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Das Geistliche Wort | 22.05.2016 | 08:35 Uhr

DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.

Haste was, dann biste was...

Autor: Guten Morgen! „Haste was, dann biste was…“ Kennen Sie noch diesen Spruch aus der Fernsehwerbung für Wertpapiere in den 60er-, 70er Jahren? „Haste was, dann biste was…“

Oder dieser damals auch gern gebrauchte Spruch fürs Poesiealbum: „Spare, lerne, leiste was, dann haste, biste, kannste was.“

Kürzlich stieß ich wieder einmal auf einen kurzen Abschnitt aus der Bibel, einen Text des Apostels Paulus. Der klingt ganz anders als die genannten Slogans.

Sprecherin: „Das sage ich aber, liebe Brüder und Schwestern: Die Zeit ist kurz. Fortan sollen auch die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine; und die weinen, als weinten sie nicht; und die sich freuen, als freuten sie sich nicht; und die kaufen, als behielten sie es nicht; und die diese Welt gebrauchen, als brauchten sie sie nicht. Denn das Wesen dieser Welt vergeht.“ (1. Korinther 7,29-31)

Musik 1: CD: Shine; Titel: Bubbles; Track Nr. 2; Komponist: Jacob Karlzon 3; Interpreten: Jacob Karlzon, Hans Anderson (Bass), Robert Mehmet Ikiz (Drums), ACT Music 2014; LC 07644; EAN 6 14427 95732 0

Autor: Haben, als hätte man nicht. Was soll denn das bedeuten? Gewohnt bin ich doch: Alle tun so, als hätten sie. Als hätten sie die super Idee. Als hätten sie das tolle Produkt. Als hätten sie den bahnbrechenden Einfall. Als hätten sie die Lösung. So viel Fassade. So viel Angeberei. So viele Ego-Shows. So wenig Nachdenklichkeit. So wenig Natürlichkeit. Jeder tut so, als hätte er. Nur was zur Schlagzeile wird, ist wichtig. Nur was es in die Nachrichten schafft, hat auch wirklich stattgefunden.

Und zugleich das Gefühl von Sinnlosigkeit, von Alleinsein, Übersehenwerden. Die Zeit ist kurz. Wer weiß, wie lange das alles noch geht. Klimakatastrophe, Terrorangst, Weltwirtschaftskrise, Flüchtlingsdramen… Wer hier am richtigen Nerv bohrt, hat schnell seine Lobby. Kann so tun, als hätte er. Aber hinter der Fassade? Unsicherheit. Flucht ins Grelle, Schreiende. Mit einem Schädel posieren am Hindukusch. Sich mit den Fans der Gegenmannschaft prügeln. Andere Ethnien, andere Religionen verachten. Hinter großen Tönen verstecken sich oft kleine Persönlichkeiten.

Sprecherin: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was Gott von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Micha 6,8)

Musik 2: CD: ad hoc; Titel: Tisane; Track Nr. 7; Komponist und Interpret: Dominic Miller; Q-rious Music 2014; LC 12228; EAN 4 260027 621275

Autor: So tun, als hätte man. Wie anders klingt da das, was der Apostel Paulus vor fast zweitausend Jahren für sich als richtig erkannt hat. Haben, als hätte man nicht. Das klingt jetzt nicht so, dass ich sofort Lust hätte, das auch zu machen. Klingt zu distanziert. Trocken. Nüchtern.

Fortan sollen die, die kaufen, sein, als behielten sie es nicht. Man hat ja so seine Träume, die man sich erfüllen möchte. Und wenn ich mir einen Wunsch erfüllt habe, dann steht da schon der nächste auf der Einkaufsliste. Das ist wie ein Kinderwunschzettel in der Vorweihnachtszeit. Nur vermeintlich erwachsener. Habenwollen. Statussymbole. Abhängigkeit von Dingen. Weil ich meine, die eigene Person mit Habseligkeiten wie mit Orden schmücken zu müssen. Ich kann nicht mehr souverän mit den Dingen umgehen. Muss unbedingt dies und das haben – sonst fehlt mir was. Es gibt aber auch das asketische Gegenbild. Dann muss ich etwas garantiert nicht haben.

Kein Smartphone. Kein Auto. Kein was auch immer. Verzicht. Weil man was Besseres sein möchte – Fragezeichen? Mir sagte mal eine Frau in der Fastenzeit: Sie wisse gar nicht, worauf sie verzichten solle, sie habe keine Laster. Sie habe keinen Fernseher, esse weder Fleisch noch Süßigkeiten, tränke keinen Alkohol und habe auch sonst keine Laster… Manche sollten vielleicht von ihrer eigenen Radikalität fasten. Ja, die eigene Selbstgerechtigkeit, auch so eine Spielart des „so tun, als hätte man…“

Musik 3 = Musik 2:

Autor: Es tut gut, einmal in Distanz zu treten zu dem, was ich habe und darstelle.

Warum tut das gut? Weil ich dann merke, dass mich nichts ganz verschlingen und bestimmen muss.

So jedenfalls verstehe ich die Sätze: „… und die weinen, sollen sein, als weinten sie nicht; und die sich freuen, als freuten sie sich nicht.“ Man kann sich ja ganz dem Weinen und Klagen hingeben. Dann wird man ein Leben voller Jammer, voller Gejammer erleben. Ich kann mich aber auch ganz auf den Spaß konzentrieren. Dann ist eben alles vor allem lustig und oberflächlich. Es ist eigentlich egal, was ich unternehme: heute wird einem zunächst einmal „viel Spaß“ gewünscht!

