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Kirche in WDR 5 | 11.02.2016 | 06:55 Uhr

Fluchttendenzen

Ein guter Freund unseres Klosters ist Bauer und Geflügelzuchtmeister. Sein Umgang mit der Schöpfung ist von einer tiefen Zuneigung geprägt. Neben der Bewirtschaftung seines Hofes brütet er in großen Brutschränken Fasaneneier aus, die ihm gebracht wurden. In der freien Natur hätten sie kaum eine Chance, zum Leben zu kommen. Als er einmal so circa fünfzig frisch geschlüpfte Fasanenküken im Stall unter einer Wärmelampe hatte, durften wir zuschauen. Er zeigte uns, wie von Geburt an bestimmte Instinkte mitgegeben sind, ohne dass sie den Küken irgendwie hätten beigebracht werden können. Sie kannten bisher schließlich nur den Brutschrank. Er bewegte ganz ruhig den Arm über den Küken und als sie den Schatten des Armes wahrnahmen, flüchteten sie, so schnell sie konnten, unter ein kleines Dach. Instinktiv wussten sie von der Bedrohung durch Raubvögel, vor denen sie sich in Sicherheit bringen mussten.

Beim Menschen spricht man zwar nicht vom Instinkt, aber auch der Mensch tut manches instinktiv, eben ohne verstandesmäßig abzuwägen aus einem Naturtrieb heraus. Wenn er etwas als Bedrohung erkannt hat, bringt er sich erstmal in Sicherheit, sucht ein schützendes Dach. Dabei wäre es doch sinnvoll, erst noch einmal genauer hinzuschauen, was denn für mich eine Bedrohung ist. Nicht alles, was mir Angst macht, ist schädlich für mich. Manches, was mir keine Angst macht, ist unter Umständen sehr viel schädlicher für mein Leben.

Im Buch Levitikus sagt Gott zu seinem Volk: wenn ihr euch nicht an das haltet, was ich euch zum Leben gesagt habe, dann – und so wörtliches Zitat:“ flieht ihr, selbst wenn euch niemand verfolgt“ (Lev 26,17). Das gibt es noch heute, hier und jetzt: dass jemand vor sich selber flieht, vor Bedrohungen, die gar keine sind, weil er vielleicht nicht den Mut hat, zu sich selbst zu stehen.

Immer wieder treffe ich bei Gesprächen, hier in unserem Kloster in Münster, auf Menschen, die im Grunde vor sich selbst auf der Flucht sind. Und in der Begegnung mit ihnen, versuche ich ihnen meist nur drei Worte Jesu aus der Bibel zu vermitteln: Fürchtet euch nicht! Immer wieder hat er sie gesagt. Und noch heute verfehlen sie nicht ihre Wirkung. Denn dieser Impuls, „Fürchte Dich nicht“, der lässt mich in der Fluchtbewegung erst mal anhalten. Plötzlich kann ich genauer hinschauen: Was ist denn da hinter mir her? Wovor laufe ich weg?

Genau das könnte auch eine Übung in dieser Fastenzeit sein: anzuhalten, wo ich mich auf der Flucht wahrnehme. Stehen zu bleiben, gut durchzuatmen und sich dann umzudrehen, um zu schauen, was da hinter mir her ist. Vielleicht sehe ich dann, dass es gar keine feindliche Macht ist, die mich verfolgt, sondern nur mein eigener Ehrgeiz, immer besser und mehr zu schaffen. Vielleicht ist es nur eine Form von Eitelkeit, die mich davor weglaufen lässt, wie ich wirklich bin. Vielleicht ist es meine Angst vor dem Alleinsein, die mich immerzu auf der Flucht in die Gesellschaft anderer hineintreibt. Vielleicht ist es auch die Angst, nicht zu schaffen, was ich schaffen müsste – doch wer sagt, dass ich es muss?

Es könnte eine Form von Askese sein, auf diese Flucht vor dem Leben zu verzichten und sich dem zu stellen, was jetzt dran ist. Zumindest anzuhalten, wenn ich es vielleicht auch noch nicht schaffe, alles anzuschauen. Fürchtet euch nicht! Denn der Gott, der mit uns auf dem Weg ist, bietet uns in jedem Augenblick das Leben an, selbst wenn wir es erst durch den Tod hindurch erkennen.

Der Schatten über uns, der uns manchmal in die Flucht treibt, muss keine Bedrohung sein. Manchmal sind die Dunkelheiten unseres Lebens nur die Schatten Seiner Hände.

Für heute wünscht Ihnen die Erfahrung, dass Sie sich unter diesem Schatten geborgen wissen, Sr. Ancilla Röttger aus Münster

Copyright Vorschaubild: Schatten Tasmo CCBY-SA 2.0 flickr

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