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Radiogottesdienst | 20.11.2013 | 19:05 Uhr

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Ev. Sendung zum Buß- und Bettag

Vom schmerzlich schönen Weg der Versöhnung

Autorin: „Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd.“ Dieser Satz fällt mir ein, wenn ich an die alte Dame denke, die ich zum Geburtstag besucht habe. Erst erzählt sie ganz freudig von ihren Freundinnen und ihrer Reise, dann bricht sie plötzlich in Tränen aus. Das ganze Jahr hat sie es weggesteckt, dass ihr Sohn sich seit Jahren nicht mehr meldet. Und dann bricht er plötzlich raus, der Schmerz, den sie glaubte unter Kontrolle zu haben. Oder an das Brautpaar, das vergnügt die Hochzeit plant. Und auf einmal wird der Bräutigam stumm. Weil er an seine zerbrochene Ehe denken muss. Und an das, was er falsch gemacht hat, damals vor vielen Jahren.

Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht mal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd. Schreibt Christa Wolf in ihrem Roman „Kindheitsmuster“. Und sie meint damit unsere Gesellschaft, die in den Jahren des Wirtschaftswunders meint, sie hätte die Schuld und die Schrecken der Naziherrschaft hinter sich gelassen. Und erinnert daran: Vergangenes vergeht nicht von selbst. Es wirkt weiter. Es kehrt zurück in einem seltsam schlechten Gewissen oder in bizarren Alpträumen.

Wann aber ist Vergangenes wirklich vergangen? Was können wir dafür tun, dass die Last der Vergangenheit sich zum Guten wendet?

Darum geht es heute, am Buss- und Bettag. Wir Evangelische begehen diesen Tag, weil er uns einlädt, innezuhalten und die Sehnsucht nach einem Neuanfang ernst zu nehmen.

Büßen- das ist das alte Wort für dieses Innehalten. Anhalten, um aus Verstrickungen des Lebens herauszufinden. Das ist das eine. Das aber bringt uns immer an die Grenzen unserer eigenen Macht. Versöhnung mit uns selbst, mit unseren Nächsten, mit unserem Schicksal oder mit Gott, das können wir nicht machen. Aber wir können betend die Verstrickungen unserer Vergangenheit Gott vor die Füße legen. Und ihn bitten, dass er daraus neues Leben, einen neuen Anfang werden lässt.

Der Theologe Dietrich Bonhoeffer hat uns vor seiner Hinrichtung als Widerstandskämpfer gegen das Naziregime ein Bekenntnis hinterlassen:

Sprecher: Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, etwas Gutes machen kann. Doch dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Guten dienen lassen. Wir müssen uns nicht von unserer Vergangenheit abtrennen und uns tot stellen. Gott kann aus dem Bösen etwas Gutes machen. Aber dazu braucht er uns. Sie und mich.

Musik: Lass einfach los, CD: Wolfgang Stute / Hajo Hoffmann: Marea (Turbine Medien, 2011), Track 11.

Gott kann auch aus dem Bösesten etwas Gutes machen. Aber dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Guten dienen lassen. Wenn man durch das Land Israel reist, dann hat man den Eindruck: hier hat Gott jede Menge zu tun. Und braucht jede Menge Menschen.

Es ist, als ob sich in diesem Land die Macht des Bösen, wie wir es im Dritten Reich erlebt haben, fortsetzen würde. Die Trauer um die Toten und die Angst vor Terroranschlägen oder willkürlichen Verhaftungen ist groß- auf beiden Seiten der sichtbaren und der unsichtbaren Mauer, die Israelis und Palästinenser trennt.

Einmal habe ich eine Frau kennengelernt, deren Vater und Mutter das Konzentrationslager Auschwitz überlebt haben. Schon als fünfjährige musste sie alle Einkäufe tätigen, weil die Eltern sich nicht aus ihrer Wohnung trauten. Sie hatten vor allem und jedem Angst. Und sie haben sich immer zu Tode erschreckt, wenn ihre kleine Tochter nach Hause kam. Sie erschraken vor ihrem Klingeln oder durch das Geräusch des Schlüssels, wenn sie ihn im Schlüsselloch umdrehte. Schon früh hatte diese Frau den sehnlichsten Wunsch, etwas gegen diese Angst zu tun. Deshalb hat sie mit Überlebenden des Holocaust und mit KZ- Aufsehern gearbeitet. Sie hat zu mir gesagt.

