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Das Geistliche Wort | 08.03.2015 | 08:40 Uhr

"Die Weibliche Seite Gottes"

Guten Morgen!

Nein, ein christlicher Feiertag ist der heutige Weltfrauentag wahrlich nicht. Am 8. März sind es daher wohl eher die politischen Organisationen, die sich jährlich vor allem an das Erbe der Sozialdemokratinnen Clara Zetkin und Käte Duncker erinnern. Bereits um die Jahrhundertwende machten sie sich als Politikerinnen in Deutschland für die Gleichberechtigung und das Wahlrecht der Frauen stark. Die 1857 in Wiederau geborene Clara Zetkin scheute sich dabei nicht, ihre männlichen Zeitgenossen in der Gesellschaft und vor allem in der eigenen Partei herauszufordern:

Sprecherin:

„In der Theorie sind die Genossinnen schon gleichberechtigt, in der Praxis aber hängt der Philisterzopf den männlichen Genossen noch ebenso im Nacken wie dem ersten besten Spießbürger.“

Beliebt machte sie sich mit solchen für damalige Verhältnisse provokanten Aussagen erst einmal nicht. Deshalb sprach sie gerade den Frauen ihrer Zeit Mut zu, stark zu bleiben und weiter für ihre Rechte zu kämpfen.

Sprecherin:

„Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: Erst recht!“

Die Geschichte gab Frauen wie Clara Zetkin Recht. Das Rollenbild der Geschlechter in der deutschen Gesellschaft wandelte sich langsam, aber dann doch zum Positiven und es wäre zu wünschen, dass das Erbe dieser beiden deutschen Frauenrechtlerinnen bald auch in vielen anderen Ländern auf dieser Welt auf fruchtbaren Boden fallen würde.

Musik I

Für mich persönlich ist dieser 8. März – also der Internationale Weltfrauentag – eine Einladung, einmal an überzeugende Frauen im Christentum zu erinnern, die sich im Laufe der Jahrhunderte für ähnliche Anliegen in ihrer Kirche stark gemacht haben. Unter ihnen gibt es ja viele, die schon lange als Heilige verehrt werden, ja, die sogar von oberster Stelle als Kirchenlehrerinnen anerkannt sind oder auch heute noch durch ihre fundierte Theologie auf sich aufmerksam machen. Es sind viele Frauen, sehr viele, die sich auf diesem Gebiet einen Namen gemacht haben und so mag ich hier nur ein paar von ihnen zu Wort kommen lassen.

Da ist beispielsweise die 1347 geborene Katharina von Siena. Ohne Zweifel liebte sie die Kirche. Das hielt sie aber nicht davon ab, mit scharfen Worten den damaligen Papst Gregor XI auf manche kirchlichen Missstände hinzuweisen.

Sprecherin:

„Zunächst sollen Sie im Garten der heiligen Kirche, dessen Hüter Sie sind, die stinkenden Blumen ausrotten, die voll Schmutz und Gier und vom Stolz aufgebläht sind. Das sind die schlechten Hirten und Hüter, die diesen Garten verpesten und ihn verfallen lassen. Um Gottes willen, gebrauchen Sie Ihre Macht, reißen Sie diese Blumen aus und werfen Sie sie hinaus […].Pflanzen Sie wohlriechende Blumen hinein, Hirten und Regenten, die wahre Diener des Gekreuzigten sind […] und wahre Väter der Armen.“

Gewiss, um die Rechte der Frauen in der Kirche ging es Katharina nicht. Dennoch sind es harte Worte in diesem Brief an den Papst; verfasst von einer Frau, die vermutlich selbst nicht lesen und schreiben konnte, getrieben aber von einer leidenschaftlichen Liebe zur Kirche und der brennenden Sorge um die Pastoral ihrer Zeit. Darf man denn so über „Hirten und Verwalter“ der Kirche reden? Darf sich eine Frau in dieser Weise beim Papst über kirchliche Würdenträger äußern? Katharina von Siena, die heute in der katholischen Kirche als große Heilige gefeiert und als Kirchenlehrerin geachtet wird, hat es gewagt und sollte – davon bin ich überzeugt – christliche Frauen auch unserer Tage Mut machen, sich zu kirchlichen Themen zu äußern. Diese Ermutigung finde ich übrigens auch wieder, in einem Schreiben von Papst Franziskus. Darin schreibt er unter anderem:

Sprecher:

„Ich sehe mit Freude, wie viele Frauen pastorale Verantwortungen gemeinsam mit den Priestern ausüben, ihren Beitrag zur Begleitung von Einzelnen, von Familien oder Gruppen leisten und neue Anstöße zur theologischen Reflexion geben. Doch müssen die Räume für eine wirksamere weibliche Gegenwart in der Kirche noch erweitert werden.“

Musik II

2015 feiern Christen weltweit den 500. Geburtstag von Teresa von Avila, ebenfalls eine große Heilige der Christenheit, die von sich selbst sagte, sie sei ein „ein Weib – und obendrein kein gutes“ . Das Anliegen dieser spanischen Ordensfrau, ihre eigene Ordensgemeinschaft zu erneuern, stieß sowohl bei ihren eigenen Schwestern, als auch und vor allem bei den kirchlichen Obrigkeiten ihrer Zeit auf schwersten Wiederstand. Ihr Leiden und wohl auch ihre Enttäuschung darüber brachte Teresa, in folgendem Gebet zum Ausdruck:

Sprecherin:

„Herr meiner Seele! Als Du noch in dieser Welt wandeltest, hast Du den Frauen immer deine besondere Zuneigung bewiesen. Fandest Du doch in ihnen nicht weniger Liebe und Glauben als bei den Männern. […] Die Welt irrt, wenn sie von uns verlangt, dass wir nicht öffentlich für Dich wirken dürfen, noch Wahrheiten aussprechen, um deretwillen wir im Geheimen weinen, und dass Du, Herr, unsere gerechten Bitten nicht erhören würdest. Ich glaube das nicht, Herr … Ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt.“

Gerade dieser letzte Satz hat es in sich: „Ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt.“ – Teresa, die große Heilige, die viel verehrte Reformerin des Karmel. Ich frage mich: Was würde sie heute – 500 Jahre später – zu diesem Thema „Frau und Kirche“ sagen? Ob sie sich von Papst Franziskus verstanden fühlen würde, wenn sie hätte hören können, was er in einem aufsehenerregenden Interview meinte:

Sprecher:

„Die Kirche kann nicht sie selbst sein ohne Frauen und deren Rolle. Die Frau ist für die Kirche unabdingbar. Maria – eine Frau – ist wichtiger als die Bischöfe. Ich sage das, denn man darf Funktion und Würde nicht verwechseln. Man muss daher die Vorstellung der Frau in der Kirche vertiefen. Man muss noch mehr über eine gründliche Theologie der Frau arbeiten. Nur wenn man diesen Weg geht, kann man besser über die Funktion der Frau im Inneren der Kirche nachdenken.“

Musik III

Auch die 1891 in Breslau geborene Edith Stein war auf der Suche nach einem neuen Frauenbild. Nachdem sie sich als geborene Jüdin am 1. Januar 1922 in Bad Bergzabern taufen ließ, war sie acht Jahre im Dominikanerinnenkloster St. Magdalena in der Mädchenbildung als Lehrerin und Pädagogin tätig. Die Menschen, die ihr begegneten, waren von der Weite ihres Geistes und Herzens zutiefst beeindruckt. Sie war gelehrige Konvertitin und unermüdliche Beterin, sie war Lehrerin und Wissenschaftlerin, sie war Philosophin und Mystikerin. Als Ordensfrau war sie aber eben auch Frauenrechtlerin und gefeierte Rednerin für ein neues Frauenbild. An die Frauen gewandt, meinte sie einmal:

Sprecherin:

„Die Kirche braucht uns, das heißt der Herr braucht uns. Nicht als ob er ohne uns nicht fertig werden könnte. Aber er hat uns die Gnade geschenkt, uns zu Gliedern seines mystischen Leibes zu machen und will uns als seine lebendigen Glieder gebrauchen.“

Ich entdecke im Leben und Wirken Edith Steins Spuren des Lebensweges Jesu und mir fällt ein, worauf Papst Franziskus einmal hingewiesen hat:

Sprecher:

„Der weibliche Genius ist nötig an den Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden. Die Herausforderung heute ist: reflektieren über den spezifischen Platz der Frau gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird.“

Heute, am Weltfrauentag 2015, frage ich mich: wann werden die Stimmen der großen Frauengestalten der Geschichte gehört? Wo nehmen wir als Kirche die Einladung von Papst Franziskus ernst, der uns dazu auffordert, dass „die Räume einer einschneidenden weiblichen Präsenz in der Kirche“ weiter werden müssen?

