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Zwischen Himmel und Erde

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katholisch

Das Geistliche Wort | 14.05.2015 | 08:40 Uhr

Zwischen Himmel und Erde

Herzlich willkommen, heute Morgen am Fest Christi Himmelfahrt!

Er wurde schon oft beschrieben und besungen: der Traum vom Fliegen. Ich träume auch hin und wieder davon – nachts, wenn ich schlafe: Ich schwebe dann hoch über der Erde, über grünen Wiesen und dunklen Wäldern, völlig schwerelos. Ohne irgendwelche Hilfsmittel lasse ich mich tragen und fühle mich frei und glücklich. Das tut so gut, im Traum: dieses Schweben zwischen Himmel und Erde – losgelöst vom Erdboden, und dem Himmel ganz nah.

Der Himmel fasziniert mich aber auch, wenn ich wach bin: Ich genieße das satte Himmelblau an schönen Sommertagen. Und in mancher sternklaren Nacht schaue ich lange nachdenklich nach oben, sehe die zahllosen Sterne, und versuche, mir das unendliche Universum vorzustellen.

Musik 1

Irgendwo da oben wohnt der liebe Gott – das stellen sich zumindest kleine Kinder so vor. Wenn meine Söhne früher wissen wollten: „Wo ist denn der Gott?“, erhielten sie die Antwort: „Im Himmel“. Für die Kinder war der Himmel dieses unendliche Blau, die Höhe und Weite. Aber gemeint war damit natürlich nicht ein erreichbarer Ort im Universum. Das Deutsche kennt für den Begriff „Himmel“ zwei Bedeutungen. In der englischen Sprache ist das einfacher: Dort gibt es verschiedene Ausdrücke für Himmel. Einmal das Wort „sky“; damit ist der sichtbare, blaue Himmel, das Firmament gemeint. Und dann der Begriff „heaven“; das meint einen Zustand, einen Ort im übertragenen Sinn; eine andere Form der Existenz. Der Himmel eben, in dem Gott wohnt. Und in dem nach christlicher Vorstellung die Verstorbenen auf ewig leben. Manche Menschen sprechen sogar vom siebten Himmel indem sie schweben; damit meinen sie den Ort, in dem die Sehnsucht nach Glück, nach Frieden für immer erfüllt ist.

Dieser Himmel ist noch sehr weit weg – das hoffe ich jedenfalls für mich persönlich. Ich möchte noch viele Jahre hier auf der Erde verbringen. Und trotzdem sehne ich mich nach himmlischen Momenten, auch hier, mitten im Leben. Ich will das schon jetzt spüren, wenigstens hin und wieder, was mich im Himmel – hoffentlich – irgendwann einmal erwartet: Freundliche Menschen, die sich ohne Vorbehalt gegenseitig annehmen, die einfach Freude am Leben haben; und das Glücksgefühl, im siebten Himmel zu schweben. Aber Himmel und Erde gleichzeitig erleben – geht das?

Musik 2

Von Himmel und Erde spricht auch die Bibel auf ihren ersten Seiten; dort wo es um den Anfang geht, um die Entstehung der Welt und die Erschaffung des Menschen. In einer der beiden Anfangserzählungen erschafft Gott den Menschen quasi zwischen Himmel und Erde: Gott formt den Menschen nämlich aus Erde; ein Wortspiel in der Sprache des Alten Testaments unterstreicht noch die enge Verbindung von Mensch und Erde: Der Name „Adam“ für den ersten Menschen ist abgeleitet aus dem hebräischen Wort für „Erde“. Der Mensch ist sozusagen ein „Erdling“, also eng mit der Erde verbunden und auf sie angewiesen. Jetzt im Frühjahr spüre ich das übrigens besonders: Wenn ich im Garten mit lehmverschmierten Händen unser Gemüsebeet bearbeite, rieche ich gerne mal an der Erde und atme den Geruch tief ein. – Lebendig wird der Mensch in der Bibel erst dadurch, dass Gott ihm Lebensatem in die Nase bläst. Er belebt den Menschen also mit seinem göttlichen Atem. – Diese biblische Erzählung ist nicht historisch zu verstehen; sie zeigt vielmehr, was das Wesen des Menschen nach jüdisch-christlicher Vorstellung ausmacht: Der Mensch gehört zur Erde, von der er als Lehm genommen ist, und er gehört zu Gott, von dem er seinen Lebensatem hat. Und wie der Lehm irdisch ist, so ist der Atem Gottes himmlisch. Im Menschen sind vereint: Himmel und Erde.

