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Das Geistliche Wort | 13.03.2016 | 08:35 Uhr

„Frühjahrsputz für die Seele“

Guten Morgen!

Heute ist ja Sonntag. Und am Sonntag soll man keine Knechtsarbeit machen, das wird jedenfalls bei mir im Kloster immer wieder betont – vor allem in Hinblick auf das Putzen. Ich gehöre zu den Arenberger Dominikanerinnen und lebe seit sieben Jahren im Kloster.

Gerade meine älteren Mitschwestern bestehen auf das Arbeitsverbot am Sonntag, wenn es um das Putzen geht. Das hängt wohl damit zusammen, dass in der Zeit, in der die meisten meiner Mitschwestern jung waren, das Putzen noch eine echte Knochenarbeit war, so ohne Staubsauger, Waschmaschine und praktischen Putzmop. Zum Glück ist das heute anders – aber der Vorbehalt gegen das Putzen als Knechtsarbeit, der gilt bis heute; genauso wie die Vorstellung:

In Frauenklöstern ist es immer extrem sauber und ordentlich. Wo das genau herkommt, weiß ich nicht. Vielleicht sind Frauen ja insgesamt mehr aufs Putzen bedacht? Vielleicht liegt es aber auch einfach an der Pflege alltäglicher Dinge, die sich langfristig auszahlt.

Von der Gründerin meiner Gemeinschaft – Sr. Cherubine Willimann – ist z.B. überliefert, dass sie mal eine Schwester rügte, die bei Regen ohne Schirm unterwegs war. Sie schone ihre Kleider nicht, das sei gegen die Armut. Das leuchtet irgendwie ein.

Musik I

Sich um die alltäglichen Dinge zu kümmern, zahlt sich langfristig aus. Und so verstehe ich auch das ganze Putzen, Reinigen, Pflegen und Wischen bei mir und meinen Mitschwestern im Kloster: Wir kümmern uns um die Sachen, die wir haben und gucken, dass sie möglichst lange halten. Wahrscheinlich habe ich deswegen noch eine senfgelbe Schreibtischlampe aus den 70er Jahren. Sie funktioniert ja noch – das reicht.

Obwohl: 70er Jahre-Style ist doch wieder voll im Trend. Aber es geht beim pfleglichen Umgang eigentlich um mehr: Wir kaufen gute Sachen ein, die durchaus etwas teurer sind und pflegen sie, damit sie möglichst lange halten. Das ist am Ende günstiger als Billigwaren zu kaufen, die schnell kaputt gehen. So sparen wir nicht nur Ressourcen, sondern schonen auch die Umwelt. Ganz zu schweigen von den Menschen, die Sachen produzieren müssen zu ungerechten Dumpinglöhnen. Diese Art von Wegwerfmentalität mag ich nicht. Umgekehrt ist das Pflegen und Bewahren und sei es nur durch das regelmäßige Putzen eine wirklich gute Sache.

Allerdings: Sonntags putze ich wirklich nie. Und habe es auch noch nie gemacht, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Denn und da haben meine älteren Schwestern im Kloster wirklich recht: Der Sonntag ist auf jeden Fall für andere Sachen da. Er ist ein Tag der Ruhe! Und der Dreck, der bleibt ja auch noch bis Montag und mit den Flusen kann ich mich zur Not arrangieren.

Musik II

In der Werbung wird einem eingeredet, wie wichtig es ist, alles immer total sauber zu haben. Alles muss tippitoppi sein. Allerdings eher aus anderen Gründen als bei uns im Kloster, wo es darum geht, dass die Sachen lange halten. Die Werbung suggeriert eine Angst vor Bakterien und Keimen, die letztlich die Gesundheit gefährden können: Wer nicht ein Putzmittel benutzt, das alle Bakterien sofort eliminiert, wird wahrscheinlich morgen krank. Oder bekommt eine fiese Allergie. Daher gilt: Müllbeutel müssen auf jeden Fall antibakteriell sein und die Wäsche nicht nur sauber, sondern rein. Eine Hygieneformel ist beim Waschmittel eigentlich auch schon Pflicht, will man der Werbung Glauben schenken.

Ich frage mich: Woher kommt eigentlich dieser Wahn nach äußerer Reinheit? Paradoxerweise steigen ja die Infektionserkrankungen, je sauberer es ist. Viele Menschen entwickeln gar keine Antikörper mehr aus Mangel an normaler Verschmutzung.

Mir kommt es außerdem manchmal so vor, dass äußere Reinheit ablenkt von innerer Befindlichkeit. Äußerlich mag alles tippitoppi sein, sauber, aufgeräumt – aber wie sieht es denn in der Seele eines Menschen aus? Glänzt da auch alles vor porentiefer Reinheit?

Was habe ich davon, wenn in meinem Zimmer alles glänzt, es aber in mir staubig ist? Ich glaube, die Bakterien und der Staub schaden mir weniger, als mein inneres Chaos.

Der Blick sollte also mehr nach innen gehen und sich nicht bei Äußerlichkeiten aufhalten. So verstehe ich jedenfalls den Hinweis im Alten Testament, wo Gott den Propheten Samuel mahnt in Bezug auf die Beurteilung eines Menschen (1 Sam 16,7): „Sieh nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt, denn ich habe ihn verworfen; Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.“

Für mich bedeutet das: Ich darf also lieber einmal den Staub in meinem Zimmer Staub sein lassen. Stattdessen nutze ich dann die Zeit und gucke in mir selber nach: Ist da eigentlich alles in Ordnung? Sind da die Dinge an Ort und Stelle?

