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Kirche in WDR 4 | 07.10.2024 | 08:55 Uhr
Gewehre zu Tischbeinen
Heute ist wieder Montag, und weil heute Montag ist, ist das Wochenende leider auch schon wieder vorbei. Tja. Und auch heute Morgen gehen mir immer noch nicht die Bilder einer Beerdigung aus dem Kopf, die ich vor ein paar Tagen auf einem Kölner Friedhof geleitet habe. Eine junge Frau ist gestorben, gerade mal 40 Jahre alt. Wegen einer Lappalie ist sie ins Krankenhaus gekommen. Kein großes Ding. Aber dann türmte sich Komplikation auf Komplikation, in solch einem Routinefall eigentlich undenkbar zu einer riesigen dunklen Unheilswolke auf. In deren Folge die Frau nach kurzer Zeit gestorben ist. Es ist kaum mit Worten zu sagen, welcher Schrecken in die Familie gekommen ist. Wieso sie? Sie war noch so jung! Wieso ist dem Mann die Frau genommen und der wunderbaren Tochter die Mutter? Welchen Sinn macht das? Um es geradeheraus zu sagen: Es macht gar keinen Sinn.
Mir gehen diese Bilder nicht aus dem Kopf, weil
sich solche Geschichten jeden Tag wiederholen. Von heute auf morgen ändert sich
alles. An allen Orten der Welt. Brechen Leiden und Sterben und Tod in Familien
ein und verrichten ihr sinnloses grausames Werk. Durch plötzliche schlimme
Erkrankungen. Vor allem aber auch – und das ist ganz besonders schrecklich -
durch die Hände der Menschen. Durch Terror und Krieg zum Beispiel. Seit einiger
Zeit ganz besonders in Israel und dem Gaza-Streifen. Heute vor einem Jahr
fielen Terroristen der palästinensischen Hamas in Israel ein, metzelten 1200
Israelis grausam zu Tode, ließen unzählige Verletzte und traumatisierte
Menschen zurück und verschleppten über 100 Geiseln. Es folgte der Einmarsch der
israelischen Armee nach Gaza mit dem Ziel, den Terror zu beenden. Seitdem hat
eine dunkle Wolke der Gewalt das Land eingehüllt.
Gewalt und Gegengewalt. Terror und Kampf
gegen den Terror. Täglich sterben Menschen, täglich verlieren Kinder ihre
Eltern, Eltern ihre Kinder, werden Menschen verstümmelt, körperlich und
psychisch verwundet und zum Teil für ihr Leben traumatisiert. Welchen Sinn
macht solche Gewalt? Egal wo sie sich austobt? Um es geradeheraus zu sagen: Es
macht keinen Sinn.
Das hat auch schon die Bibel gewusst. Verrückt eigentlich. Sie sagt: es könnte alles auf der Hand liegen, wenn Menschen sich fragen würden: wo steht eigentlich Gott der Sinn nach? Die Bibel erzählt davon in einer Vision. Darin ziehen Menschen zum Berg Gottes. Sie sagen: „Gott soll uns lehren, was recht ist; was er sagt, wollen wir tun!“ Und weiter heißt es: „Er weist die Völker zurecht und schlichtet ihren Streit. Dann schmieden sie aus ihren Schwertern Pflugscharen und aus ihren Speerspitzen Winzermesser. Kein Volk wird mehr das andere angreifen und niemand lernt mehr das Kriegshandwerk.“
Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass auch heute irgendwo auf der Welt, vielleicht auch sogar in Israel, im Gaza, im Libanon, in Somalia, Syrien oder sonstwo einer gegen den Schrecken aufsteht. Und aus seinem Gewehr ein Arbeitsgerät macht. Vielleicht ein Bein für einen Tisch, an dem sich Kinder sattessen oder meinetwegen Mathe lernen können. Und wenn keiner damit anfängt, will ich es tun: Die Verwünschung, die mir auf der Zunge liegt runterschlucken. Den Wunsch nach Vergeltung fahren lassen. Es wird höchste Zeit für den Frieden. Nicht nur im Nahen Osten. Und nicht nur an diesem Montagmorgen.