Musik 3

Heute feiert die Kirche Christi Himmelfahrt. Und da geht es auch um die Verbindung zwischen Erde und Himmel. Die Kirche denkt daran, dass Jesus auch ein Erdling war, mit beiden Beinen fest auf der Erde stand, wo er gelebt und gehandelt hat. Dieser Jesus wurde am Ende von Gott, seinem Vater in den Himmel aufgenommen.

Die Bibel erzählt zunächst: Jesus wurde am Kreuz hingerichtet. Dann, am Ostertag und in der Zeit danach, ist er seinen Freunden und Freundinnen einige Male erschienen; sie haben erfahren: Jesus lebt, er ist nicht tot; sie spüren, dass er weiterhin bei ihnen ist, allerdings ganz anders als vorher.

Die Freunde verstanden erst nach und nach: Gott hatte seinen Sohn Jesus Christus von den Toten auferweckt. Schon zu seinen Lebzeiten hatten die Menschen um ihn herum immer wieder erfahren: Jesus war nicht nur Mensch, sondern auch Gott; er handelte mit göttlicher Vollmacht; in ihm kamen Himmel und Erde so zusammen, dass der Himmel schon auf Erden erfahrbar wurde.

Von der Himmelfahrt berichten die Bibeltexte, dass er mit seinen Freunden nach der Auferstehung zusammen war und sie bestärkte. Es heißt:

Sprecherin:

Jesus wurde vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.

Auch dies ist kein historischer Bericht; Jesus ist sicherlich nicht wie eine Rakete in den Himmel gestartet. Der Verfasser greift eine sogenannte „Entrückungserzählung“ auf, wie es sie damals in anderen Kulturen auch schon gab. Solche Erzählungen sind symbolisch zu verstehen und sagen: Die betreffende Person befindet sich jetzt in der göttlichen Welt und ist damit unsterblich. Genau das sollte eben auch für Jesus Christus gelten. Jesus ist nun bei Gott, er ist sozusagen in seiner Heimat, im Himmel, angekommen. Nach seinem qualvollen Tod hat Gott ihn auferweckt und zu sich in den Himmel aufgenommen. Das bestätigt auch die Wolke, die ihn aufnahm; sie steht in der Bibel oft als Symbol für Gott selbst.

Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Aber ich verbinde mit dieser Vorstellung von der Himmelfahrt Jesu etwas, das mich dem Himmel näher bringt: Weil Jesus Christus, als erster Erdling beim Vater im Himmel ist, deshalb bin ich – ebenfalls als Erdling – fest überzeugt: Jeder Mensch, der auf diesen Christus vertraut, der hat auch eine Heimat im Himmel. Wer an ihn glaubt, wird nach dem Tod auferstehen und im Himmel ewig leben. Und das gemeinsam mit Christus, mit Gott, mit allen Menschen, die uns umgeben, und mit der ganzen Schöpfung. Weil ich diese Perspektive habe, fühle ich mich manchmal dem Himmel nah – auch wenn ich mit beiden Füßen auf der Erde stehe.

In der Erzählung von der Himmelfahrt heißt es dann weiter:

Sprecherin:

Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.

Mit anderen Worten: Die Jünger und Jüngerinnen können es nicht fassen; sie verstehen wohl nicht, was sie da erleben. Sie starren in den Himmel, stehen da wahrscheinlich regungslos und mit offenem Mund. Und jetzt? Was sollen sie jetzt tun? Was wird aus der Sache Jesu, aus ihrer Gemeinschaft? Wird Jesus vom Himmel aus sein Werk weiterführen?

Die beiden Engel in der Szene helfen den Jüngern in ihrer Ratlosigkeit weiter; allerdings nicht, wie man erwarten könnte, mit einer wohlmeinenden Erklärung. Nein, sie müssen sich einen Vorwurf anhören: Was steht ihr da rum und guckt in den Himmel? Dieser Jesus kommt wieder, am Ende der Zeiten. – Sie hätten auch noch sagen können: Steht nicht da und wartet darauf, dass Jesus zurückkehrt, darauf dass der Himmel zu euch kommt. Tut etwas, bewegt euch! Tut das, was Jesus euch gesagt hat: Geht zu den Menschen und verkündet seine frohe Botschaft! Und macht sie gesund und glücklich! Dann entsteht ein Stück Himmel auf Erden!

Musik 4

Dass ein Stück Himmel auf Erden entsteht, dazu hatte Jesus seine Jünger ermahnt. Aber gibt es das denn, den Himmel auf Erden erleben? Gut – gelegentlich erfahre ich das. Meist jedoch sehe ich – bildlich gesprochen – im täglichen Alltag viel Erde und wenig Himmel:

- Wenn ich zum Beispiel meine Söhne ständig nötigen muss, Vokabeln zu lernen;

- wenn nahe Angehörige schwer krank sind;

- wenn manche Kollegen und Gemeindemitglieder mir so unendlich träge erscheinen;

- wenn meine Arbeit nicht geschätzt wird.

Ich weiß: Es gibt viele Menschen, die noch erheblich mehr Erde und noch weniger Himmel erleben: Diejenigen, die verfolgt und sogar getötet werden; die arbeitslos sind, die einen lieben Menschen verloren haben, deren Partnerschaft in die Brüche geht. Wenn ich an solche Schicksale denke, dann schäme ich mich schon fast wegen meiner erdenschweren Sicht. Ich erwische mich dabei:

Wenn ich nur Erde fühle, schaue ich manchmal tatenlos zum Himmel, so wie die Jünger, und warte darauf, dass etwas passiert. Dann muss ich mir, ebenso wie die Jünger, sagen lassen: Was stehst du da? Dieser Jesus, an den du glaubst, hat dir den Himmel versprochen; nach deinem Tod und auch schon hier auf der Erde. Mach die Augen auf! Dann siehst du den Himmel und spürst das Glück, wenigstens hin und wieder.

Ein Musikvideo der Gruppe Silbermond hat für mich genau das eingefangen, was solch ein Glück ausmacht. Da antworten Jugendliche und Erwachsene auf die Frage „was macht dich glücklich?“ Sie sagen:

Sprecherin:

Glück ist was Gutes

Balance zwischen Kopf und Bauch

wenn man frei ist

wenn die Sonne scheint

dass man das Lachen nicht verliert

wenn man zufrieden mit sich selber ist

Wenn man die Augen aufmacht

Frieden auf der Welt

wenn man sich wünscht den Moment festhalten zu können

morgens nach dem Aufwachen – neben ihm

Glück hängt nicht vom Geld ab

Eine ordentliche Arbeitsstelle

Wenn man seine Rechnung bezahlen kann

wenn Kinder mich anlachen

Einen besten Freund zu haben

Wissen, dass ich gebraucht werde

Kommt von ganz unten hoch und dann ist das so ein Jubeln

Wenn mein Herz lacht

Glück ist leben

Musik 5: Silbermond, Himmel auf

Leben, wenn der Himmel aufreißt, oder auch: glücklich sein zwischen Himmel und Erde, das bedeutet für mich: Es gibt noch eine andere Wirklichkeit als die von Geld, Macht und Prestige. Ich muss nicht den Himmel stürmen, um wertvoll zu sein. Ich glaube, dass die Botschaft Jesu von Liebe, Gerechtigkeit und Frieden den Menschen gut tut. Ich bin davon überzeugt, dass Gott für jeden und jede von uns den Himmel, also das Glück will. Und deshalb können wir zwischen Himmel und Erde leben – auch wenn das freie Schweben hoch am Himmel ein Traum bleibt. Jeder Mensch trägt doch schon ein Stück Himmel in sich – genau so, wie sich in jedem Augapfel der Himmel spiegelt.

Einen himmlischen Feiertag heute wünscht Ihnen aus Essen

Pastoralreferent Martin Dautzenberg

* Vgl. das Musikvideo „Himmel auf“, abgerufen am 29. April 2015 um 13.45 Uhr unter http://www.silbermond.de/index_page.php#/music/video/

Copyright Vorschaubild: Public Domain Pixabay

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