Sprecherin: „Opfer und Täter, sie müssen einander begegnen. Sie müssen einander vergeben wollen. Tun sie dies nicht, dann bleiben sie ein Leben lang aneinander gekettet- in Angst und Hass. Kein Täter kann seine Taten einfach so hinter sich lassen. Denn jede böse Tat nimmt ihm ein Stück seiner Menschlichkeit. Nur Versöhnung entlässt den Menschen in eine Zukunft ohne Angst und Bitterkeit.“

Musik: Musik: Lass einfach los, CD: Wolfgang Stute / Hajo Hoffmann: Marea (Turbine Medien, 2011), Track 11.

Autorin: Gott kann sogar aus dem Bösesten etwas Gutes machen. Dazu braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Guten dienen lassen. Ob Rainer Stuhlmann an dieses Wort von Dietrich Bonhoeffer gedacht hat, weiß ich nicht. Aber von der Hoffnung war er sicher erfüllt. Als er nach seiner Pensionierung als Pfarrer gefragt wurde, ob er Studienleiter in Israel sein wollte. Und zwar für die jungen Leute, die ein freiwilliges soziales Jahr im Norden Israels verbringen wollen. Dort gibt es das christliche Dorf Nes Ammim, ein ökumenisches Begegnungszentrum inmitten von jüdischen, palästinensischen und drusischen Dörfern.

Rainer Stuhlmann hat auch ja gesagt, weil er lernen wollte. Lernen von den Juden. Als Theologe war ihm das immer ein Anliegen.

O-Ton: 2000 Jahre lang haben die Christen ja geglaubt, sie wüssten mehr als die Juden und hätten das Recht, sie zu missionieren, und als klar wurde, dass es ein Grund ist für den modernen Antisemitismus und für die Shoa, gab es ein Erschrecken und dann ist dieses Verhältnis um 180 Grad gedreht worden, weil deutlich wird, nicht wir sind die Belehrenden, sondern wir sind die Lernenden. 80% unseres christlichen Glaubens ist Judentum.

Autorin: Seit 2 Jahren also lernt Rainer Stuhlmann. Er geht die Wege, die Jesus gegangen ist. Sieht ihn im Bergland wandern und am See Genezareth predigen und Menschen heilen. Er begegnet Menschen, die heute noch so leben wie zurzeit Jesu. Und er staunt darüber, wie die Archäologen Steine, Müll und Erdschichten zu Zeitzeugen Jesu machen und ihnen Geheimnisse aus dieser Zeit entlocken.

Manche meinen ja: wenn man erst mal 65 Jahre alt ist, dann hat man ein Recht darauf, seine Meinung nicht mehr ändern zu müssen. Schließlich hat man ja Lebenserfahrung genug. Rainer Stuhlmann macht das Gegenteil. Er will lernen. Er will seine Urteile über Juden und Muslime, über Israelis und Palästinenser überprüfen und gegebenenfalls als Vorurteile über Bord werfen.

Das ist ein wahrhaft mutiger Schritt. Nicht nur wegen einer möglichen Erkenntnis, dass man sich ein Leben lang ein falsches Bild gemacht hat. Es ist auch mutig, weil er sich in einem Land wie in Israel einer Bedrohung aussetzt.

O-Ton: Am ersten Tag als ich nach Nes Ammim kam, bekam ich auch einen Schlüssel ausgehändigt mit der Aufforderung, ihn immer bei mir zu tragen. Das ist der Schlüssel, der auf alle 5 Bunker in unserem Dorf passt. Und 2006 war das auch die Realität in Nes Ammim, als die Hisbollah die Raketen in den Norden schoss.

Autorin: Damals sind viele Palästinenser aus dem Norden in die Westbank geflohen. Vor einem Monat hat Rainer Stuhlmann seinen Bunkerschlüssel wirklich gebraucht. Nur eine knappe Minute hatten die Bewohner von Nes Ammim Zeit, sich in den Bunker zu flüchten. Manche junge Volontäre waren unter der Dusche überrascht worden und hatten nur ein Handtuch umgebunden. Dann ist mit lautem Knall in einem Nachbardorf eine Streubombe eingeschlagen. Glücklicherweise war kein Mensch in Reichweite der vielen Kugeln, die diese Bombe freigesetzt hat.

Aber es gibt auch Alltag in Nes Ammim. Ein sehr bunter Alltag, was die Bevölkerung und ihre Traditionen und Sitten betrifft.

