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Das Geistliche Wort | 25.12.2014 | 08:40 Uhr

DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.

Weihnachtsfreude - Große und Kleine

Autor: Kurz nach der „Wende“ in Thüringen. Es ist Advent. Da wird ein Pfarrer von einer Schulleiterin eingeladen. Er soll in den unteren Klassen etwas über Weihnachten erzählen. Die Kinder hören auch sehr aufmerksam zu, wie er von Maria und Josef, von den Hirten und Engeln spricht. Aber am Ende sagt dann ein Schüler: „Das war ja eine schöne Geschichte. Aber was hat denn das mit Weihnachten zu tun?“

Guten Morgen, liebe Hörerin, lieber Hörer. Ich bin Henning Theurich von der evangelischen Kirche in Bonn.

Man könnte über diese Frage nur lachen, wenn sie nicht auch traurig machte. Es gibt aber gar keinen Grund überheblich zu sein und etwa zu sagen, so etwas könnte in Nordrhein-Westfalen nicht passieren. Zwar kann ich mir nur schwer vorstellen, dass ein Kind, das in Religion unterrichtet wird, so fragen würde:

„Was hat denn diese Geschichte mit Weihnachten zu tun?“

Und doch scheinen manche Umfragen es zu bestätigen: Die Zahl derer nimmt zu, die Weihnachten kaum noch mit der Erzählung aus dem Lukasevangelium verbinden. Viele Kinder kommen mit der Geschichte gar nicht in Berührung, Wem dagegen das Weihnachtsevangelium schon von früh auf vertraut ist, der hört es gerne wieder, wenn die Engel den Hirten auf den Feldern singen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden.

Und der weiß auch, dass die Geschichte nach dem Chor der Engel eine Fortsetzung hat.

Sprecherin:

Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren,

sprachen die Hirten untereinander:

Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen,

die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.

Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef,

dazu das Kind in der Krippe liegen.

Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus,

das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war.

Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das,

was ihnen die Hirten gesagt hatten.

Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.

Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles,

was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

(Lukas 2,15-20)

Musik 1: Track 1 Allegro aus dem Konzert in D-Dur für zwei Trompeten und Orchester (Francesco Manfredini): Weihnachtliche Musik aus der Schlosskirche in Bonn (2013), Tristan und Christoph Müller, Trompete; Miguel Prestia, Orgel, Aufnahme und Schnitt: Christian Fröhlingsdorf. Copyright 2012. CD 300 366. AC 95003 - 01. www.handlewithcare.de 3:o8’

Autor: Eine schöne Geschichte, so hatte der Schüler in Thüringen gesagt, aber was hat denn das mit Weihnachten zu tun? Gar keine dumme Frage, sondern eine ehrliche, eine vernünftige. Und wenn der Evangelist Lukas heute zu uns in die Weihnachtswohnzimmer käme, würde er vielleicht selber so fragen: Was hat mein Evangelium von der Geburt des Heilands mit eurem Weihnachten zu tun? Das Weihnachtsfest hatte sich ja erst über zweihundert Jahre später im römischen Reich eingebürgert. Bis dahin konnte die Erzählung von der Geburt Christi noch gar keine weihnachtliche Festlegende sein, denn das Weihnachtsfest gab es noch gar nicht. Der Evangelist Lukas hat selber nie Weihnachten gefeiert. Sich das vorzustellen, ist für sich schon merkwürdig. Was aber hat sie ihm bedeutet, seine Erzählung?

Ich denke, für Lukas ist sie ein Vorspiel zu seinem Evangelium, zur Geschichte von Jesus als dem Christus, dem Retter der Welt. Die Geburtsgeschichte ist sozusagen die Ouvertüre. Und in der erklingen schon Motive vom dem, was danach kommt. Dem Jesuskind ist fast alles, was ihm später blühte, sozusagen schon an der Wiege gesungen worden: die Begegnungen mit gefährlichen Machthabern, mit denen ohne Macht am Rand der Gesellschaft und mit denen ohne Obdach.

Auf ein Motiv aber möchte ich heute besonders aufmerksam machen: Das ist die große Freude:

Sprecher: Und der Engel sprach zu den Hirten:

„Fürchtet euch nicht!

Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird;“

(Lukas 2,10)

Autor: Warum diese große Freude über ein Neugeborenes? Klar, eine geglückte Geburt ist schon für sich ein Grund zur Freude, auch unter armseligen Umständen. Die Schmerzen werden vergessen. Es ist, wie Jesus sagt:

Sprecher: Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen ... Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen. (Johannes 16,21)

Autor: Hier aber in Bethlehem wird darüber hinaus eine Freude angesagt, die den familiären Kreis übersteigt; eine Freude, die allem Volk widerfahren soll, denn euch ist heute der Heiland geboren. Das ist der Grund zur großen Freude. Und die darf nicht verschwiegen werden. Es muss laut gesagt werden, dass unsere Welt nicht heillos ist, sondern dass sie einen Heiland hat, der uns glauben, lieben und nicht verzweifeln lässt. Die Schriftstellerin Eva von Tiele–Winckler beschreibt die große Weihnachtsfreude so:

Sprecherin: Über der Welt voller Schmerzen

leuchtet ein strahlender Stern,

kündet den trauernden Herzen

Friede und Freude im Herrn.

Kündet nach allem Leide

Tröstung für fern und nah -

spricht von der großen Freude:

Christus, der Retter ist da.

Zit. nach: Heimatbote der deutschen Katholiken der Erzdiözese Breslau, Nr.5 2012/2013 / 86, S. 12

Musik 2: Track 2 Es ist ein Ros entsprungen (Köln 1599), Satz: Helga Schauerte – Maubouet; Weihnachtliche Musik aus der Schlosskirche in Bonn, s.o. 1. Musik,

Autor: Wie sagte der thüringische Schüler? Das war ja eine schöne Geschichte. Aber was hat denn das mit Weihnachten zu tun?

Recht hatte er, so zu fragen; denn es ist keine dumme Frage, auch nicht nur eine ehrliche, sondern vor allem eine wichtige Frage: Was hat das Evangelium von der Geburt von Jesus mit unserem Weihnachten heute zu tun? Wie kann auch uns die große Freude erreichen, die doch allem Volk widerfahren soll? Vielleicht gibt es die große Weihnachtsfreude hauptsächlich in Klein? Was aber sind die kleinen Weihnachtsfreuden? Danach habe ich meinen Freund und seine Freundin gefragt. Beide waren von Beruf Lehrer im Rheinland und sind jetzt im Ruhestand. Er war nach dem frühen Tod seiner Frau lange Jahre verwitwet. Seine heutige Lebenspartnerin war nicht verheiratet. Gute Freundinnen und Kollegen ersetzten ihr eine eigene Familie. Hier sind ihre Antworten:

Musik 3: Track 12 Hirtenmusik Opus 118 von CD Weihnacht doheim un üvverall, Komponist: Günter Hässy; Interpreten: Kammerensemble Junge Sinfonie Köln; Höhner, 30. Oktober 1996, Label: Rhingtön (Universal Music), LC 0193.

Sprecher: Bei mir fängt Weihnachten an, wenn wir die musizierenden kleinen Engel vorsichtig auspacken. Die mit den Pausbäckchen und weißen Punkten auf ihren grünen Flügeln. Mit anderen weihnachtlichen Engeln, Tieren und anderen Figuren kann ich mich nicht anfreunden. Aber diese kleinen pausbäckigen Wesen gab es für mich schon immer. Es ist, als wären sie auch heute umgeben von meiner Mutter und meinem Vater, die für uns Kinder eine geheimnisvolle Weihnachtsatmosphäre zauberten. Diese Engel begleiteten Ängste, Hoffnungen und Enttäuschungen in meinem Leben: im Krieg und nach dem Krieg in unterschiedlichen Wohnzimmern. Sie sind umgeben von Freude und herzlichem Zusammensein. Wenn die Engel da stehen, bremsen sie den Weihnachtstrubel und laden mich zu Muße und Besinnung ein, in denen ich neue Kraft für das nächste Jahr tanken kann: kleine Freudenspender.

Sprecherin: Als Kind war es selbstverständlich: Ich freute mich auf Weihnachten! Ohne Vorbehalte, ohne Kritik am Konsumwahn, ohne Angst vor dem Rummel, ohne Verpflichtungsstress, einfach nur Erwartung! Das wurde später schwieriger, die Weihnachtsfreude musste mit Anstrengung erkämpft werden. Bis mir im fortgeschrittenen Alter etwas geschenkt wurde, das mir die Weihnachtsfreude ganz leicht gemacht hat.

