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Das Geistliche Wort | 08.05.2016 | 08:35 Uhr

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Gott will bei den Menschen wohnen

Guten Morgen!

„Hier stand einmal eine Loreto-Kapelle!“ Voller Stolz zeigte mir der Bauer den Ort, wo er auf seinem Hof den Standort der alten Kapelle vermutete. Sie war im 19. Jahrhundert abgerissen worden. Jetzt war hier nur einfaches Weideland zu sehen. Das ist nun schon bald 30 Jahre her. Ich war gerade zum Pfarrer in Marienloh ernannt worden, einem kleinen Dorf bei Paderborn, und wollte damals meine Pfarrei kennenlernen. Dass Marienloh ein kleiner Wallfahrtsort war, wusste ich – ich wusste auch um das Gnadenbild in der Pfarrkirche, aber Loreto? Davon hatte ich noch nie etwas gehört. Und eine Loreto-Kapelle, die kannte ich auch nicht, obwohl es von denen viele gibt und ich doch schon viele Jahre Priester war und es daher doch eigentlich hätte wissen müssen.

Musik 1

Loreto, Loreto-Kapelle, ich habe mich kundig gemacht worum es sich da handelt und so lernte ich die Geschichte des Heiligen Hauses von Nazareth kennen, dem Haus wo Maria gelebt haben soll – der Überlieferung nach!

Und Loreto-Kapellen, das sind Nachbildungen davon. Das Original allerdings befindet sich nicht mehr in Israel, in Nazareth, sondern in dem italienischen Ort an der Adria mit dem Namen Loreto. Vor einigen Jahren hatte ich das große Glück, diese Kapelle in Loreto selbst kennenzulernen. Sie ist überbaut von einer gewaltigen Basilika, quasi als eine Kirche in der Kirche. Außen ist die Kapelle mit weißem Marmor verkleidet, richtig prächtig. Innen dagegen handelt es sich um einen Bau aus einfachem dunkelroten Ziegelsteinen. Einige Fresken zieren die Wände und ein Tonnengewölbe schließt den Raum nach oben ab. Wie ein Blickfang steht an herausragender Stelle eine Marienfigur im Raum. Offenbar ist Loreto bis heute ein beliebter Wallfahrtsort. Dafür sprachen jedenfalls die vielen Pilger, die ich in Loreto antraf. Übrigens war Loreto in Italien sogar der größte marianische Wallfahrtsort der Welt bis ihm Lourdes in Frankreich den Rang ablief. Allein die vielen prominenten Besucher, die in der Vergangenheit Loreto besucht haben, zeigen seine Bedeutung durch die Jahrhunderte: Christoph Kolumbus gehört dazu, Wolfgang Amadeus Mozart, Maximilian Kolbe oder Therese von Lisieux, – nicht zu schweigen von Päpsten der jüngeren Kirchengeschichte wie Johannes XXIII., Johannes-Paul II. oder Benedikt XVI. Sie alle haben das Heilige Haus in der Wallfahrtskirche von Loreto durch ihre Anwesenheit geehrt.

Musik 2

Aber wie kommt das Haus der Heiligen Familie nun eigentlich nach Loreto? Jesus, Maria und Josef haben doch der biblischen Überlieferung nach in Nazareth gelebt, in Israel, im Heiligen Land und nicht in Italien! Dort in Nazareth wird zudem bis heute auch ein Rest des Hauses der Heiligen Familie gezeigt, jenes Haus, wo auch die Verkündigung an Maria stattgefunden haben soll. Und nun soll sich ein anderer Teil des Hauses in Italien befinden?

Die Antwort gibt wie so häufig eine Legende. Danach soll das Heilige Haus im Jahre 1291 von Engeln zunächst nach Illyrien gebracht worden sein, etwa dem heutigen Kroatien, dann aber, drei Jahre später nach Loreto transportiert worden sein. Bemerkenswert ist: 1291 – das Jahr in dem das Haus von Israel weggenommen wurde, war das Jahr, in dem die Kreuzfahrer den letzten Stützpunkt im Heiligen Land verlassen mussten, die Hafenstadt Acco, die gerade einmal 40 Kilometer von Nazareth entfernt liegt.

Beide Ereignisse, die Übertragung des Heiligen Hauses nach Europa und der endgültige Verlust des Heiligen Landes scheinen in einem gewissen Zusammenhang zu stehen. In jedem Fall aber stellt sich die Frage nach der Echtheit des Heiligen Hauses. Eine definitive Entscheidung der Kirche gibt es darüber nicht, wohl aber wird ein Wort Papst Julius II. aus dem Jahr 1507 überliefert: „In der Kirche von Loreto befindet sich nach weitverbreitetem Glauben das Zimmer oder das Brautgemach der Heiligen Jungfrau.“

Musik 3

Legende hin, Legende her. Wie nicht anders zu erwarten, suchen die meisten Menschen nach einer „vernünftigen“ Erklärung wie das Haus der Heiligen Familie von Israel nach Italien gekommen sei. Da gibt es zum Beispiel die Vorstellung, dass das Haus Stein für Stein abgebrochen worden sei und in Loreto wieder aufgebaut wurde. Es gibt sogar Argumente, die dafür sprechen. So werden in Nazareth in der Verkündigungskirche nur die Stirnseite des Heiligen Hauses gezeigt, eben jene Verkündigungsgrotte, in Loreto aber die übrigen drei Seiten. Und alle vier passen bestens zusammen. Außerdem hat man in Loreto am Heiligen Haus Inschriften gefunden, die Inschriften aus Nazareth ähnlich sind. Und schließlich sollen in den Vatikanischen Archiven Dokumente aufbewahrt werden, nach denen eine griechische Familie namens Angeli – zu Deutsch also Engel – die Steine des Heiligen Hauses nach Loreto gebracht habe. Wenn diese Nachricht stimmt, würde sich auch erklären, warum in der Legende von Engeln die Rede ist, die das Haus nach Loreto übertragen haben. Es wäre einfach nur die Familie Engel gemeint gewesen.

