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Das Geistliche Wort | 23.11.2014 | 08:40 Uhr

Von Königskindern und Rebellen

Guten Morgen, liebe Hörer und Hörerinnen,

Königskinder und Rebellen – in großen weißen Buchstaben strahlen mir diese beiden Worte am Schaufenster eines Kinderbekleidungsgeschäftes entgegen. Jedesmal, wenn ich an der Ampel gegenüber stehe, fällt mein Blick auf diese Werbung: Sie springt mir ins Auge, nimmt mich in den Bann und erstaunt mich immer wieder neu; Königskinder und Rebellen. Was für eine tolle Kombination! Zwei völlig unterschiedliche Typen, Gegensätze – und trotzdem werden sie zusammengebunden: Königskinder und Rebellen.

Der König ist wer; er steht für Ansehen, Macht und Ordnung, für Glanz und Glamour, für Pracht und Prunk. Der Rebell hingegen ist jemand, der aus der Reihe tanzt und Unruhe stiftet, der sich auflehnt und widersetzt, der die übliche Ordnung stört und Widerstand leistet.

Beide Bilder leben tief in unserer Seele: der König, die Königin, der Rebell und die Rebellin. Kinder zeigen es uns. Wenn sie sich verkleiden, dann wollen sie das eine oder andere sein. Prinzessin oder Pippi Langstrumpf, Superheld oder Pirat: Beide Typen faszinieren Kinder gleichermaßen, der König ebenso wie der Rebell.

Wie aber lassen sich diese Gegensätze verbinden?

Gibt es nicht nur ein entweder – oder?

Musik I

Wie der König mit dem Rebell zusammen kommt, zeigt mir das Fest, das die Kirche heute feiert: Christkönig.

Wenn Christen sich zu Jesus Christus als König bekennen, ja ihn als solchen verehren, dann passt dieser König so gar nicht in die Schemata innerweltlicher Herrschaften. Dieser König ist anders. Er sprengt die Maßstäbe aller Könige dieser Welt. Seine Herrschaft zeigt sich nicht in der Macht, sondern in der Liebe. Und diese Liebe ist grenzenlos.

Was es mit dieser Liebe auf sich hat, zeigt Jesus in seinem Leben: Er holt Außenseiter in die Gemeinschaft, er ist ein Freund der Zöllner und Sünder; er verurteilt die Ehebrecherin nicht, sondern lässt sie neu anfangen; er sieht nicht auf das Äußere der Menschen, sondern auf ihr Herz; er will, dass keiner verloren geht; er steht auf der Seite derer die leiden und lässt sie Heilung erfahren. Kurzum: Er ist nicht gekommen, sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben.

Damit aber kehrt er die Verhältnisse um. Er ist nicht gekommen, seine Macht in politischer oder militärischer Größe zu zeigen, sondern um durch seine Hingabe alle Menschen zu Königskindern zu machen.

Gerade darin erweist er sich als Rebell der Liebe und des Friedens; er widersetzt sich den üblichen Regeln; stellt den Menschen in die Mitte, nicht das Gesetz. Er tanzt aus der Reihe wie die alttestamentlichen Propheten, die das Unrecht der Mächtigen anprangern und einen König ankündigen, der sich der Gebeugten und Schwachen erbarmt und das Leben der Armen rettet (Ps 72,13).

Christen glauben: In Jesus erfüllt sich diese Sehnsucht und Hoffnung der Propheten. In ihm wird endgültig wahr, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Dafür steht sein Kreuz. Für mich ist es Zeichen seiner Hingabe bis zum Letzten und zugleich Zeichen der Erlösung. Gott hat ihn nämlich nicht im Tod fallen gelassen. Er hat seinen Weg der grenzenlosen Liebe bestätigt, oder wie es in einem Hymnus heißt, den der Apostel Paulus in seinen Brief an die Gemeinde in Philippi geschrieben hatte:

Sprecher:

„Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr – Zur Ehre Gottes, des Vaters“ (Phil 2,11).

Musik II

Dass die Liebe stärker ist als der Tod, dass das Reich Gottes mit Jesus Christus begonnen hat und jeden Tag neu verwirklicht werden will, daran glauben Christen. Als Zeichen dieser neuen Wirklichkeit empfängt jeder Christ direkt nach der Taufe die Chrisamsalbung auf den Kopf: Ein kostbares Öl, mit dem in biblischer Zeit Könige gesalbt wurden. Damit bekommt der Täufling die Zusage, dass er zu Christus gehört, der Priester, König und Prophet ist. Jeder Christ, jede Christin ist also gesalbt zum König und zur Königin, zum Priester und zur Priesterin, zum Propheten und zur Prophetin.

Was für eine Zusage!

Jeder und jede, egal ob arm oder reich, gesund oder krank, behütet oder unbehütet, verletzt oder heil, ist vor Gott ein Königskind, ausgestattet mit einer einzigartigen Würde. Diese Würde kann keinem Menschen genommen werden. Gott gibt jeder und jedem Ansehen, er übersieht niemanden und sei er noch so unscheinbar. Für ihn sind wir wer, eben Königskinder. Zugleich hat er uns zu Propheten berufen. Wie die Propheten sollen wir die oft leise Stimme Gottes in unserem Leben hören und gegen all das rebellieren, was seiner Barmherzigkeit, seinem Reich der Liebe und des Friedens entgegensteht. Als Christen sind wir eben Königskinder und Rebellen.

Musik III

Wo aber wird das Königtum Christi greifbar und sichtbar?

