meditation vorm Schlafengehen, gönnen sich etwas Wellness im Bad oder schreiben in ihr Tagebuch. Beliebt ist es auch, abends zu notieren, wofür man dankbar sein kann. Was der vergangene Tag alles Gutes gebracht hat. „Count your blessings“, so sagen es manche Christen auf Englisch. Zu Deutsch also: „Zähle deine Segen.“ Wo bist du bewahrt worden, wo hast du etwas Inspirierendes oder Liebevolles erlebt, was war heute einfach schön?“ Erwiesenermaßen hilft all das dem körperlichen und geistigen Wohlbefinden. Und das ist wichtig, denn eine erholsame Nacht ist Gold wert. Viele kämpfen ja damit, dass abends ihre Gedanken kreisen, oftmals gerade die negativen und schwermütigen. Und so drehen sie sich dann mit ihrem Gedankenkarussell im Bett von links nach rechts und finden nur schwer in den Schlaf.
Neben meinem kleinen Spleen - Sie
erinnern sich? 22:22 Uhr - habe ich noch eine andere Abendroutine. Ich bete
abends. Das tue ich nicht etwa, um gesünder zu leben oder gut schlafen zu
können. Ich bete abends, weil ich dann noch einmal bewusst mit Gott in Kontakt
komme.
Ich kann mit ihm alles teilen, was ich über den Tag erlebt habe - egal ob das etwas Fröhliches oder etwas Trauriges war. Ich sage Danke – manchmal für ganz Kleines, das mir aber richtig gutgetan hat. Was ich nicht geschafft habe oder was zu schwer für mich ist – das lege ich alles vertrauensvoll in Gottes Hände. Und ich hoffe: Er sorgt dafür, dass andere das vielleicht gut zuende bringen. Dass sich alles doch noch gut fügt.
All das ist bei Gott gut aufgehoben. Und tatsächlich hilft mir das ganz oft, dann abends auch ruhiger zu werden. Das ist aber nur ein Nebeneffekt.
Es gibt so einen schönen Spruch über Gott: „Wenn Du nicht schlafen kannst, zähl nicht die Schafe, sondern sprich mit dem Hirten.“ Das ist wirklich empfehlenswert, egal zu welcher Uhrzeit. Es muss nicht immer der Abend sein.
Das meint Ihr Pfarrer Bernd Becker aus Bielefeld.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze