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Kirche in WDR 4 | 01.01.2025 | 08:55 Uhr
Dass es froh wird
Ein frohes Neues Jahr! Ich bin wahrscheinlich nicht die Erste, die Ihnen das wünscht. Seit Tagen und erst recht seit Mitternacht geht dieser Wunsch ja überall rum. An dem habe ich vor kurzem für mich was Spannendes entdeckt: Nämlich, dass Menschen das Wort „froh“ rund um Weihnachten, Ostern und Neujahr anders nutzen als im restlichen Jahr. Mit „Frohes Neues“ verbinde ich den Wunsch, dass es ein möglichst schönes, vielleicht sogar oft fröhliches Jahr sein möge. Und damit unterscheidet sich das Wörtchen etwas vom Rest des Jahres. Außerhalb dieser Festtage sage ich eher Sachen wie: „Da bin ich aber froh, dass Du heil zurück bist.“ Oder auch: „Man kann ja froh sein, wenn man eine Arbeit hat, die man gerne macht.“ Das klingt eher nach Erleichterung und Dankbarkeit und nicht nach allgemeiner Fröhlichkeit.
Und womöglich ist das der noch viel bessere, „frohe“ Start
ins Neue: Mit Dankbarkeit dafür, was uns gegeben wurde, 2024. Auch wenn es ganz
sicher für niemanden ein Jahr war, bei dem alles schön und gut war. Allein die
Weltlage lässt das nicht zu. Und dennoch ist bestimmt bei jedem auch etwas
gewesen, wofür er oder sie froh und dankbar ist. Und so manche Sorge, die wir
uns in 2024 gemacht haben, ist womöglich nicht eingetreten. Manches war
schwerer, anderes leichter als gedacht. Trauriger und schöner. In 2025 wird das
nicht anders sein.
Als Seelsorgerin habe ich an Neujahr schon oft Menschen gesegnet. Am Ende des Neujahrsgottesdienstes haben meine Kollegen und ich alle eingeladen, sich persönlich segnen zu lassen. Wir Seelsorgerinnen und Seelsorger verteilten uns in der Kirche. Und wer wollte, kam allein, zu zweit, als Familie. Wie es gerade passte. Und das waren – im wahrsten Sinne des Wortes – immer sehr berührende Begegnungen. Wenn ich da mit Menschen beieinanderstand, fragte ich sie, ob sie ein besonderes Anliegen haben, das wir mit ins Gebet nehmen, wenn wir Gott jetzt um den Segen bitten. Und da gab es sehr viele, sehr unterschiedliche: Dass das Kind gesund zur Welt kommt, dass die Depression endlich vergeht, dass die Arbeitslosigkeit ein Ende hat, dass das wird mit dem Abi, das noch mal 25 schöne Ehejahre kommen mögen. Wenn ich dann Gott um den Segen für diese Menschen und ihr Anliegen bat, dann war mir und ihnen klar: Wie genau es kommt, wissen wir nicht. Gott womöglich schon.
Wie auch immer es kommt: Dass es ein gutes, am besten frohes neues Jahr wird, braucht eine Haltung der Dankbarkeit. Da bin ich mir sicher. „Was bin ich froh, dass…“ ist ein wichtiger Blick auf das, was gerade ist.
Und: Dieses dankbar auf das blicken, was ist, das geht am besten in kleinen Etappen. Idealerweise täglich, zwischendurch oder als Ritual abends auf der Bettkante. Von Dietrich Bonhoeffer, dem bekannten evangelischen Theologen, gibt es diesen Satz: „Der Tag ist die Grenze unseres Sorgens und Mühens.“ Und ich mag diesen Blickwinkel: Nur für heute zu entscheiden, wie froh dieser Tag war, wie reich an Schönem und Schwierigem. Das Sorgen und Mühen enden lassen. Nur für heute. Und Danke zu sagen. Im Vertrauen darauf, dass morgen ein neues Jetzt beginnt.