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Kirche in WDR 5 | 24.06.2025 | 06:55 Uhr
Johannistag
Guten Morgen,
es ist Halbzeit.
Wir sind mitten im Sommer. In der Mitte des Jahres angekommen, und in sechs Monaten ist Heiligabend.
Und heute schon ist im Kirchlichen Kalender Feiertag: Johannistag. Benannt nach Johannes dem Täufer. Der heißt so, weil er Jesus getauft hat. Da war Jesus schon erwachsen. Die Lebensgeschichten von Jesus und Johannes sind eng miteinander verwoben
Johannes – so steht es in der Bibel - ist ein halbes Jahr älter als Jesus.
Die beiden haben sich schon getroffen, als sie noch im Bauch ihrer Mütter waren. Als die beiden schwangeren Frauen Elisabeth und Maria sich treffen, soll Johannes vor Freude im Bauch seiner Mutter Elisabeth gehüpft sein.
Johannes wird dann am 24. Juni geboren, Jesus ein halbes Jahr später am 24. Dezember.
„Jesus muss wachsen!“, sagt Johannes über Jesus – „Ich muss abnehmen!“, sagt er über sich selbst: Und das wird mit der Sonne in Zusammenhang gebracht. Kurz nach der Sommersonnenwerde werden die Tage wieder kürzer, die Zeit nimmt ab, in der es hell ist – oder anders gesagt, die Zeit der Sonnenscheindauer nimmt ab. Und nach dem Geburtstag von Jesus am 24. Dezember ist es umgekehrt. Die Tage werden wieder länger, die Zeit der Sonne nimmt zu und auch ihre Kraft.
Wir stehen am Johannistag an dieser Wende.
Besonders in Nordeuropa, wo das Wechselspiel der Sonne, ihr Kommen und Gehen eine noch größere Rolle als bei uns in Deutschland spielt, ist der Johannistag bis heute mit besonderer Feierlichkeit und Brauchtum verbunden. Da gibt es beispielsweise das Johannisfeuer, ein altes Symbol für die Sonnenwende oder das Kränzebinden am Johannistag. Der Johannistag ist in Lettland ein Nationalfeiertag, in Schweden und Finnland feiert man ein paar Tage vorher das Mittsommerfest. Und verbindet das mit dem Fest von Johannes dem Täufer.
Ich selbst habe den Johannistag noch nie richtig gefeiert. Vermutlich, weil es in den Gegenden, in denen ich bisher gelebt habe, keine Tradition gab.
Johannes als wichtige Figur aus der Bibel wirkt auf mich immer etwas weltfremd.
Ein radikaler Weltverbesserer wie er im Buche steht, der sich mit Kamelhaaren kleidet und Heuschrecken mit Honig isst.
Einer, der wirklich nicht sympathisch rüberkommt, weil er sich mit seiner Strenge unbeliebt gemacht hat. Er hat deutlich gesagt: Die Probleme unserer Gesellschaft kriegen wir nur in den Griff, wenn sich jede und jeder einzelne ändert.
Sein Tipp: Wenn jemand sagt „Ja, ich will mich ändern!“, dann sollte er das auch öffentlich zeigen. Mit der Taufe. Als Zeichen eines Neuanfangs. Als Zeichen für das „Ja, ich will mich ändern!“. Worte allein reichen Johannes nicht, er will Taten sehen.
In der Mitte des Jahres frage ich mich, wo meine Worte noch Taten werden müssen?
Und mir fällt viel ein. Zu viel. Zu viel, um alles bis Weihnachten zu schaffen.
Aber vielleicht gibt es das ein oder andere, was ich bis dahin schaffen könnte. Ein Johannisfeuer werde ich wohl nicht haben, aber ein Licht werde ich heute auf jeden Fall anzünden. Und an alles denken, was Veränderung braucht und eine Wende bitter nötig hat.
Und vielleicht gibt es ja das ein oder andere, wo aus meinen Worten auch Taten werden.
(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und 5 : )
Einen schönen Johannistag, der Hoffnung macht, dass Veränderung möglich
ist
wünscht Ihnen
Pfarrerin Anne Wellmann aus Tönisvorst.
Quellen: https://www.katholisch.de/artikel/45707-brauchtumsforscher-johannistag-ist-christlich-und-heidnisch (letzter Abruf 02.06.25)
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze