Beiträge auf: wdr4
Kirche in WDR 4 | 26.02.2025 | 08:55 Uhr
Anpackbuffet
Ein Fahrrad,
vollbepackt mit Plastiktüten und dazu ein Mann. Gebückt schiebt er es den
Grünstreifen am Fahrbahnrand entlang. Ich sehe diesen älteren Herrn sehr
häufig, fast immer auf der gleichen Strecke. Und ich vermute, er hat eine
Ein-Mann-Initiative gegründet: So viel Müll wie möglich sammeln, um die Natur
sauberer zu halten. Immer wieder sehe ich ihn den Müll anderer Leute aufheben.
Wohlwissend: Schon morgen liegt da wieder etwas, das jemand aus dem Autofenster
geschmissen hat. Ob der sich wohl manchmal fragt, ob das was bringt? Und
vermutlich wurde er auch schon mal gefragt: Warum machst Du das denn? Ist nicht
eigentlich die Stadt zuständig, oder der Kreis oder sonst wer, damit die
Grünstreifen sauber sind?
Diese Fragen: „Wer ist denn zuständig“- und „Bringt das überhaupt was“ - die sind uralt. Die gab es schon zu Jesus Zeiten. Vielleicht haben Sie schon mal vom Wunder der Brotvermehrung gehört. Das beginnt auch mit genau diesen Fragen. Die Bibel erzählt: Tausende haben sich um Jesus versammelt. Er predigt – und alle vergessen die Zeit. Muss also spannend gewesen sein. Aber irgendwann meldet sich der Hunger. Die Freunde von Jesus, die wollen die Leute nach Hause schicken. Damit sich jeder darum kümmern kann, was zu essen auf den Tisch zu kriegen. Nach dem Motto: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Und Jesus? Sie ahnen es, der sieht das mal wieder anders. Der sagt: Gebt ihr ihnen zu essen. Und macht damit klar, wer dafür zuständig ist. Na, schönen Dank!
Nichts ist organisiert. Jünger zu sein, heißt ja nicht unbedingt, dass man auch Catering kann. Und überhaupt: Warum sollte das auf einmal ihr Job sein? Keiner hatte die Leute darum gebeten, hierherzukommen.
Aber: Am Ende dieser Erzählung steht eine riesige Gemeinschaftserfahrung: Die Menschen setzen sich, wie Jesus es gesagt hat, in kleinen Gruppen zusammen. Und: alle werden satt. Ich stelle mir das in der Bibel vor, wie bei einem riesigen Mitbringbuffet. Alle teilen in ihrer Gruppe von dem, was sie haben. Wie genau dieses Wunder zu erklären ist, mir im Grunde aber egal. Jedenfalls ist, das, was Jesus da macht, auch heute ein echt guter Trick: Niemand kann mal eben kurz die Welt retten. Aber Verantwortung für einen kleinen, überschaubaren Teil übernehmen, für das eigene Viertel, die Schule, die Nachbarschaft, den Fahrbahnrand -das geht oftmals schon.
Wenn ich an den Mann
denke, der täglich auf Müllsammeltour ist, dann macht er genau das, was da in
der Bibel geschrieben steht - auf seine Weise. Das ist sein Beitrag zum „Gut
zusammenleben-Mitbringbuffet“: Er übernimmt Verantwortung für diesen Abschnitt
der Landstraße. Er gibt rein, was er an Zeit und Kraft hat. Auch heute werden
wir gleich wieder in den Nachrichten hören, wohin die Reise geht in unserem
Land nach diesem Wahlergebnis. Es liegt an uns, ob wir uns jetzt zurücklehnen,
nachdem wir Sonntag unsere Stimme abgegeben haben. Ob wir uns nur fragen: „Wer
ist denn zuständig?“ Und: „Bringt das überhaupt was?“ Oder ob wir was anpacken,
in unserem überschaubaren Bereich. Wie der Mann am Fahrbahnrand. Jedes Stück
Müll, das er sammelt, landet nicht mehr als Mikroplastik in unseren Böden.
Seine Unermüdlichkeit bringt was.
Davon
will ich mir eine Scheibe abschneiden.