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Das Geistliche Wort | 05.10.2014 | 08:40 Uhr

DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.

Tak!

Autor: T – A – K. Tak. Ein kleines Wort mit großer Bedeutung, auf jeden Fall hier in Dänemark. Guten Morgen, liebe Hörerin, lieber Hörer. Mein Name ist Peter Krogull und ich bin Hauptpastor der Sankt Petri Kirche in Kopenhagen. Wir sind die deutschsprachige Kirchengemeinde in der dänischen Hauptstadt. Doch die meisten Mitglieder der Kirchengemeinde sprechen nicht nur deutsch, sondern auch dänisch. Da ist es wichtig, dass auch ich als Pastor diese Sprache beherrsche. Eines der ersten Wörter, die ich im Dänisch-Unterricht gelernt habe, ist das kleine Wörtchen „Tak“. „Tak“ heißt „Danke“. In der dänischen Sprache ist es deshalb so wichtig, weil man sich in Dänemark für alles Mögliche auf Schritt und Tritt zu bedanken pflegt: „Tak, mange tak, tusind tak, tak skal du have!“ Danke, vielen Dank, tausend Dank, Danke dir.

So zahlreich wie die Möglichkeiten, Danke zu sagen, sind auch die Gelegenheiten, sich zu bedanken. Für mich Grund genug, am heutigen Ernte-Dank-Sonntag einmal über die tiefere Bedeutung des Dankens nachzudenken.

Musik 1

Autor: Erntedank. Das bedeutet für mich als Pastor hier in Kopenhagen erst mal eine lange Autofahrt. Ich muss Strohballen und Sonnenblumen für unseren Erntedank-Altar auftreiben. Gar nicht so einfach - mitten in der Großstadt. Gottseidank gibt es in unserer Gemeinde eine Familie, die wohnt vor den Toren der Stadt, draußen am Roskilde-Fjord auf einem Bauernhof. Und hier darf ich mir jedes Jahr die Strohballen und Sonnenblumen abholen. Die einstündige Autofahrt dorthin nutze ich immer gerne zum Musikhören und Nachdenken. Was mir in diesem Jahr durch den Kopf geht: Wie seltsam ist es doch, dass mitten in einer Großstadt das Erntedankfest noch so eine große Rolle spielt. Von seinem Ursprung her ist Erntedank ja ein ländliches Fest.

Die Bauern bedanken sich bei Gott für ihre Ernte. Das ist der ursprüngliche Sinn von Erntedank. In unserer Innenstadt-Kirche wird am heutigen Erntedank-Sonntag vermutlich kein Bauer anwesend sein. Nichtdestotrotz ist die Kirche an Erntedank immer sehr voll. Besonders beliebt ist dieses Fest bei Familien mit Kindern.

Die meisten Eltern dieser Kinder arbeiten nicht auf dem Land, sondern in der City. Sie sitzen nicht auf dem Traktor, sondern in der Regel hinter dem Computer. Und doch liegt ihnen der Erntedank-Sonntag am Herzen. Das merke ich nicht nur daran, dass sie heute in der Kirche sitzen werden. Ich merke es auch daran, dass viele von ihnen selber Sachen zu unserem Erntedank-Altar beisteuern. Seit einigen Tagen schon kommen sie und bringen Äpfel, Möhren oder Pflaumen. Die meisten dieser Früchte stammen nicht aus eigenem Anbau, sondern aus dem Supermarkt. Wer auf dem Land lebt oder vom Land kommt, mag über diese Art von Erntedank schmunzeln. Ich bin aber sicher: Auch die Erntegaben aus dem Supermarkt erzählen von unserem Bedürfnis, danke zu sagen.

Musik 2

Autor: Endlich! Nach einer guten Stunde Autofahrt ist das Ziel meiner Erntedank-Tour in Sicht. Das weiße Bauernhaus. Die Familie, die zu unserer deutschsprachigen Gemeinde gehört, empfängt mich herzlich. Zwei große Strohballen haben sie schon für mich zur Seite gelegt und etliche Sonnenblumen. Und oben drauf bekomme ich auch noch drei dicke Kürbisse geschenkt. Tusind Tak! Tausend Dank für diese tolle Unterstützung! Das wird bestimmt wieder ein schöner, bunter Ernte-Altar in unserer Kirche. Auf der Rückfahrt nach Kopenhagen duftet mein ganzes Auto nach Landluft. Eine fahrende Scheune! Kein Wunder: Auf der Rückbank liegen die beiden Strohballen. Diese kleinen eckigen Ballen, die aussehen wie riesige Würfel sind selten geworden; meistens gibt es nur noch so riesige Rundballen, die von großen Maschinen gepresst werden. Die passen weder in mein Auto noch durch unsere Kirchentür. Ich frage mich, was Erntedank unter diesen Bedingungen heute noch bedeuten kann. Müsste man sich nicht eigentlich bei den Maschinen für das Stroh und bei den Supermärkten für das Obst bedanken?

