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Das Geistliche Wort | 27.11.2016 | 08:35 Uhr

Advent – Erinnerung und Zukunft

Guten Morgen an diesem 1. Advent!

Und ich habe mich riesig darauf gefreut, dass der Advent jetzt richtig anfängt! Advent kann ich übrigens riechen. Das geht mir schon seit einer Woche so. Meine Frau kauft nämlich die Tannenzweige immer schon etwas vorher und in der Wohnung beginnt es dann ganz leicht nach Tanne zu riechen. Und wenn meine Frau dann noch Plätzchen backt wie letzte Woche, dann fühle ich mich in meine Kindheit zurückversetzt. Herrlich! Tannen- und Plätzchengeruch, das ist für mich Advent. Irgendwie eine heile Zeit. Dazu kommt für mich noch ein besonderes Ritual: Zuhause haben wir einen Adventskranz, der in unserem Wohnzimmer von der Decke hängt. Gestern Abend – wie an jedem Samstagabend vor einem Adventssonntag – haben wir erst mal das Licht im Wohnzimmer ausgemacht. Als alles dunkel war, haben wir gesungen: Wir sagen euch an den lieben Advent. Und dabei habe ich eine Kerze angemacht und der Raum wurde ein ganz kleines bisschen heller. Für mich eine ganz besondere Stimmung. Jeden Samstagabend eine Kerze mehr, bis dann alle vier Kerzen brennen. Vier Wochen Erwartung auf Weihnachten. Vier Wochen wachsende Spannung.

Musik I

Dass in den Wochen vor Weihnachten eine eigenartige Stimmung entsteht, sich eine Spannung aufbaut, sich etwas verändert, das merke ich nicht nur zuhause. Ich meine jetzt nicht die Weihnachtsmärkte und Weihnachtsdekorationen in den Geschäften. Nein, es verändert sich etwas in dieser Zeit, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Und das zeigt sich für mich in dem Verhalten vieler Menschen. Ich bin Schulseelsorger an einer Schule in Duisburg und merke das jedes Jahr. Ich nehme wahr, dass gerade im Advent die Schülerinnen und Schüler ihre Mitmenschen stärker in den Blick nehmen. In der Schule sammeln wir dann nämlich Sachspenden für Obdachlose und arme Menschen. Und die gibt es hier viele. Unsere Schule liegt im Duisburger Norden, der als sozialschwach bekannt ist. Für mich interessant: Ich brauche als Schulseelsorger gar nicht viel Werbung zu machen für eine Hilfsaktion für die Armen. Unter dem Titel: „Teilen mit den Armen in unserer Nähe“ helfen die Kinder seit vielen Jahren. Ein kleiner schriftlicher Impuls in die Klassen und dann wird gesammelt, was das Zeug hält. Im Advent gelingt etwas, ohne dass es dazu einen moralischen Appell braucht: Es kommt mir so vor: Der Mitmensch rückt in diesen Tagen wieder etwas näher. Die Erwartung des Weihnachtsfestes – die setzt offenbar Energien frei, die öffnen den Blick auf den Mitmenschen. Vielleicht klingt das etwas pathetische: Aber für mich steckt hinter dieser Erfahrung in der Schule: Es gibt eine Hoffnung, dass alles heil werden soll – und das macht mir Mut.

Musik II

Erwartungen – setzen Energien frei. Das wird für mich mit Blick auf Weihnachten deutlich erfahrbar durch die Spendenaktionen in meiner Schule. Aber es geht bei den Erwartungen auf Weihnachten nicht nur um frei werdende Energien im Sozialbereich. Mit Blick auf Weihnachten gibt es auch eine wichtige biblische Person, die von Erwartungen lebt und daraus Energien schöpft. Jetzt im Advent steht sie im Mittelpunkt: Johannes der Täufer. Er ist der Vorläufer Jesu. Er lebt in der Spannung, dass da ein anderer kommt, der wichtiger ist als er selbst. Daher kündigt er an – voller Energie (vgl. Joh 1, 30): „Nach mir kommt einer, der größer ist als ich!“ Er ist der Messias, also der, der die Welt verändern wird, der die Welt heil macht.

Johannes Engagement für Jesus wird ihm noch Kopf und Kragen kosten. Heute kann man sagen: Johannes der Täufer ist ein Radikaler, ein Aussteiger, der zunächst in der Wüste lebt. Seine Bedürfnisse sind reduziert: Er lebt in der Wüste von Heuschrecken und wildem Honig. Wichtig für ihn: Nur die Botschaft zählt. So lebt er für das, was er erwartet: Jesus, den Messias, der kommen soll. Und er sagt: Wenn der kommt, den ich ankündige, dann müsst ihr vorbereitet sein – wie ich. Reflektiert also euer Leben und kehrt um. Ändert euch!

Das klingt bis heute provozierend: „Umkehr!“ „Veränderung!“ Dabei ist die Botschaft von Johannes dem Täufer eigentlich ganz einfach: Schau erst einmal genau hin, was du machst. Guck doch mal, wie du mit deinen Mitmenschen umgehst.

Musik III

Johannes der Täufer lebte aus seiner Erwartung auf den Messias. Das gab ihm Kraft, Mut, Energie sehr unkonventionell zu sein. Er predigt und ruft auf: Schau hin, was du tust. Lass den Mitmenschen näher an dich heran! Johannes wird dabei aber ganz konkret. Er gibt drei Ratschläge (vgl. Lk 3,10-14):

Wohlstand teilen, keinen übers Ohr hauen, keine Gewalt ausüben.

Wohlstand teilen – Ich bin überzeugt: In den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden wir hier in Deutschland und Europa gar nicht umhin kommen, das zu tun. Gestern noch sah es so aus, als ob wir alleine den Wohlstand genießen können. Heute wissen wir, dass Millionen Menschen an unsere Tür klopfen, weil sie vor Krieg, Verfolgung, Hunger und Not fliehen – zu uns. Über 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, quasi drei von vier Bundesbürgern, so viele wie nie zuvor. 800 Millionen hungern – zehn Mal so viel wie die Einwohner Deutschlands. Mit zeigt der Vergleich mit diesen vielen Menschen: Wenn ich etwas von meinem Wohlstand abgebe, dann bin ich noch lange nicht arm – die Armen aber können leben – auch in Sicherheit.

Die zweite Forderung von Johannes dem Täufer: Keinen übers Ohr hauen. Auch das ist für mich aktueller denn je: Das fängt doch da an, wo Autohersteller in ungeahnter Größenordnung Zahlen beim Spritverbrauch und Abgaswerte beschönigen und endet bei der Vorteilsnahme in Versicherungsfällen. Hauptsache ich komme selbst dabei nicht zu kurz. Wie wäre es dagegen im Umgang mit den Anderen Wahrhaftigkeit zu üben statt Trickserei, Verbindlichkeiten zu schaffen statt Unverbindlichkeiten?

Die dritte Forderung des Johannes hat auch an Aktualität nichts verloren: Keine Gewalt ausüben. Das meint ja nicht nur, dass ich nicht schlage. Immer da, wo ich anderen meinen Willen aufzwinge, bin ich schon gewalttätig. Das kann ganz subtil passieren und überall: In der Partnerschaft, in der Familie, im Berufsleben. Es reicht alleine schon jemanden in meinem Kollegium lächerlich zu machen, um meine Position zu stärken.

Johannes Ruf zur Veränderung, das sind ganz praktische Ratschläge, die bis heute gelten. Johannes lebt aus der Erwartung auf den Messias, auf diesen Jesus von Nazareth und das gibt ihm Freiheit, Mut, eben Energie zum Handeln und Auftreten. Erwartung, die Energie freisetzt.

Musik IV

Erwartung setzt Energie frei! Aber was ist nach Weihnachten, wenn der Advent vorüber ist? Wenn die Christen das gefeiert haben, was sie im Advent erwarten, die Geburt Jesu, des Sohnes Gottes. Ist nach Weihnachten alles verpufft? Habe ich dann wieder elf Monate Ruhe, bis zum nächsten Adventsbeginn? Und Energie muss ich dann woanders herziehen?