O-Ton: Der palästinensische Supermarkt, bei dem wir einkaufen, der hat ein koscheres Warenangebot und ist ein Anziehungspunkt für Juden und Palästinenser. Und dann steht man an der Kasse zwischen einer Frau mit verschleiertem Kopf, eine Muslima und einem Juden mit Kippa und Schläfenlocken und beides gehört zusammen und das ist im Norden Israels auch besser eingeübt.

Autor: Rainer Stuhlmann ist nicht gekommen, um Partei zu ergreifen für die eine oder die andere Seite. Er will den Reichtum der jüdischen und der palästinensischen Sitten und Gebräuche kennenlernen. Und er will das Leid der Menschen auf beiden Seiten verstehen.

Was er verstanden hat, stellt er auf seine Internetseite. Mit Bildern und mit Predigten, die er in Nes Ammim hält. „StuhlmannzwischendenStühlen“ so heißt seine Internetseite. In einem Wort geschrieben. Der Name ist Programm. Wer will, dass alle Dinge zum Guten dienen, gerät schnell zwischen die Fronten oder sitzt zwischen den Stühlen. In Nes Ammim gibt es viele, die wie er zwischen den Stühlen sitzen. Sie wollen nicht, dass eine Partei über die andere siegt. Sie wollen, dass alle miteinander leben können. Weil sie an den Gott glauben, der ein Gott aller Menschen ist. Und dieser Gott kann aus allem Bösen etwas Gutes machen. Wenn Menschen ihm vertrauen.

Musik: Liri, CD: Giora Feidmann, Deep Notes (Pianissimo Musik GmbH, 2011),

Track 1

Autor: Seit zwei Jahren lebt Rainer Stuhlmann in dem christlichen Dorf Nes Ammim. Nes Ammim- das heißt auf Deutsch: Zeichen der Völker. Ein Zeichen dafür, dass Versöhnung möglich ist.

Angefangen hat es nach dem zweiten Weltkrieg. In Deutschland hatte man den Schutt der zerbombten Häuser gerade mal weggeräumt und die Mehrzahl der Deutschen konnte wieder ein geregeltes Leben führen. Vorbei die alptraumhaften Bombennächte, vorbei die traumatischen Fronterfahrungen, vorbei die Nürnberger Prozesse mit ihren demütigenden Einsichten in die Schuld der Deutschen am Krieg und an der Ermordung von Millionen Juden. Endlich, endlich stand man in Deutschland wieder in Lohn und Brot, ja baute sogar an einem deutschen Wirtschaftswunder.

In diesen Nachkriegs- und Aufbaujahren haben sich Holländer und Schweizer zusammengetan, um in Israel ein christliches Dorf zu gründen. Und weil es Deutschen untersagt war, in Israel Land zu kaufen, beteiligte sich die Evangelische Kirche im Rheinland am Projekt Nes Ammim durch finanzielle Hilfe und durch das Gebet.

Im Jahr 1963 also genau vor 50 Jahren wurde inmitten von jüdischen und muslimischen Dörfern das christliche Dorf Nes Ammim gegründet. Ein Nes Ammim, ein „Zeichen der Völker“ sollte es sein. Denn die Gründungsväter und die Bewohner dieses Dorfes haben sich darauf verpflichtet, am christlich- jüdischen Dialog und an der Versöhnung der Völker mitzuwirken. Das fanden und finden die Israelis bis heute aller Unterstützung wert.

In den Anfangsjahren blühte Nes Ammim wirtschaftlich auf wegen seiner Rosen- und Avocadozucht, man exportierte sie in alle Welt. Seit dem Niedergang dieses Handels betreibt Nes Ammim nur noch ein Hotel. Aber es ist ein besonderes Hotel- mit einer besonderen Küche, die jüdischen und muslimischen Gepflogenheiten Rechnung zu tragen weiß.

Nes Ammim ist heute ein ökumenisches Begegnungszentrum. Sehr beliebt bei Israelis und Palästinensern für Hochzeiten, Geburtstage, und andere religiöse Familienfeste. Weil Nes Ammim ein christliches Dorf ist- kein jüdisches und kein muslimisches- begegnen sich hier Juden und Muslime, Israelis und Palästinenser, oft zum ersten Mal in ihrem Leben.

Musik: Liri, CD: Giora Feidmann, Deep Notes (Pianissimo Musik GmbH, 2011),

Track 1

Autorin: Was braucht ein Mensch, um das Böse in sich und das Böse, das ihm widerfahren ist, zu überwinden? Wie kann Gott aus dem Bösen etwas Gutes machen? Anselm Grün sieht den Weg der Versöhnung in mehreren Schritten:

Wenn etwas heilen soll, dann besteht der erste Schritt darin, das, was verletzt und gekränkt hat, was vielleicht immer noch weh tut, nicht abzutrennen, sondern zuzulassen. Mit all den Gefühlen, die damit verbunden sind.