Für die allermeisten Besucher und Besucherinnen Loretos heute ist die Frage nach der Echtheit des Heiligen Hauses von nachgeordneter Bedeutung. Ähnlich wie bei anderen Reliquien, dem Heiligen Rock in Trier, dem Grabtuch von Turin oder den zahlreichen Kreuzpartikeln geht es in erster Linie nicht um die materielle Echtheit dieser Reliquie, sondern um ihre geistliche Bedeutung. So wird in Loreto nicht der tote Stein verehrt, sondern das Geheimnis der Menschwerdung Christi im Schoß seiner Mutter Maria, die bei der Verkündigung „Ja“ gesagt hat zum Plan Gottes, als Mensch in diese unsere Welt zu treten.

Musik 4

Wer heutzutage das Geheimnis der Verkündigung der Menschwerdung Gottes in unserer Welt im Haus der Heiligen Familie verehren will, muss sich nicht unbedingt auf den Weg nach Israel oder nach Italien machen, denn Nachbildungen der Loreto Kapelle, also des Heiligen Hauses, gibt es noch heute an vielen Orten. In Köln zum Beispiel gehört die berühmte Wallfahrtskirche Maria in der Kupfergasse dazu. Vor allem im 17. Jahrhundert, dem Zeitalter der Gegenreformation, brach geradezu ein Bauboom solcher Kapellen aus, vor allem in Österreich-Ungarn. Das Besondere an diesen Kapellen war und ist, dass sie sich ähneln wie ein Ei dem anderen. Manchmal haben die Bauherren dieser Kapellen extra Boten nach Loreto geschickt, die dort die Maße des Heiligen Hauses aufnehmen sollten, damit sie es wirklich genau nachbauen konnten. Der Sinn war klar: Im Zeitalter der Gegenreformation wollte die Katholische Kirche wieder Fuß fassen und sie fing es sehr geschickt an, indem sie den Menschen einfach etwas zu sehen gab, um sich die biblischen Geschichten besser vorstellen zu können. In dieser Zeit der Gegenreformation entstand der Barock und es wurden auch die meisten Loreto-Kapellen gebaut. Zu jeder von ihnen gehört eine Marienfigur, die durch ihr Kleid und aus der Ferne betrachtet meist die Form eines schlanken Dreiecks hat, wobei das Kind häufig aus dem Kleid der Muttergottes hervorlugt. Außerdem gehört dazu eine Verkündigungsgruppe – also der Engel Gabriel und Maria, der er die Botschaft von Gottes Menschwerdung bringt. Manche von den nachgebildeten Kapellen sind sehr berühmt, so etwa das Loretoheiligtum in Prag oder Salzburg.

Musik 5

Ich frage mich: Welchen Sinn kann eine Verehrung des Heiligen Hauses, also der Loreto-Kapelle heute noch haben? Für mich hängt das zusammen mit dem bedeutenden Geheimnis des christlichen Glaubens: Gott will zu den Menschen kommen in menschlicher Gestalt und spricht zu den Menschen. Und Maria war die Frau, die für sein Wort offen war. So konnte sie im Heiligen Haus die Botschaft des Engels nicht nur hören, d.h. diese Botschaft empfangen, sondern willigte ein das göttliche Wort, den Logos, auch als das göttliche Kind in ihrem Leib zu empfangen.

Manchmal denke ich: Maria hatte es doch vielleicht leichter als viele Menschen heute. Sie wurde nicht abgelenkt durch die vielen Stimmen, die einen fast ständig heute umgeben. „Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?“ heißt es in einem Text von Lothar Zenetti. „So viele Geräusche, welches ist wichtig? So viele Beweise, welcher ist richtig? So viele Reden!“ Die Strophe endet mit dem gewaltigen Satz: „Ein Wort ist wahr!“ Maria hat zu diesem einen Wort ihr „Ja“ gesprochen, obwohl sie die Konsequenzen, die sich daraus ergeben würden, nicht übersehen konnte. Braucht es nicht vielleicht mehr Menschen – auch und gerade heute in der Kirche –, die ein Ja zu etwas sagen, was sie nicht überschauen? Das klingt vielleicht naiv, aber für mich fängt genau da der Glaube an.

Ich bin davon überzeugt: Auch heute sind Menschen nötig, die die vielen Stimmen unserer Zeit unterscheiden können und die bereit sind, auf die eine göttliche Stimme beherzt mit „Ja“ zu antworten.

Der Wallfahrtsort Loreto in Italien und die vielen Nachbildungen des Heiligen Hauses, aber auch jedes Marienbild erinnern mich genau an diese Bereitschaft, „Ja“ zu sagen, auch wenn ich den Ausgang des Anrufes nicht kenne – so wie das Maria damals getan hat in ihrem Haus und auch nicht wusste, was schließlich auf sie zukam. Loreto ermutigt mich immer wieder, mein Ja zu zum Plan Gottes mit mir zu sprechen, wenn ich auch nicht weiß, wie das konkret enden wird.

Musik 6

Aus Paderborn Marienloh grüßt Sie herzlich Ihr Pfarrer Heinz-Josef Löckmann

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