Vordergründig kann das so sein. Aber im Advent geht es auch um eine Perspektive, die über Weihnachten hinausführt. Es geht darum, dass die Erwartung genährt werden soll: Jesus wird einmal wiederkommen.

Es geht also nicht nur darum: Die Erinnerung an die Geburt Jesu vor 2000 Jahren zu pflegen, es geht nicht um den Blick zurück im Advent, sondern um den Blick nach vorne – weit über Weihnachten hinaus! Es geht um einen ständigen Advent, der sagt: Die Zukunft ist offen. Da kommt noch was. Auch jetzt darf ich noch etwas erwarten. Und das hat für mich eine positive Bedeutung. Da wartet noch ein gutes Ende auf mich. Hier und jetzt, das ist noch nicht alles. Und das gibt mir Kraft und Mut auch noch was zu gestalten, etwas zu wagen! Im englischen „adventure“ steckt ja das Wort „Advent“. Advent bedeutet für mich daher: Es ist ein Abenteuer, das vor mir liegt. Erwartung, die Energie freisetzt. Eine Erwartung, die mich nicht depressiv werden lässt angesichts der Zustände in der Welt, sondern da anpacken lässt, wo ich etwas zum Guten wenden kann.

Vielleicht hört sich das zu schön an, um wahr zu sein, vielleicht etwas naiv. Aber ich möchte Ihnen etwas von mir erzählen, was vielleicht verstehen lässt, warum ich meine, dass Erwartung Energie freisetzt.

Es war vor fünf Jahren. Da steckte ich in einer Erwartungssituation, die nicht Energie freisetzte, sondern lähmte. Ich bekam die Diagnose Leukämie und musste ein halbes Jahr warten, bis sicher war, dass die damals eingeleitete Therapie anschlug. Ein halbes Jahr hat mich der Gedanke begleitete: Wie ist das, wenn ich nicht mehr lebe? Wir das gut ausgehen für mich für meine Frau und die Kinder? Wäre ein rascher Tod ein gutes Ende? Wäre mein Leben wirklich vollendet gewesen oder doch nur abgebrochen, unvollkommen? Und stimmt das mit dem christlichen Glauben an ein Leben nach dem Tod? Stimmt das mit der Wiederkunft Jesu? Hätte ich nach meinem Tod eine Begegnung mit Jesus gehabt? Paradiesische Zustände – hätte ich sie nach meinem Tod erlebt? Meine Krankheit war ein Abenteuer mit unsicherem Ausgang.

Jetzt, nach fünf Jahren kann ich für mich sagen: Ich glaube, da kommt noch was! – Ich habe die Erwartung: die Zukunft ist offen, auch nach meinem Tod. Ich kann für mich sagen: Nach meinem Tod da kommt noch was, ein Abenteuer und das ist für mich der Himmel.

Musik V

Der Advent als ein Abenteuer, denn: Da kommt noch was. Im Internet habe ich folgende Geschichte gefunden, die mir in meiner Leukämieerkrankung sehr viel Mut und Energie gegeben hat:

Eine alte Dame, die sehr krank ist und weiß, dass sie bald sterben wird, bespricht mit ihrem Pastor ihre Beerdigung. Zum Schluss sagt sie: Herr Pastor, sehen Sie diesen kleinen Löffel? Ich möchte gern, dass ich mit so einem Löffel in der Hand beerdigt werde. Der Pastor ist natürlich etwas verwirrt und deshalb erklärt ihm die Dame: Ich liebe Nachtisch und immer wenn ich zum Essen eingeladen bin und der kleine Löffel vor mir an meinem Platz liegt, dann weiß ich: Das Beste kommt noch.

Musik VI:

Das Beste kommt noch!

Eine erwartungsvolle Adventszeit wünscht Ihnen Hermann-Josef Grünhage aus Duisburg.

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