Zeit dafür finde ich am Sonntag. Das ist ein super Tag, weil er ja Ruhetag ist, und das kommt meinem inneren Fragen und Suchen sehr entgegen. Ich habe das Gefühl, dass ich mir immer wieder mal folgende Fragen stellen sollte, weil sie mir guttun: Bin ich eigentlich froh? Wie denke ich über die Leute, mit denen ich immer wieder zu tun habe? Und wie rede ich über sie? Was beschäftigt mich gerade?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese ehrliche Selbstbefragung nicht nur gut tut, sondern auch Auswirkungen hat auf die Menschen um mich herum: Wenn ich dann fröhlicher und ausgeglichener bin, kann das andere anstecken. Wenn ich dann weiß, warum mich jemand oder etwas gerade so nervt, kann ich darauf reagieren und dem, der mich nervt wohlwollender begegnen. Letztlich macht mich so eine kritische Selbstbefragung offener für andere Leute.

Musik III

Wenn ich besser Bescheid weiß um mich, dann hat das Konsequenzen im Umgang mit den Menschen um mich herum. Auch da darf ich nicht beim äußeren Schein stehen bleiben. Mich erinnert das stark an das Verhalten Jesu von Nazareth. Bei ihm kommt es auch nicht auf den äußeren Schein an. Ihm geht es eigentlich immer um das Innere der Menschen. Ganz egal, wer der Mensch ist, mit dem er gerade zu tun hat, ob Zöllner, Ehebrecherin oder Schriftgelehrter. Manchmal lädt er sich selber bei jemandem ein, drängt sich förmlich auf. Zu Zachäus, dem Zöllner, sagt er: „Heute muss ich in deinem Haus zu Gast sein.“

Weil es Jesus also offenbar wirklich auf das ankommt, was in einem Menschen drin ist, versuche ich, es auch so zu machen.

Egal, wie jemand gekleidet ist, ob er schmutzig ist oder sauber, offensichtlich einen Migrationshintergrund hat oder nicht. Davon will ich mich nicht beeindrucken lassen, sondern frage mich: was für ein Mensch steckt dahinter? Was sind seine Geschichten, seine Fragen, seine Sorgen und Nöte? Es ist nicht einfach, einem anderen Menschen gerecht zu werden. Aber von Äußerlichkeiten will ich mich nicht beeinflussen lassen, wenn es darum geht, einem anderen Menschen offen zu begegnen. Allerdings finde ich das ziemlich schwer, daher versuche ich mir auch selber Rechenschaft zugeben, eben bei meinem Blick ins eigene ich, um innerlich Ordnung zu schaffen. Deshalb habe ich mir bestimmte Rituale angewöhnt. Jeden Abend gucke ich mir meinen Tag an. Stunde für Stunde gehe ich den Tag durch und schaue, was los war. Wer mir da begegnet ist? Was war gut? Was war nicht so gut?

Schließlich wende ich mich bewusst Gott zu und danke für all diese Begegnungen. Einem anderen Menschen nachzudenken, heißt immer auch ihn wertzuschätzen. Und dieses Nachdenken verändert mich. So habe ich dann vor dem Schlafengehen ein bisschen Ordnung gemacht in mir selber und die Dinge an ihren Platz gerückt.

Musik IV

Im Nachdenken über den anderen sich selber besser verstehen, das nehme ich mit wenn ich abends vor dem Schlafengehen meinen Tag Revue passieren lasse. Ungefähr alle zwei Monate nehme ich mir sogar einen ganzen Tag frei, für solches Innehalten und Aufräumen meiner Seele. Dazu fahre ich extra in ein anderes Kloster und komme nicht in die Versuchung, doch noch eben dieses oder jenes zu tun. Wichtig dabei: Ich schalte mein Handy aus und bin nicht im Internet, bin den ganzen Tag sozusagen offline. Und was dann bleibt, sind Zeit und Stille. Das ganz große Aufräumen findet dann einmal im Jahr statt. Da gehe ich in Exerzitien. Diese Woche ist für mich so etwas wie eine Fastenkur für die Seele: Also sieben Tage schweigen, vier Stunden am Tag über eine Bibelstelle meditieren, Spazieren gehen, ausreichend schlafen. Da gibt es dann echt nichts anderes mehr als das Gebet. Da komme ich mir manchmal so vor, als würde in mir nicht nur ziemlich ordentlich geputzt, sondern gleich noch generalsaniert. Auf jeden Fall sind die Dinge am Ende irgendwie klarer. Aufgeräumt eben. Nach dieser Woche geht`s neu weiter. Ich habe dann einen Blick auf das, was bei mir neu oder anders werden soll eine und einen neuen Blick auf die Menschen, die mich umgeben.

Warum das alles so wichtig ist?

Solche Auszeiten – ob am Sonntag, jeden Abend, alle zwei Monate einen Tag weg zu sein oder sich Exerzitien zu gönnen, können helfen, immer mehr und immer besser zu erkennen, dass ich nicht alleine in der Welt bin und dass ich selbst nicht das Maß der Dinge bin. Mein Handeln hat Auswirkungen auf alle und alles. Und wenn ich will, dass es nicht nur mir gut geht, dann komme ich ja nicht drum herum, auch bewusst auf die anderen zu achten.

Ich halte es da mit dem deutschen Komiker Karl Valentin, der sagt: „Heute mache ich mir eine Freude und besuche mich selbst.“ Ich besuche mich selber und gucke mal, was bei mir los ist und wie es um die Menschen steht, denen ich begegnet bin. Das tut auf jeden Fall gut.

Musik V

Von Herzen wünsche ich Ihnen einen schönen Tag mit sich selber und den Menschen, die an ihrer Seite sind, Ihre Sr. Kerstin-Marie aus Oberhausen

Copyright Vorschaubild: Public Domain Pixabay

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