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Sonntagskirche | 08.06.2025 | 08:55 Uhr
Das Paradies ist hier
Guten Morgen!
Ist das nur ein schöner Traum, wenn Heinz Rudolf Kunze singt:
„Das Paradies ist hier?“ (1)
Oder ist das Paradies eher eine unerreichbare Utopie, ein frommer Wunsch und letztlich ein Ausblenden und Verdrängen unserer Wirklichkeit?
Heinz Rudolf Kunze singt weiter:
„Wenn wir gut sind zueinander / und uns lieben und uns achten / ist die Zeit die wir erlebten / die wir auf der Welt verbrachten / Eine gute Zeit gewesen / weil wir etwas aus ihr machten / und worauf wir stolz sein ko?nnen / es war besser als wir dachten /
Das Paradies ist hier / das Paradies ist nicht weit weg / ist nah bei dir und mir / das Paradies ist hier.“
Schön, denke ich, aber: Unsere Welt spricht eine andere Sprache. Unsere Gesellschaft fällt immer weiter auseinander. Es ist schwerer geworden, miteinander sachlich und kontrovers zu diskutieren und sich gegenseitig zu akzeptieren. Die Hasskommentare, die im Netz kursieren, sind nicht mehr zu zählen. Der Ton ist rauer geworden.
„Das Paradies ist hier?“ So habe ich mir das Paradies nicht vorgestellt!
Auch der abendliche Nachrichtenüberblick verspricht in regelmäßiger Endlosschleife keine Erholung. Die Liste der krisengeschüttelten Länder, die von Krieg und Klimaveränderungen betroffen sind, wird immer länger.
Es ist schwerer geworden und scheinbar fast nicht mehr möglich Konflikte, Krisen und unterschiedliche Interessen friedlich und kompromissbereit miteinander zu lösen.
„Das Paradies ist nicht weit weg“? - Aber doch nicht so, oder?
Ich will uns den heutigen Pfingstsonntag nicht auch noch mit dem täglichen Wahnsinn zuschütten. Denn da geht es ja tatsächlich um paradiesische Zustände – so steht es in der Bibel über die Zeit nach Jesu Tod und Auferstehung. Unterschiedliche Menschen aus aller Herren Länder verstehen sich auf einmal auf dem jüdischen Erntedankfest in Jerusalem und sprechen eine Sprache. Menschen, die sich vom Geist Gottes anstecken lassen, machen ihren Mund auf und setzen sich mutig für andere ein.
Nationale, soziale und gesellschaftliche Unterschiede spielen keine Rolle mehr. Der Geist von Pfingsten hat die Menschen ergriffen, und es entsteht die erste christliche Gemeinde. Man hat sich auf die Jesusgeschichte als verbindende und gemeinsame Mitte verständigt. Es gibt weder eine Kirchenhierarchie noch unseliges Machtgehabe, stattdessen wird der Besitz miteinander geteilt.
Rechtlose und reich Betuchte sitzen gemeinsam am Tisch, reden und essen miteinander. Männer und Frauen begegnen einander wertschätzend und auf Augenhöhe. Wahrlich paradiesische Zustände!
Ist das wieder nur ein Traum, ein längst vergangenes Aufflackern einer frommen Illusion? Hier bin ich selbst gefragt, von welchem Geist ich mich mitreißen lasse! Ob ich mich auf diese Jesusgeschichte einlasse und dem Geist von Pfingsten in mir Raum gebe oder nur weiter mein Ding machen will.
In diesem Sinne: Lassen Sie sich vom Geist von Pfingsten mitreißen. Frohe und gesegnete Pfingsten!
(1) letzter Zugriff 17-04-2025 - CD „Deutschland“:
https://youtu.be/1MuFH3BqqUY?si=W8fnhB18vQKINxZP
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze