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Kirche in WDR 4 | 03.10.2024 | 08:55 Uhr
Hoffnung leben - Brücken bauen (Tag der Deutschen Einheit)
Guten Morgen.
Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand.
Heißt es in unserer Nationalhymne.
Mir fällt auf: Es ist positiv formuliert. Was braucht es, damit wir gut zusammenleben können.
Freiheit: Christinnen und Christen in der ehemaligen DDR haben Unfreiheit ganz besonders zu spüren bekommen. Eine Kollegin aus Magdeburg erinnert sich noch gut. „Weißt du, wir waren gegen die vormilitärische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen im Schul-Unterricht, wir wollten das Recht auf freie Meinungsäußerung – man landete schnell im Gefängnis, wenn man Kritik geäußert hat. Als Pfarrerstochter bin ich in der Schule ausgelacht worden. Doch wir haben in der Kirche gelernt, uns trotz allem unsere innere Freiheit zu bewahren. In dir selbst liegt eine Freiheit, die dir niemand nehmen kann. Und ich habe bei all dem Widerstehen gelernt.“
Die Kollegin aus Magdeburg ist dankbar für die Einheit, für die sie sich damals selbst eingesetzt hat – für Meinungs- und Religionsfreiheit zum Beispiel. Sie erzählt aber auch, wie nach der Wende 80 Prozent in ihrem Stadtteil arbeitslos geworden sind. Davon, dass Ostdeutschland oftmals wie ein Entwicklungsland angeschaut und behandelt worden ist. „Das ist demütigend gewesen.“, sagt sie. Und so sind viele Verletzungen passiert.
Die Negativliste dessen,
warum es nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Politikern und
Bürgern, zwischen Bürgern aller Art scheinbar immer mehr Uneinigkeit als
Einigkeit in unserem Land gibt, lässt sich fortsetzen.
Weg damit. Fangt neu an. Heute.
Einigkeit und Recht und Freiheit – die können wir erreichen. Das geht. Aber nicht allein und schon gar nicht für unser eigenes Seelenheil. Wir scheitern immer wieder. Ja. Die Lösungen sind nicht immer leicht zu finden. Nicht in der großen Politik, nicht in der Familie oder bei der Arbeit oder im Sportverein. Und Fehlentscheidungen wird es immer wieder geben. Wichtig ist: Geben wir einander die Freiheit, sie zu korrigieren. Wir sind keine unfehlbaren Götter.
Im Vater Unser beten wir in den christlichen Kirchen: „Gott, Dein Reich komme.“ Das Reich Gottes - wo es gerecht zugeht, wo man füreinander einsteht und sich umeinander sorgt, wo man hilft und heilt und einander ermahnt, wenn nötig. Wir beten das in den Kirchen, weil wir wissen, wie unvollkommen wir sind.
Das Reich Gottes ist ein Weg, den Gott schon unter meine Füße und mir ins Herz gelegt hat. Ich kann jeden Tag meine Schritte daraufhin machen.
Zuhören und damit Brücken bauen – was denkst du. Warum wählst du wie du wählst. Was brauchst du, was fehlt dir, was stinkt dir und warum. Was meinst du, wie es besser geht?
Und reden. Keine Angst vor schwierigen Diskussionen. Auch wenn es schwerfällt und manchmal im Streit endet. Das Reich Gottes ist eine Kraft, die unsere selbstgewählten Reiche immer wieder korrigiert und mich in Konflikt bringen kann.
Wichtig dabei: Klare Grenzen aufzeigen, wo unsere Rechte ausgehöhlt werden oder gegen sie verstoßen wird.
Einigkeit und Recht und Freiheit.
Die Freiheit – sie ist kostbar. Die Einigkeit – braucht den Willen von jeder und jedem von uns.
Gott ich wünsche mir, dass wir wissen, wofür wir leben.
Damit wir wissen, wohin wir gehen.
Denn wer das Wofür verloren hat, sieht auch kein Wohin.
Wer kein Wohin mehr sieht, weiß auch nicht mehr das Wie.
Du sagst: Haltet das Außerordentliche für möglich. Selbst wenn ihr mal scheitert.
Gott, bewahre uns den Blick dafür, was auf dem Spiel steht. (1)
In unseren Streit lege du deinen Frieden.
Unser Habenwollen überwinde mit deiner Gerechtigkeit.
Und unseren Hass verwandle in Liebe.
Quellen:
(1) Nach Friedrich Schorlemmer, Worauf hoffst du noch? – Vom Reich Gottes, in: Beffchen, Bibel, Butterkuchen – Expedition ins evangelische Leben, hg. v. Petra Schulze, Frankfurt am Main: edition Chrismon 2009, S. 41f.