Eines wird doch schon bei einem ersten Blick in die vier Evangelien sehr deutlich: ohne die Frauen ist keine Kirche zu machen! So steht bereits am Anfang des Lukasevangeliums eine Frau, nämlich Maria. Sie sagt ja zu dem, was sie als Gottes Auftrag für sich und ihr Leben verstanden hat. Ohne das Ja dieser Frau wäre Gottes Plan, einer von uns zu werden, erst einmal nicht gelungen. Diese Maria war eine gestandene Frau. Ihr Leben war kein Spaziergang. Man stelle sich das doch einfach einmal konkret vor: eine junge Frau wird schwanger. Sie steht gleich unter Verdacht vor der Ehe fremdgegangen zu sein und dann soll dieses Kind auch noch der Sohn Gottes sein? Nein, für mich war Marias Leben nicht in zarten Pastelltönen gezeichnet, sondern in starken, kontrastreichen Farben – bunt und kontrastreich! Genau wie es heute bei vielen jungen Menschen der Fall ist.

Auch am Ende des Lebens Jesu sind es wieder die Frauen, die unter dem Kreuz ausharren. Bis auf Johannes, dem Lieblingsjünger, sind alle anderen seiner Freunde geflüchtet. Nicht zu vergessen: Die Auferstehung ist zuerst den Frauen anvertraut worden; eine von ihnen ist Maria von Magdala. Sie gehört zu jenen Frauen, die Jesus nachfolgten und für ihn und die Jünger sorgten. Von allen vier Evangelisten wird Maria von Magdala als Zeugin der Auferstehung Jesu benannt. Wohl deshalb scheut sich Hippolyt von Rom nicht, sie schon im 3. Jahrhundert als „Apostola apostolorum“ also als „Apostelin der Apostel“ zu bezeichnen. Ich bin überzeugt: Wer über das Christentum von heute ernsthaft sprechen möchte, kommt um die Frauenfrage nicht herum. Denn tatsächlich sind es ja auch heute noch überwiegend Frauen, im Kindergarten, im Religionsunterricht, in der Katechese, die Kindern den Glauben oft als erste vermitteln.

Musik IV

Nein, ein christlicher Feiertag ist der heutige Weltfrauentag wahrlich nicht. Trotzdem meine ich, dass er eine gute Gelegenheit bietet einmal mehr neu über die Rolle der Frau in der Kirche nachzudenken.

Pater Norbert Cuypers, St. Augustin

http://www.jusos-dithmarschen.de/index.php?mod=content&menu=25&page_id=7535; aufgerufen am 29.1.2015.

http://gutenberg.spiegel.de/buch/clara-zetkin-essays-318/2; aufgerufen am 29.1.2015.

http://www.kath-info.de/zitate.html; aufgerufen am 29.1.2015.

Papst Franziskus: Apostolisches Schreiben „Evangelii Gaudium“, Nr. 103.

http://www.praedica.de/Heilige-Feste/1015_Teresa_Avila.htm; aufgerufen am 29.1.2015.

G. u. T. Satory (Hrsg), : „Texte zum Nachdenken: Teresa von Avila“, Herderbücherei 1984, Band 920, Seite 34.

Antonio Spadaro SJ: „Das Interview mit Papst Franziskus“, Herder Verlag 2013, S. 56.

„Edith Stein, Keine Frau ist ja nur Frau“: Hrsg. und. eingeleitet von Hanna-Barbara Gerl, Herder Verlag 1989.

Antonio Spadaro SJ: „Das Interview mit Papst Franziskus“, Herder Verlag 2013, S. 56.

http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Magdalena; aufgerufen am 29.1.2015.

Copyright Vorschaubild: Public Domain Pixabay

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