Es muss einmal ausgesprochen, herausgeschrien und geklagt sein. Nur was ausgesprochen ist, vermag sich nicht in der Seele festzusetzen. Was herausgeschrien ist, hat nicht mehr die Kraft, den Teufelskreis von Angst und Hass in Gang zu halten. Das Unrecht, das Leid braucht Sprache und einen Ort, an dem es einfach sein darf. Nes Ammim, das kleine christliche Dorf im Norden Israels, ist so ein Ort. Hier treffen sich Israelis und Palästinenser, denen schlimmes angetan worden ist. Zum Beispiel israelische und palästinensische Eltern, die ihr Kind verloren haben. Vielleicht weil es zufällig von Soldaten erschossen worden ist, vielleicht weil es von einer Streubombe getroffen worden ist, die eigentlich dem Feind gegolten hat. Rainer Stuhlmann beobachtet in Nes Ammim eine Gruppe, die sich „Parents Circle“ nennt.

O-Ton: Eine Verbindung von jüdischen, israelischen Eltern und palästinensischen Eltern, die jeweils ein Kind in diesem Konflikt verloren haben. Und die gelernt haben, ihre Trauer so zu verarbeiten, dass sie den Kontakt mit dem Feind aufgenommen haben und darüber gemerkt haben: die sind ja in der gleichen Situation wie wir.

Autor: Wenn der Schmerz über das eigene Leid ausgesprochen ist, wenn Gefühle von Trauer und Wut sein dürfen, und wenn es ein Gegenüber gibt, das diesen Schmerz ernst nimmt, dann ist ein nächster Schritt möglich. Dann kann man danach fragen, wie denn das alles möglich war. Man kann anfangen, das eigene Leid in einem größeren Zusammenhang zu sehen und das Verhalten des Feindes verstehen zu lernen. In Nes Ammim treffen sich Männer, die auf beiden Seiten der israelisch- palästinensischen Front gekämpft haben. Männer, die nachdenklich geworden sind über dem Leid, das ihnen begegnet ist und die angefangen haben, ihre Gegner verstehen zu wollen.

O-Ton: Zum Beispiel die „Combattants for peace“. Das sind ehemalige israelische Soldaten, die in der Westbank gearbeitet haben und palästinensische Agitatoren, die in israelischen Gefängnissen gesessen haben wegen Gewaltakten, die haben sich zusammengetan zu einer gewaltfreien Aktion, die Begegnungen schafft zwischen Palästinensern und Israelis.

Die Jugendlichen in Israel und Palästina gehen wie bei uns in ihre Schule, spielen in der Freizeit Fußball, lernen ein Instrument und treffen ihre Freunde. Anders als bei uns aber bleiben sie immer unter sich. Oft begegnet ein junger Israeli erst dann einem Palästinenser, wenn er Soldat ist und mit dem Gewehr eine Siedlung zu bewachen hat. Oft ist dann ein Kennenlernen gar nicht mehr möglich. Damit das nicht so ist, treffen sich 18jährige Israeli und Palästinenser in Nes Ammim. Zum ersten Mal in ihrem Leben begegnen sie sich leibhaftig. Am morgen kommen sie in getrennten Bussen in Nes Ammim an. Vollgepackt mit Vorurteilen und Ängsten voreinander.

O-Ton: Und nachmittags sieht man diese Gruppen dann schon in Kleingruppen arabisch- jüdisch gemischt, dann machen sie Vertrauensspiele, sich fallen lassen aufgefangen werden und man merkt, wie in 2-3 Tagen da was in Gang kommt, das Raum gibt für neue Erfahrungen.

Autorin: Seinen Feind verstehen ist der Anfang von allem. Das braucht Mut. Verstehen ist jedoch nicht gleichbedeutend mit vergeben. Wenn man seinen Widersacher versteht, hört man auf, Opfer zu sein. Man ist nicht mehr ausgeliefert- weder dem Hass des Anderen noch dem eigenen Bedürfnis nach Rache. Verstehend kann man auch seinen Gegner als Opfer sehen. Die schlimme Tat als Folge anderer schlimmer Taten. Der Teufelskreis der Gewalt wird für einen kurzen Moment unterbrochen.