Aber: Alles hat seine Zeit. Paulus war Schüler des berühmten jüdischen Gelehrten Gamaliel. Er kannte die jüdische Weisheit und Auslegung. Er kannte das Buch „Kohelet“, das heißt übersetzt „Prediger“. Ein Buch in der jüdischen Bibel und heute auch in der christlichen. Alles hat seine Zeit, heißt es da. Weinen und sich freuen hat seine Zeit. Aber: Nicht alles ist immer nur Weinen. Nicht alles ist immer nur Spaß. Nein, schreibt Paulus, die Zeit ist kurz. Jedes Ding hat seine Zeit. Seine Berechtigung. Aber auch seine Begrenzung.

Musik 4: CD: Magic Moments @ Schloss Elmau; Titel: Marion & Sam; Track Nr. 2; Michael Wollny (Interpr.), Lars Danielsson (Interpr.); B. Herrmann (Komp.); ACT Music 2009; LC 07644; EAN 6 14427 94802 1

Autor: Es tut gut, einmal in Distanz zu treten zu dem, was ich so habe und darstelle. Warum tut das gut? Weil dann deutlich wird, wieviel mir eigentlich geschenkt ist im Leben. Meine Partnerin, meine Freunde, überhaupt gute Beziehungen. So verstehe ich Paulus, wenn er schreibt: „Fortan sollen die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine…“ Und umgekehrt natürlich: die, die Männer haben, sein, als hätten sie keine…

Haben, als hätte man nicht. Das „haben wollen“, das Festhalten, ist Gift für jede gute Beziehung.

Paulus spricht hier von der Ehe. Aber wir dürfen auch unsere Freundschaften hierunter verstehen. Was für ein Geschenk. Und wie wenig selbstverständlich. Dass einer für den anderen da ist. Das „Haben, als hätte man nicht“ bekommt hier einen ganz anderen Klang. Einen bewahrenden. Beschützenden. Behutsamen. Staunenden. Zarten. Und ich stelle mir hier die Frage: Habe ich das wirklich verdient? Meine Partnerin? Meine Freunde? Die guten Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen und in der Gemeinde?

Musik 5 = Musik 4

Autor: Die Zeit ist kurz, mahnt Paulus. Der Apostel hatte es eilig. Denn er glaubte daran, dass Jesus Christus bald wieder auf die Erde kommen und seine Herrschaft antreten würde. Das war sein Zeithorizont damals und der der ganzen jungen christlichen Gemeinden. „Das Wesen der Welt vergeht“, schreibt er. Aber das heißt gerade nicht, dass deshalb alles egal ist. Nein, Paulus fordert auf souverän zu sein. Sich nicht ängstlich von einem Thema zum anderen treiben zu lassen. Von der Klimakatastrophe zum Bundeswehreinsatz zur Eurokrise zur Fluchtwelle zur Terrorbedrohung oder zu sonst etwas. „German Angst“ – so nennt man das im Ausland, „die deutsche Angst“…

Nicht im Jammern versinken. Nicht im „Ich will Spaß“ verdummen. Nicht unsere Liebe, unsere Beziehungen, unsere Freundschaften vernachlässigen. Sie sind nicht selbstverständlich. Sie sind Geschenk. Unsere Zeit ist kurz.

Musik 6: CD: Rio; Titel: Once I Loved; Track Nr. 4; Komponist: Til Brönner; Interpretin: Aimee Mann; Universal Music; LC 00383; EAN 0 602517 806801 ///

Autor: Haben, als hätten wir nicht. Eigentlich gehört noch ein großer Satz von Paulus dazu.

Sprecherin: „Ihr seid teuer erkauft“,

Autor: sagte er den Christen damals.

Sprecherin: „Gott hat alles für euch gegeben in seinem Sohn Jesus Christus – also: Werdet nicht der Menschen Knechte…!“ (1. Korinther 7,23)

Autor: Für alle, die Macht haben oder zu haben glauben, für alle, die so tun, als hätten sie, ist das natürlich ein Problem. Weil hier unverfroren hinter die Fassade der Macht geguckt wird. Und für alle, die dem glauben, was Jesus Christus gesagt und getan hat, ist es die größte Freiheit. Weil ihnen hier zugetraut wird, dass sie souverän mit Fehlern, Bindungen und Freiheiten umgehen.

Denn wie heißt es bei Paulus noch:

Sprecherin: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient mir zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber es soll mich nichts gefangen nehmen.“ (1. Korinther 6,12)

Musik 7 = Musik 1

Autor: Haben, als hätte man nicht. Das zu beherzigen, ist Weisheit. Beim Dichter Robert Gernhardt klingt das so:

Sprecherin:

Zur Beherzigung

Man soll nicht hängen

sein Herz an Dinge,

an Tiere nicht

und nicht an Menschen.

Durch die Zeit sinken sie

wie Steine durchs Wasser.

Weh dem, der sich ihnen

verbunden.

Das Herz ist ein Falke.

Je freier, je höher

reißt es empor

aus dem Strudel der Zeiten,

was es ergreift,

ob Ding oder Wesen.

Wohl dir, wenn dich eines

mitreißt.

(Robert Gernhardt)

Autor: Haben, als hätte man nicht. Sich nicht binden an Ding und Tier und Mensch. Und sich doch von der Liebe mit emporreißen lassen aus dem Strudel der Zeiten und der Eitelkeiten… Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag. Haben Sie was davon! Ihr Pfarrer Michael Opitz aus Düsseldorf.

Musik 7 = Musik 1

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