Jedes Jahr am frühen Nachmittag des 24. Dezember fand in meinem Stadtteil in einem kleinen, feinen Container–Puppentheater eine Aufführung für Kinder statt. Nun war es die Idee, ja der Traum des engagierten Theater-Leiters gewesen, so eine Vorstellung am Heiligen Abend mit Live-Musik anzubieten. Nur: Es fehlte ihm die Musik. Diesen Gedanken äußerte er mal laut. Eine Freundin aus meinem Hausmusikkreis reagierte prompt und ja, ich habe dann Jahr für Jahr mitgemacht. Mit Geige, Flöten, Gemshörnern und Dudelsack haben wir das Stück „Der gestohlene Weihnachtsbaum“ eingeleitet, die Pausen ausgefüllt und Klein und Groß zum Singen gebracht. Elf Jahre lang.

Das Stück selbst konnten wir nicht sehen, da wir Musikanten direkt vor dem Hochbau der Bühne saßen. Aber wir bekamen mit, wie die Kleinen beim Kasperlespiel mit den Figuren mitfieberten und in die Geschichte eintauchten. Wir waren überwältigt von der Dankbarkeit des Puppentheaterteams und der erwachsenen Zuschauer, die die Kinder begleitet hatten. Das Glas Sekt nach der Aufführung mit „Fröhliche Weihnachten“ – das war ein heiterer und stimmungsvoller Anfang von Weihnachten für mich.

Sprecher: Eine stille Freude, die mich um Weihnachten erwärmt – auch wenn die Kerzen noch nicht brennen – ist eine kleine Ecke französischer Blauschimmelkäse aus Schafsmilch - Roquefort. Heute kann man diesen Käse fast überall kaufen; in der Nachkriegszeit gab es ihn nur in wenigen Feinkostläden zu einem Luxuspreis. Den konnten meine Eltern für ein kleines Stück Käse eigentlich nicht ausgeben. Doch mein Vater besorgte diesen Käse immer wieder für die Weihnachtsessen. Während wir den Käse aßen, schwärmte mein Vater von seiner Zeit in Madagaskar. Um 1930 hatte er mehrere Jahre dort gearbeitet. So umgaben diesen Schimmelkäse bald geheimnisvolle, glückliche, tropische Bilder. Für uns Kinder eine ganz andere Lebensmöglichkeit: lange Schiffsreisen, wärmender Sonnenschein und freundschaftliches Zusammenleben von Polen, Franzosen, Schweizern, Madagassen, Deutschen. Mein Vater starb ziemlich früh. Aber bis heute gibt es bei uns Weihnachten eine Ecke von dieser Käsesorte. Sie regt uns an: zur Erinnerung an meinen Vater und zum Nachdenken über andere mögliche Lebenswelten.

Autor: Natürlich, auch wir könnten jetzt fragen: Was hat denn ein Käse mit Weihnachten zu tun? Was verbindet diese kleinen Freuden mit der großen Weihnachtsfreude? Die ist doch in erster Linie nicht klein und privat, sondern groß und politisch. Ja schon, aber erstens kann sie niemandem befohlen werden. Niemand kann sich auf Kommando freuen, wenn er dazu keinen Grund sieht! Die Zeit der großen Freude kann nur angesagt und geglaubt werden; denn den Grund zur Freude trägt niemand in sich selber. Das sagt uns die Weihnachtsgeschichte. Und zweitens ist uns vielleicht die große Freude auch nur in kleinen Mengen bekömmlich; zum Glück gibt es sie, die kleinen Weihnachtsfreuden, die uns das Herz erwärmen. Und die sind dann doch wieder so persönlich wie musizierende kleine Engel mit weißen Punkten auf grünen Flügeln oder wie der Geschmack von Blauschimmelkäse auf der Zunge oder wie das Puppentheater für die Kleinsten an Heiligabend und danach für die Großen das Glas Sekt auf „Fröhliche Weihnachten“.

Und die wünsche auch ich Ihnen. Ich bin Henning Theurich - von der evangelischen Kirche in Bonn.

Musik 4: Track 5 Trumpet Voluntary (John Stanley), Satz: Horst Wetzlar; Weihnachtliche Musik aus der Schlosskirche in Bonn, s.o. 1. Musik,

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