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Sonntagskirche | 15.12.2024 | 08:55 Uhr
Mele Kalikimaka
Wahrscheinlich sitzen Sie gerade am sonntäglichen Adventsfrühstückstisch und fragen sich (nicht ganz zu Unrecht vielleicht), wie diese hawaiianischen Klänge in diese Zeit passen. Mir ginge es vielleicht ganz ähnlich. Bis vor einigen Jahren hatte ich ein sehr enges Bild von Advent und Weihnachten und wie diese Zeit zu sein hat (oder eben auch nicht). Das war es, zugegeben, sehr eng in meinem Kopf. Das war eigentlich auch bewusst und ich wusste auch schon immer, dass mir das eigentlich nicht sonderlich steht. Aber… aber das Herz kam da irgendwie nicht mit. Zur Adventszeit und an Weihnachten ist nämlich auf einmal alles wieder da. Die Erinnerungen an längst vergangene Tage. Dann leben im Herzen auch wieder all die vielen Menschen auf, die schon gar nicht mehr mit uns leben. Der Duft von Großmutters Spritzgebäck ist wieder da und die unstillbare Sehnsucht, ihn noch einmal genau so riechen zu können. Diese Zeit ist nicht nur eine leichte und lichtreiche Zeit. Das bekomme ich auch immer wieder mit. Vor allem für einsame und traurige Menschen ist sie eine Herausforderung und überfordert auch mitunter.
Mein eingerostetes Bild auf Weihnachten bekam irgendwann einen Bruch und den Zeitpunkt kann ich genau festmachen. Vor einigen Jahren hat ein lieber Kollege und Freund mir zwei Christbaumkugeln geschenkt. Sie wurden vom italienischen Künstler Marcello Jori entworfen und sie sind…. Nun ja… zuerst sehr italienisch. Bunt und farbenprächtig stellen sie Maria und Josef dar und passten im ersten Jahr so gar nicht in unseren Baum. Da stellte sich alljährlich immer die Frage: „rot oder silbern?“. Aber wir mussten uns eigenstehen, dass diese Kugeln irgendetwas hatten. Und so haben wir dann recherchiert und rausgefunden: von dieser Serie gibt es ein ganzes Sortiment und man kann die Krippe quasi vervollständigen. Lange Rede – Kurzer Sinn: Auch in diesem Jahr wird nun wieder das ganze Ensemble in unserem Baum hängen. Der Anblick ist…. bunt. Und er weckt das Interesse. Die Blicke sind neugierig, interessiert und skeptisch. Das ein oder andere Mal konnte ich den Satz hören „…aber für mich wäre das nichts!“ – und das ist auch völlig ok!
Hanns Dieter Hüsch, der im kommenden Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, erzählt einmal von einer seiner fiktiven Begegnungen mit dem lieben Gott in Dinslaken. Als Hüsch ihn fragte, platz es aus dem lieben Gott raus: also er sei Weihnachten in der Karibik. Das hatte gesessen. Hüsch kontert: „Bist du verrückt? Weihnachten brauch ich hier zu Hause… mit Tanne, Ochs und Esel…“. Und der liebe Gott (nicht weniger spontan) kontert mit einer Gegenfrage: „Ist das nicht etwas eng? Die Welt ist immer ein kleines bisschen größer, als du denkst!“.
Wenn selbst der liebe Gott an Weihnachten in die Karibik reisen kann, dann sind auch unsere knallbunten Christbaumkugeln absolut ok. Und als wir die Kugeln letztes Jahr in den Baum gehangen haben, durfte meine Tochter Musik dazu aussuchen. Aus einer Playlist fischte sie genau diesen einen Song heraus: „Mele Kalikamaka“ von Bing Crosby und den Andrews Sisters. Der Titel ist Hawaiianisch und bedeutet "Frohe Weihnachten". Und im Lied wird beschrieben, wie die Hawaiianer sich ein „Frohes Fest“ wünschen…an einem sonnigen Weihnachtstag und unter Palmen. Für mich immer noch irgendwie unvorstellbar… aber das gibt es auch in unserer „großen Welt“ – Und das ist gut so.
Weihnachten ist eben mehr als „rot oder silbern“.
Weihnachten ist mehr als „Stille Nacht, Heilige Nacht“.
Gut, wenn wir auch (und besonders) an Weihnachten die Vielfalt und das Bunte mögen… und: dass für alles genügend Platz und Raum da ist.
Frei nach Hüsch „Die Welt ist immer ein bisschen größer als du denkst…“ – und mit den Hawaiianern wünsche ich schon bald: Melle Kalikimaka.