Musik 3

Autor: Gute Luft atmen, das Gesicht in die Sonne halten, an einer Bergquelle frisches Wasser trinken, nach einer langen Wanderung sich irgendwo auf einer Decke auf der Wiese ausstrecken. Die Grundlagen unseres Lebens sind keine Selbstverständlichkeiten. Wasser, Luft, Erde, Licht. Wir Menschen leben von Grundlagen, die wir nicht selber geschaffen haben. Christen glauben daran, dass Gott den Grund des Lebens gelegt hat. „Er hält die ganze Welt in seiner Hand“.

Musik 4

Autor: Er hält die ganze Welt in seiner Hand… Er hält das winzig kleine Baby in seiner Hand. Er hält die Mutter und die Tochter in seiner Hand. Er hält den Sohn und den Vater in seiner Hand. Gott hält die Welt in seiner Hand. Diesen Gospel singen wir im Erntedankgottesdienst. Ein Liebeslied an Gott, der die Welt, der alles Leben geschaffen hat. Dazu zählen nicht nur Wasser, Luft, Erde und Licht. Dazu zählen auch wir selber.

Im 139. Psalm heißt es: „Gott, ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin, wunderbar sind deine Werke. Das erkennt meine Seele.“ Dieser Vers ist der Taufspruch, den meine Frau und ich für unseren ersten Sohn ausgesucht haben.

Dieses Bibelwort kam uns ziemlich bald nach der Geburt in den Sinn. In dieser ersten Zeit spürt man es ja ganz besonders: Das Leben ist ein Wunder. Gott schenkt es uns. Mit diesem Taufspruch wollten wir uns bei Gott dafür bedanken, dass die Geburt gut gegangen und unser Sohn gesund zur Welt gekommen ist. Mitten im Januar war das für uns damals ein Gefühl von Erntedank.

Musik 4

Autor: Manchmal feiert man Erntedank nicht nur im Herbst. Und manchmal feiert man an Erntedank mehr als die Gaben der Erde. Während ich die Strohballen und Kürbisse aus dem Auto lade und in unsere Kirche bringe, denke ich an das Erntedankfest im letzten Jahr. Jemand hatte uns aus seinem Garten viele bunte Blumen mitgebracht. Diese Blumen haben wir zu Beginn des Gottesdienstes an die Gottesdienstbesucher verteilt. Wer wollte, konnte die Blumen an unserem Ernte-Altar ablegen und damit Danke sagen. Danke für alles, was gut gelungen ist im vergangenen Jahr. Im Beruf, in der Familie und Partnerschaft, in der Freundschaft… Bei dem, was einem wichtig ist. Zuerst brachten nur ein paar Kinder ihre Blumen nach vorne. Dann aber kamen immer mehr Menschen und legten ihre bunten Zeichen des Dankes an unserem Ernte-Altar ab.

Am Ende des Gottesdienstes war unser Ernte-Altar ein Blumenmeer. So viel Dankbarkeit hätte ich nicht erwartet. Beim Kirchenkaffee im Anschluss erzählten mir einige Gottesdienst-Besucher, woran sie gedacht hatten, als sie die Blumen am Altar niederlegten. „Ich dachte an die Kinder in unserer Tagesstätte.“, sagte eine Erzieherin. „Ich sehe so gerne, wie die Kinder größer werden. Und ich freue mich, dass ich an ihrer Erziehung teilhaben darf. Das ist für mich ein großes Geschenk und manchmal ernte ich die Früchte. Wenn sich ein Kind gut entwickelt: ein schüchternes offener wird, ein geiziges zu teilen beginnt.“

Andere Menschen erzählten von den Früchten, die sie in ihrem Privatleben in der vergangenen Zeit ernten durften. Da fand einer einen neuen Freund. Eine andere hat mit dem Rauchen aufgehört. Der Strauß der Dinge, für die die Männer, Frauen und Kinder dankbar waren, war so bunt wie die Blumen. Wie schön, dachte ich bei mir, dass wir uns diese Gelegenheit gegönnt haben, Gott zu danken. Ich finde, dass das oft zu kurz kommt, auf jeden Fall in meinem Leben. Gott um etwas zu bitten vergesse ich meistens nicht. Gott für etwas Gutes zu danken, geht mir öfter durch. Im Gegensatz zur Bitte, die meistens von alleine an mein Herz klopft, stellt sich der Dank oft nicht von alleine ein. Zum Danken gehört das Denken. Zum Dank gehört die Erinnerung an das Gute, das einem widerfahren ist.

