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Kirche in WDR 5 | 22.08.2016 | 06:55 Uhr
Der beach-body als Ikone … und die Folgen
Guten Morgen,
letztes Jahr im Sommerurlaub, ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung machte mich neugierig: „Fit und fertig“ hieß es in der Überschrift. Und im Untertitel: How to have a beach body – wie ich eine Strandfigur bekomme.
Früher galt man als urlaubsreif, wenn man blass, schlapp und überarbeitet, eben unfit war, so die Autorin. Heute dagegen fühlen Menschen sich erst dann urlaubsreif, wenn sie mindestens angebräunt, durchtrainiert und top in Form sind. Die Strandfigur muss da sein, wenn der Urlaub beginnt! Nicht wenige Deutsche arbeiten in Fitnessstudios schon seit dem Winter oder spätestens dem Frühjahr mühsam darauf hin.
Ich möchte dem Trainieren in Fitnessstudios nicht schnell das Etikett „Körper- oder Fitnesskult“ aufkleben und die Nase rümpfen. Denn ich selber treibe als Ausgleich ausgesprochen gerne Sport und genieße dabei meine Körperlichkeit. Gegen eine gesunde Leibfreude ist überhaupt nichts einzuwenden. Das euphorische Hochgefühl, das sich manchmal beim Joggen oder Schwimmen einstellt, finde ich sehr belebend.
Und doch frage ich mich: Ist das, was Menschen in Fitnessstudios treibt, wirklich primär Leibfreude? Für manche ganz bestimmt. Aber wohl längst nicht für jeden und schon gar nicht immer. Die Theologin Regina Ammicht-Quinn vertritt dazu eine ganz eigene Meinung: Der Körper sei zwar in unserer Kultur in einer Weise in den Mittelpunkt gerückt, die historisch einzigartig ist. Aber hinter dem Fitnessstreben verberge sich keineswegs eine Leibfreundlichkeit, sondern eine neue Leibverachtung. Der Grund dafür: Für viele Menschen heute entscheidet das Aussehen. Der Körper wird immer mehr zu einem Design-Projekt. Und das heißt: Er ist nicht einfach gut, wie er gegeben ist, sondern muss bearbeitet werden. Selbstoptimierung ist angesagt, mit dem Ziel möglichst perfekt auszusehen: Ein Idealkörper, makellos wie eine klassische Statue, immer jugendlich. Im Extremfall wird der Körper zum Feind, der mit allen Mitteln bekämpft werden muss, um so ein Ideal zu erreichen. Was für ein Druck ist damit aber verbunden? Und wieviel Vergeblichkeit, weil doch nur die allerwenigsten dieses Ideal erreichen? Und ich frage mich: Wie viele Menschen mögen darunter leiden, sich körperlich nicht schön oder fit genug zu finden?
Am Ende des Zeitungsartikels bietet die Autorin eine Alternative an. Statt sich dauernd körperlich zu optimieren, schlägt sie vor, den eigenen Körper zu bewohnen wie ein bequemes Sofa. Diesen Weg hält sie schlicht für realistischer, weil sich unser Körper nicht beliebig umbauen lässt.
„Den eigenen Körper bewohnen“ – die Worte lassen mich unwillkürlich an den heiligen Benedikt denken. Über diesen Mönchsvater heißt es in einer frühen Lebensbeschreibung: „Allein, unter den Augen Gottes, der aus der Höhe hernieder schaut, wohnte er in sich selbst.“ Ich verstehe das so: Die Gewissheit, von Gott liebend angeschaut zu sein, kann es mir leichter machen, es mit mir selbst auszuhalten, ja sogar mich mit mir selbst anzufreunden, so, wie ich bin. Anders formuliert: Bewusst in Gottes bejahendem Blick zu leben, eröffnet einen Weg, nicht aus der eigenen Haut heraus fahren zu wollen, sondern sich in ihr wohl zu fühlen.
Das wünscht Ihnen Michael Höffner aus Münster.
*Mareen Linnartz, Fit und fertig, in: SZ Printausgabe 8./9. August 2015, S. 59.