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Kirche in WDR 5 | 05.12.2016 | 06:55 Uhr

Du, Gott, siehst mich

Guten Morgen! Ich gehöre zu den Jahrgängen, die als Jugendliche mit den eigenen Eltern hart ins Gericht gegangen sind, wenn es um die Zeit des Nazi-Terrors und den Holocaust ging.

„Ihr wart dabei und habt nichts unternommen!“ Ihr wollt uns weiß machen, dass ihr nicht gesehen habt, wie die Juden in eurer Nachbarschaft abgeholt wurden und die jüdischen Geschäfte demoliert wurden?“ „Ihr habt nicht mitgekriegt, dass die Nazis Sozialdemokraten und Kommunisten verhaftet haben?“ So oder ähnlich lauteten unsere Vorwürfe als Jugendliche, mit denen wir unsere Eltern bombardierten.

„Aber davon haben wir doch gar nichts gewusst“. „Was hätten wir denn tun sollen?“ mit solchen und ähnlichen Worten versuchten sich unsere Eltern damals gegen unsere unbarmherzigen Angriffe zu verteidigen. Vielleicht wäre es hilfreich gewesen, wenn sie einfach nur gesagt hätten: „Wir haben doch erlebt, wie Leute, die aufgemuckt haben, mundtot gemacht wurden. Da hatten wir Angst, dass uns das auch passieren könnte."

Heute weiß ich: Das Leid und die Not der eigenen Eltern hatte in solchen Streitgesprächen überhaupt kein Gewicht. Dabei erlebte meine Mutter die Schrecken des Bombenkriegs im Ruhrgebiet. Mein Vater war schon mit 18 Jahren Soldat, erlebte die Schrecken des Krieges und war zwei Jahre in Kriegsgefangenschaft.

All das interessierte uns aber in solchen Streitgesprächen überhaupt nicht. Wir sahen ihr Leid schlicht als eine unmittelbare Folge der Nazi-Diktatur. Und damit irgendwie gerechtfertigt. Deutschland hatte schließlich schwere Schuld auf sich geladen und einen Weltkrieg verursacht. Damit war für uns rebellische Jugendliche in den 60er Jahren der Fall erledigt. Dass es vernünftig gewesen wäre, deutlicher zwischen Deutschen und Nazis zu unterscheiden, das kam uns gar nicht in den Sinn.

Heute sehe ich meine Eltern mit ihren Schwächen, Fehlern und ihrer fehlenden Zivilcourage in einem anderen Licht. Ich habe da eine eher versöhnliche Sicht und beurteile ihr Handeln milder. Denn inzwischen weiß ich aus eigener Erfahrung, wie viel Mut und Kraft es kostet, gegen den Strom zu schwimmen. Selbst heutzutage in unserer Demokratie.

Also: Würde ich heute mit meinen Eltern streiten, dann würde ich kleinere Brötchen backen. Denn: Wenn es schon in einer Demokratie nicht leicht ist, eine eigene Meinung zu vertreten, wie viel Mut, Risikobereitschaft und Zivilcourage müsste ich dann erst in einer Diktatur aufbringen?!

Heute weiß ich auch: Ein Mensch, der leidet, oder gelitten hat, der will, dass sein eigenes Leid gesehen, anerkannt und gewürdigt wird. Nichts ist schlimmer, als wenn erlittenes Leid und geschehenes Unrecht nicht gesehen wird, klein geredet wird. Nicht wahrgenommen wird.

Wo mir das geschieht, da kann es für mich schon ein kleiner Trost sein, dass Gott mich mit anderen Augen sieht, als die Menschen. „Du Gott, siehst mich“, heißt es in der Bibel. (1. Mose 16,13) Also: Du, Gott, kennst auch mein Leid und weißt, was ich durchmache. Du, Gott, erkennst mein Leiden an. Wenn auch Menschen darüber hinweg sehen. Gott mit Ihnen an diesem Tag, das wünscht Pfarrer Frank Küchler aus Marialinden.

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