Musik 5

Autor: Hier in Dänemark gibt es eine schöne Tradition, die mich davor bewahrt, das Danken zu vergessen. Diese Tradition kommt in drei Worten zum Ausdruck: „Tak for sidst“.

„Tak for sidst“ bedeutet auf Deutsch „Danke für das letzte Mal“. „Tak for sidst“ sagt man immer dann, wenn man einem Menschen begegnet, mit dem man in der Vergangenheit eine gute Zeit geteilt hat. Diese gute Zeit kann alles Mögliche sein: ein gemeinsames Essen, ein gemeinsamer Ausflug, ein gemeinsamer Arbeitstermin. Es spielt beim Wiedersehen keine Rolle, wie lange diese gemeinsame Zeit schon zurückliegt. Wichtig ist, dass man sich im Nachhinein bei dem anderen für diese gemeinsame Erfahrung bedankt. Tak for sidst! Danke für das letzte Mal.

Zu Beginn meiner Zeit hier in Dänemark fand ich diese Tradition etwas anstrengend. Da begegnet man einem Bekannten und muss erst mal überlegen, ob man in der zurückliegenden Zeit etwas Nettes miteinander geteilt hat! Mit der Zeit aber gewöhnt man sich an diese Tradition. Und man gewöhnt sich vor allen Dingen daran, das Gemeinsame nicht zu vergessen. Weil zum Danken das Denken gehört. Weil Dankbarkeit das Erinnern und auch das Teilen braucht.

Musik 6

Autor: Jetzt ist er fertig, unser Erntedankaltar. Vor dem Altartisch mit der Bibel liegen nun die Strohballen, Kürbisse, Sonnenblumen, Äpfel, Pflaumen, Möhren, Kartoffeln und Brote. Ein schönes Bild ist das, nur von Dauer ist es nicht. Am Ende des Gottesdienstes schon wird es hier im Altarraum wieder ganz anders aussehen. Dann sind die Gottesdienstbesucher eingeladen, sich bei unserem Ernte-Altar zu bedienen. Das Obst, das Gemüse, die Blumen, auch die Strohballen: Gegen eine Spende kann alles mitgenommen werden. Das Geld, das wir dabei einsammeln, kommt einer besonderen Einrichtung zugute, dem „Sorte Gryde“, dem „Schwarzen Topf“. Das ist ein Obdachlosenrestaurant in unserer Nähe. Die Ärmsten unserer Stadt bekommen in diesem Restaurant nicht nur umsonst zu essen, sondern können dort auch ihre Kleidung waschen. Uns ist es wichtig, gerade an Erntedank an diese Menschen zu denken und für sie zu sammeln. Weil zum Danken das Denken gehört. Weil zum Danken das Teilen gehört.

In diesem Sinne: Mange Tak, liebe Hörerin, lieber Hörer. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ein gesegnetes Erntedankfest und alles Gute für die neue Woche wünscht Ihnen Peter Krogull von der Sankt Petri Kirche in Kopenhagen.

Musik 7 = Musik 2

Musikinformationen

Musik 1: Sigur Rós (Interpreten): Glósóli, geschrieben von: D. Armstrong, P. Statham und P. Gabriel, Track 2 aus dem Album „Takk“, 2005, EMI, LC 03484.

Musik 2: Dido(Interpretin, Komp., Text): Thank you, Track 6 aus dem Album „No Angel“, 2000, Arista, LC 03484.

Musik 3: Arrangement/Komp./Interpreten: Gerhard Schnitter, Dennis Thielmann: Wir pflügen und wir streuen, Text: Matthias Claudius 1783, Melodie: Johann Abraham Peter Schulz / Hannover um 1800, Track 8 von CD Abend und Morgen, 2009, Hänssler, LC 06047.

Musik 4: Pat Boone (Interpret): “He’s got the whole world”, Musik und Text: traditional, 104pro Media, LC unbekannt.

Musik 5: BüroArchiv103-Track07-Ich_singe_dir_mit_Herz_und_Mund

Musik 6: Antony and the Johnsons (Interpret/Komp.): Thank you for you love, Track 1 aus dem Album “Thank you for your love” 2010, Rough Trade, Rebis Music Kobaldt ( ASC AP), LC 3714.

Musik 7 = Musik 2

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