In der Welt, in der wir leben, verdüstert sich der Horizont: Syrien, Irak, Palästina, die Ukraine oder Westafrika mit seiner furchtbaren Ebola-Epidemie – diese Stichworte genügen. Dunkel ist es aber auch im Leben vieler Menschen hier bei uns: Wie viele bedrücken Sorgen und Ängste, wie viele kennen Einsamkeit, Armut und Leid!

Und da wage ich heute Morgen vom Anbruch des Gottesreiches zu sprechen. Dass wir Königskinder und Rebellen sein sollen und sein können. Woher nehme ich diese Hoffnung?

Ich gewinne sie zunächst aus meinen eigenen Lebenserfahrungen. Dabei denke ich heute besonders an meine kürzlich verstorbene Mutter. Sie hat uns als Kinder wirklich königlich versorgt – nicht mit Reichtümern, sondern mit ihrer Liebe. Sie war für uns da, wenn wir sie brauchten. Sie hat uns in unserer Unterschiedlichkeit – und wir sind wirklich sehr verschieden – akzeptiert, hat uns gelehrt, auch einander anzunehmen und zu teilen. Wenn es darauf ankam, hat sie uns auch geschützt, mich z.B. vor einem Lehrer, der mich nicht mochte und mich für widerborstig hielt.

Meine Mutter war keine Rebellin, sie war aber eine aufrechte Frau, die sagte, wovon sie überzeugt war und die zu ihrem Glauben an Christus stand. Und so lehrte sich auch uns, aufrechte Menschen und Christen zu sein, Menschen, die nicht zu allem Ja und Amen sagen und die versuchen, aus dem Glauben zu leben.

Wie meine Mutter ermutigt mich auch eine Freundin, die ihren behinderten Sohn nicht nur angenommen, sondern ihn mit viel Mühe, auch Zweifeln und Ängsten, zu einem eigenständigen Leben verholfen hat. Heute lebt er zufrieden und glücklich in einer betreuten Wohngruppe.

Hoffnung macht mir heute Morgen aber auch eine große Frau unseres Glaubens: Teresa von Avila. Wie sie in Gott, ihrem König, ihren einzigartigen Wert erkennt, berührt mich zutiefst. Hören wir, was sie schreibt:

Sprecherin:

„Wohl verstand ich, dass ich eine Seele hatte;

aber was diese Seele wert ist und wer in ihr wohnt,

verstand ich nicht,

weil mir die Eitelkeiten des Lebens den Blick trübten.

Hätte ich damals in der gleichen Tiefe wie heute erkannt,

dass in diesem kleinen Platz meiner Seele ein so

großer König wohnt, hätte ich ihn nicht so häufig allein gelassen,

sondern wäre öfter bei ihm geblieben,

anstatt mich um das Leben da draußen zu sorgen.

Wie wunderbar!“

Zugleich gewinnt sie aus dieser leidenschaftlichen Liebe zu Gott aber auch den Mut, zu rebellieren und für die Rechte der Frauen – und das im 16. Jhd. – einzutreten. An anderer Stelle schreibt sie:

Sprecherin:

„Die Welt irrt, wenn sie von uns (= den Frauen) verlangt, dass wir nicht öffentlich für dich wirken dürfen, noch Wahrheiten aussprechen, um derentwillen wir im Geheimen weinen, und dass du unsere gerechten Bitten nicht erhören würdest. Ich glaube das nicht, denn ich kenne deine Güte und Gerechtigkeit…..

Ich weiß, mein König, dass der Tag kommen wird, das man einander erkennt. Ich spreche hier nicht für mich selbst…. Aber ich halte es in diesen Zeiten für unrecht, wenn man starke und zum Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt.“

Wie Teresa ermutigen mich schließlich auch die vielen Menschen, die heute hier bei uns und weltweit ihr Leben für die Liebe riskieren: die freiwilligen Helfer in Westafrika, die unzähligen Christen, die überall auf der Welt gegen Unrecht und Ausbeutung rebellieren und sich mit all ihrer Kraft für die unverlierbare, einzigartige Würde eines jeden Menschen einsetzen.

All diese Erfahrungen lassen mich daran glauben, dass der Traum vom Reich Gottes keine Utopie ist. Sein Reich ist da präsent, wo Menschen die königliche Würde aller Menschen anerkennen und dagegen rebellieren, wenn diese mit den Füßen getreten wird.

Musik IV

Der heutige Christkönigssonntag ermutigt mich und führt mich zugleich an das tiefe Geheimnis unseres Lebens. Er sagt mir: Du wirst geliebt und kannst lieben. Du genießt ansehen und kannste anderen Ansehen verleihen. Du bist erlöst und kannst erlösen. Mitten im Alltag triffst Du auf den gegenwärtigen Herrn. Du brauchst nur Deine Augen und Ohren zu öffnen, vor allem aber dein Herz.

Deshalb, liebe Hörer und Hörerinnen, möchte ich Sie einladen, der Botschaft des heutigen Festes zu trauen.

Musik V

Darin:

Entdecken Sie das Königskind und den Rebellen in sich und in den Menschen, mit denen Sie leben. Vertrauen Sie darauf, dass nicht die Todesmächte dieser Welt das letzte Wort haben, sondern Christus, der König, der uns durch seine Hingabe das Tor zum Leben geöffnet hat.

Dies wünscht Ihnen Margret Nemann aus Münster.

Copyright Vorschaubild: Mirko Klammer CCBY 2.0 flickr

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