An einen Gedenktag für die Holocaustopfer in Israel hat Rainer Stuhlmann eine Begegnung erlebt, die ihn sehr berührt hat.

O-Ton: Das war eine Veranstaltung, in der arabische Israeli und jüdische Israeli einander die Geschichten erzählt haben, die sie jeweils von ihren Eltern und Großeltern gehört haben. Die Juden über die Shoa, den Holocaust in Europa. Und die Arabischen über die Nakbah, was sie an Verletzungen erlebt haben in der Staatsgründung Israels. Und erst wo die Bereitschaft da war, beides gelten zu lassen und auch daran gefühlsmäßig teilzunehmen, konnte so etwas wie Verständigung und Zuhören wachsen.

Autorin: Den eigenen Schmerz und den Schmerz des Anderen gelten lassen, auch wenn es schwer auszuhalten ist, das ist der Anfang. Verstehend sich der Situation des Anderen nähern und dann nach einer Lösung suchen, mit der beide Seiten leben können. So kann der Teufelskreis des Bösen unterbrochen werden. Das Böse ist damit noch nicht gut. Aber es hat etwas von seiner Macht und seiner negativen Energie verloren.

Damit aber aus dem Bösen etwas Gutes werden kann, dazu bedarf es eines weiteren Schrittes. Ich muss vergeben wollen. Vergeben kann man nicht erzwingen. Aber es fällt leichter, wenn man sich klar macht, dass niemand ohne Vergebung leben kann. Auch ich selbst könnte nicht leben, wenn Andere mich stets auf meine Fehler festlegen würden, mir nichts nachsehen und mir niemals eine zweite Chance geben würden. Ohne Vergebung kein Leben. Kein Weiterleben. Meine Erfahrung ist: Wir werden alle aneinander schuldig. Und am schlimmsten finde ich: die eigene Schuld sieht man am allerwenigsten. Jesus hat diese Menschen Heuchler genannt. Die meinen, sie wüssten Bescheid über die Schuld der Anderen.

„Was siehst du den Splitter im Auge deines Nächsten?“ Hat er gesagt. „Sieh erst den Balken in deinem eigenen Auge. Dann kannst du den Splitter im Auge deines Nächsten herausziehen.“

Und deshalb ist es wichtig, nicht nur in sich zu gehen und Buße zu tun, sondern auch zu beten. Weil Jesus ein für allemal gezeigt hat, dass Gott das Leben will. Und deshalb Schuld vergibt. Nicht weil er sie für nebensächlich hält, sondern weil er will, dass Menschen an ihrer Schuld nicht zugrunde gehen sondern daran wachsen. Und vielleicht aus dem einst erlittenen Schmerz eine besondere Begabung machen. Wer zum Beispiel erlebt hat, wie es ist, ständig gering geachtet zu werden, der kann sich später besonders gut einfühlen in Menschen, die diskriminiert werden. Wer schon als Kind tödlicher Bedrohung ausgesetzt war, kann denen helfen, die durch Krieg und Terror traumatisiert sind.

Als ich einmal mit jungen Musikern durch die Westbank Israels gereist bin, habe ich mit vielen Palästinensern gesprochen, darunter auch Bürgermeister und Stadträte. Und manche baten mich dringend, wir Deutsche mögen doch vermitteln im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Und als ich sie fragte, warum ausgerechnet wir Deutsche das könnten, sagten sie: Ihr Deutsche könnt das, weil ihr gelernt habt, mit Schuld zu leben und etwas Gutes daraus zu machen.

Rainer Stuhlmann hat für sich etwas Gutes gemacht und er lädt Sie, uns alle ein, ihn in Nes Ammim zu besuchen.

O-Ton: Wenn Sie nur für zwei Stunden kommen würde ich Sie durch das Dorf führen. Wenn Sie Glück haben, könnten Sie grade eine arabisch- jüdische Dialoggruppe bei uns erleben. Das Essen ist eine koschere Küche.. das kann sich sehen und schmecken lassen.

Autorin: Gott kann aus allen, auch dem Bösesten etwas Gutes machen. Doch dafür braucht er Menschen, die sich alles zum Guten dienen lassen. Menschen wie Sie und mich. Damit verabschiede ich mich von Ihnen, heute am Buß- und Bettag, ich bin Pfarrerin Annette Bassler aus Mainz.

Musik: Warm inside, CD: Parov Stelar, Seven and Storm (Etage Noir Recordings 2005), Track 11.

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