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Sonntagskirche | 27.04.2025 | 08:55 Uhr
Emmaus
Guten Morgen.
da gehen zwei einen Weg. Zwölf Kilometer lang. Von der großen Stadt Jerusalem in das kleine Dorf Emmaus. Die letzten Tage waren schwer. Lange sind sie mit Jesus unterwegs gewesen und hatten auf eine gute Zukunft in der Gemeinschaft miteinander und mit Gott gehofft. Und dann – aus der Traum. Jesus wird von römischen Soldaten hingerichtet.
Wer schon mal einen Menschen begraben musste, kann vielleicht nachvollziehen, wie sich das anfühlt. Die Tage bis zur Beerdigung vergehen wie in einem schlechten Traum. Viel ist zu organisieren. Und wenn die Beerdigung vorbei ist und die Gäste abgereist sind, fängt der schwere Weg erst an: die Stille, die Lücke. Die Endgültigkeit.
Die beiden Jünger Jesu sind unterwegs, heißt es in der Bibel. Mit ihrer Trauer. Und mit der bangen Frage, wie es weitergeht.
Und dann „nähert sich Jesus selbst und geht ein Stück mit ihnen“. Einfach so, ohne Erklärung. Jesus geht mit. Doch sie erkennen ihn nicht. Die Angst und die Trauer sind so stark, dass nichts anderes zu ihnen durchdringen kann. Trauer braucht Zeit. Es dauert, bis etwas Neues darin wahrgenommen werden kann.
Die Freunde nehmen Jesus als fremden Wanderer wahr. Er fragt nach dem, was sie traurig macht. Wie gut das tut, wenn in der Trauer jemand da ist, der oder die zuhört. Es tut gut, von dem, was so schwer ist, sprechen zu können.
Für mich verbinden sich mit der Geschichte der Jünger auf dem Weg nach Emmaus die Geschichten vieler Menschen, die Schlimmes erleben und die sich fragen: Worauf kann ich jetzt noch hoffen? Wo ist Gott in all dem Schrecken? Ähnlich erschreckend und hoffnungslos fühlt es sich manchmal auch an, wenn ich auf die weltpolitische Lage schaue. Meine Befürchtungen drohen mich mutlos zu machen.
Wie geht das, trotz allem glauben und hoffen? Trotz allem wieder das Leben anpacken und aufstehen?
Die Geschichte der zwei Jünger auf dem Weg in das Dort Emmaus hat eine erstaunliche Antwort darauf: Die Auferstehung geschieht im gemeinsamen Essen. Als die Jünger in Emmaus ankommen, bitten sie den fremden Wanderer, mit ihnen zu essen.
Jesus spricht den Segen, das Dankgebet über das Brot. Und da erkennen sie ihn. Im selben Moment verschwindet Jesus wieder. Etwas hat sich durch diese Begegnung in den Jüngern verändert.
Sie haben nun eine andere Energie. Sie stehen auf und gehen zurück nach Jerusalem. Dahin, wo ihre Freundinnen und Freunde sind. Und sie erzählen von ihrem Erlebnis. „Da standen sie auf.“ „Da sind sie auferstanden.“ Das griechische Wort, das hier im Bibel-Text verwendet wird, ist doppeldeutig: Es kann „aufstehen“ heißen, aber auch „auferstehen“.
Beim Reden und Essen mit dem vermeintlichen Fremden beginnt etwas, was neu ist. Lassen wir uns nicht vereinzeln. Nicht in der Trauer. Und nicht im Bangen um Demokratie, Klima und die Zukunft der freien, vielfältigen Gesellschaft. Fragen wir uns gegenseitig, was uns bewegt. Und teilen wir das, was uns stärkt. Machen Pause, wo wir sie brauchen. Essen gemeinsam. Und dann stehen wir wieder auf und gehen los. In der Kraft Gottes.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze