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Das Geistliche Wort | 11.12.2016 | 08:35 Uhr

Johannes der Täufer – Jesus von Nazareth

Guten Morgen!

Ein Leben ohne Konflikte gibt es nicht. Das weiß jeder. Und die Bibel weiß das auch. Die Heilsgeschichte, die sie erzählt, ist alles andere als eine Geschichte voller Harmonie. Zwei Namen im Evangelium stehen dafür, die jetzt in der Adventszeit immer wieder gemeinsam genannt werden: Johannes der Täufer und Jesus von Nazareth. Was gingen die beiden sich gegenseitig an?

Manches ist vielleicht noch aus der Kinderbibel bekannt: Etwa, dass Jesus von Johannes getauft wurde, dass beide verwandt waren. Und außerhalb des Evangeliums wird sogar erzählt, dass sie schon als Kinder im Sandkasten zusammen gespielt hätten. Das hat dann zu allerlei wundersamen Legenden geführt. Und in der frühen Christengemeinde wurde schließlich der ältere Johannes als Vorläufer des jüngeren Jesus in den Kalender der Heiligen aufgenommen.

Mir geht es heute um etwas, was nach meinem Eindruck wenig beachtet wird: Dass es nämlich zwischen den beiden auch Konflikte gegeben hat. Auseinandersetzungen, die der Klärung bedurften. Beide waren ja, als sie erwachsen waren, von Gott ergriffen. Und beide wurden von vielen verschiedenen Menschen in Israel als Gottesmänner angesehen. Doch ihre Botschaften und Visionen vom Reich Gottes unterschieden sich. Und dass es zwischen beiden nicht spannungsfrei ablief, zeigt eine einzige Frage, die die Bibel überliefert:

Sprecher:

„Bist Du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?“

Johannes ließ Jesus fragen als er im Gefängnis des Königs Herodes Antipas saß und seine Hinrichtung erwartete. Er war in einer prekären Situation, als er hörte, dass der von ihm getaufte Jesus eigene Wege ging. Und Johannes trieb die Frage um, ob Jesus sich vielleicht selbst als den sieht, den viele Juden erwarteten: den Messias. Dabei ist ein kritischer Unterton schwer zu überhören.

Und die Antwort, die Jesus dem Johannes ins Gefängnis schickt, zeigt mir umso mehr, dass es zwischen beiden geknistert hat:

Sprecher:

„Selig, wer sich an mir nicht ärgert!“

Musik I:

F. Mendelssohn-Bartholdi, Streichquartett A Moll Op.13

„Bist Du der, der kommen soll oder müssen wir auf einen anderen warten?“ Da höre ich etwas Ungeduldiges und Beunruhigendes heraus. Und die Antwort Jesu: „Selig, wer sich an mir nicht ärgert.“ Eine merkwürdige Äußerung, die in mir Fragen auslöst. Ärger ist ja ein großes Thema auch in unserer Gegenwart: im Umgang der Religionen und Konfessionen untereinander, im gesellschaftlichen und politischen Umgang. Zum Ärger gehören mindestens zwei. Was der eine auslöst, schlummert oft längst schon im Anderen. Jesus scheint darum zu wissen, dass er andere ärgerlich macht. Auch Johannes?

Die Antwort Jesu legt es nahe. Aber wie schildert die Bibel die Persönlichkeit des Johannes? Johannes war auf seine Art ungewöhnlich radikal. Abseits der Zivilisation lebte er asketisch in der Wüste ein rauhes und einfaches Leben, unerschrocken und hart im Nehmen. Alles Weichliche war ihm fremd. Alles Gemütliche verabscheute er. Es wird erzählt, dass er mit einem Kamelhaarfell bekleidet umherzog und sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt hatte. Also ein wilder Mann, wie er einmal beschrieben wurde . So also war sein Auftritt als Prophet, und dazu passten seine Worte, die in drastischen Bildern das endzeitliche Gericht ankündigten:

Sprecher:

„Schon ist die Axt an der Wurzel.“

Also umhauen was da ist! Seine Botschaft lässt sich in zwei Worte zusammenfassen:

Sprecher:

„Kehret um!“

Womit er sagen wollte: Raus aus der himmelschreienden Ungerechtigkeit, die das Leben der Menschen im Würgegriff hat. Und das hat er sicher nicht nur einer x-beliebigen frommen Wallfahrtsgemeinde abgefordert. Gemeint waren die Mächtigen, die ihre Macht missbrauchten, allen voran Herodes Antipas, der ihm dann ja auch den Kopf abschlagen ließ. Und all die Trittbrettfahrer, die nach oben zu buckeln und nach unten zu treten verstanden. Für die gesellschaftliche und religiöse Elite seiner Zeit, muss er eine einzige Provokation gewesen sein, furchtlos und unbestechlich:

Sprecher:

„Ihr Schlangenbrut, ihr Natterngezücht, wer hat Euch gesagt, dass ihr dem Gericht entrinnen könnt?“

Musik II

W. Biermann, Du lass dich nicht….

Das Auftreten des Johannes hatte Wirkung. Diese dramatische Rede von der „Schlangenbrut“, dass er „denen da oben“ das Gericht androhte – das traf ins Schwarze. Viele Menschen kamen zu ihm. Johannes sprach ihnen aus der Seele. Wie es heißt, stand er bei Vielen in hohem Ansehen. Viele gab es, die das Unrecht nicht mehr aushalten konnten und denen das Leben immer unerträglicher wurde. Für sie war Johannes die letzte Hoffnung.

Das Bedürfnis nach einem gerechten Gericht, nach gerechtem Urteil wird ja immer dann unwiderstehlich, wenn Verbrechen ungestraft bleiben, wenn die Strafe für Mörder oder Kriegsverbrecher zu gering ausfällt, wenn Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht gesühnt werden. Da fühlen sich die Opfer und Leidtragenden erneut verhöhnt und finden keine Ruhe. Und es ist für sie eine Genugtuung, wenn jemand auftritt, der ihnen seine Stimme leiht. Und sie glauben ihm, wenn er das, was er sagt, durch seinen Lebensstil verbürgt. Genau so einer war Johannes der Täufer.

In diese prophetische Tradition des Täufers passt es, wenn Papst Franziskus, die Mafia wegen ihrer Verbrechen exkommuniziert. Und noch mal passt es, wenn er zornig die menschenverachtenden Seilschaften einer globalen Wirtschaft geißelt und sagt: “Diese Wirtschaft tötet.“ Das sind Johannes-der-Täufer-Worte: ultimativ, ärgerlich, radikal.

Auch die Art und Weise, wie der Liedersänger Wolf Biermann immer noch erfrischend und ermutigend auftritt, knüpft daran an. Wie er die Machenschaften der Stasi entlarvt hat, gegen die er mit seinen Liedern angesungen hat. „Drachenbrut“ hat er sie genannt, klingt verdammt ähnlich wie „Schlangenbrut“.

Musik III W. Biermann, Du, lass dich nicht….

Und Jesus?

Auf die Frage des Täufers: „Bist Du es?“ antwortete er nun nicht einfach mit Ja oder Nein. Stattdessen erzählte er eine ganz andere Geschichte als die vom apokalyptischen Strafgericht, eine andere Vision als die des Johannes: „Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Tote stehen auf und den Armen wird die Frohbotschaft verkündet.“ Als wollte er sagen: „Mach Dir selbst ein Urteil!“

Das waren alte unglaubliche Visionen des Propheten Jesaja, die Jesus erzählte. Das sind keine strafenden und richtenden Bilder, sondern solche mit heilender Wirkung.

Ich glaube aber nicht, dass Jesu Predigt mit der Predigt des Johannes konkurrieren wollte. Die Sehnsucht der Menschen nach der Gerechtigkeit, wie Johannes sie unerbittlich geweckt hatte, wurde ja auch von Jesus geteilt. Sonst hätte er nicht Johannes den größten unter den Menschen genannt. Sehnsucht nach Gerechtigkeit allein aber genügte Jesus nicht. Sie sollte aufgenommen werden in die größere Sehnsucht nach Heilung: Ales, was verwundet ist, sollte solche Heilung erfahren. Der erste Blick Jesu galt nicht der Sünde, sondern dem Leid des Menschen“

Wenn Jesus einem unerbittlichen Johannes zurief:

„Selig, wer sich an mir nicht ärgert.“

Dann wussten biblische Menschen etwas damit anzufangen.

„Selig“ ist das Gegenteil von „Wehe“. Wehe prophezeit etwas Bedrohliches, wie es dem Johannes vertraut war: etwas Unheilvolles, Furchterregendes und Katstrophisches. „Selig“ hingegen prophezeit etwas nachhaltig Heilendes, ja sogar Heiteres. Woher hat Jesus das?

Wie Johannes predigte er selbst: „Kehret um!“ Er wusste, wovon er sprach. Er selbst hatte die Umkehr vollzogen, indem er sich taufen ließ. Doch in eben dieser Taufe passierte etwas Einzigartiges: eine Umkehr in der Vision vom Reich Gottes. Es wird erzählt, der Himmel habe sich über Jesus bei seiner Taufe geöffnet und eine Stimme habe gerufen: „Du bist mein geliebter Sohn.“

Aus heiterem Himmel erlebte Jesus statt Buße und Strafe, was bedingungslose Liebe ist. Jesus erlebte eine Umkehr, die Johannes fremd geblieben ist.

Anstelle des strafenden Richters, den Johannes predigte, erlebte Jesus den, zu dem er von nun an „Abba“ sagte.

Johannes und Jesus in ihrem Konflikt: Da begegnen sich sozusagen ein Wilder und ein Milder, ein Unerbittlicher und ein Heiterer und lassen einander gelten in ihrer Verschiedenheit.

Musik IV Mendelssohn s.o. 1. Satz, soweit wie möglich.

Ich bin Friedhelm Mensebach, Priester in Köln und wünsche ihnen einen schönen dritten Advent.

* Mt. 11,3 u.a.

Grün, A. Kämpfen und Lieben, s. Kapitel über Johannes den Täufer

Metz, J.B. Memoria passionis, 2006, S 57ff

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