Lebende Bibliothek

Eine Welt ohne Bücher ist für mich, als Kind der 1970er, nicht vorstellbar. Angefangen von Astrid Lindgren über Agatha Christie zu Anne Holt, um mal bei den Lieblingsautorinnen mit A zu beginnen.

In Büchern werden Geschichten lebendig. Das fasziniert mich jedes Mal, wenn sich mir eine neue Geschichte erschließt. Und dafür muss das Buch nicht mal gedruckt sein. Meine eBooks im Smartphone retten mich manchmal geradezu, wenn der Zug Verspätung hat oder ich beim Arzt im Wartezimmer sitze.

Wird es in 20 Jahren noch Bücher geben? Eine Frage, die sicher auch bei der Leipziger Buchmesse diskutiert wird, die heute beginnt. Ich glaub schon. Das Buch an sich wird nicht tot zu kriegen sein. Wo steckt sonst so viel Leben, Phantasie, Geschichte und Zukunft in und zwischen den Zeilen?

Die Caritas im Erzbistum Köln hat diese Frage wörtlich genommen. Also richtig. Und hat ein klasse Projekt gestartet: die „lebende Bibliothek“. Die kann bestellt werden, zu Stadtfesten etwa, oder in Schulen. Und dann kann man sich für 30 Minuten ein lebendes Buch ausleihen und in ihm lesen: Menschen, mit denen man sonst womöglich nicht in Kontakt kommt, erzählen aus ihrem Leben und beantworten Fragen. Eine Muslima mit Kopftuch, ein Asylbewerber, ein Mann im Rollstuhl, eine Frau, die nach dem zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat fliehen musste. Wie in ein Buch kann ich für eine Zeit in eine mir unbekannte Welt eintauchen. Ich erfahre lebendige Geschichten und kann bestenfalls Vorurteile abbauen. Eine tolle Sache, finde ich.

Ich würde gern mal vom Leben eines blinden Menschen mehr erfahren. Und ich denke an einige wandelnde Bücher, in denen ich gerne lesen würde, die es nicht mehr ewig gibt: Die Generation, die den zweiten Weltkrieg als Kinder und Jugendliche erlebt hat, hat zum Glück auch viele Bücher geschrieben, die bleiben. Aber das ein und andere lebende Buch aus dieser Zeit, das will ich beizeiten noch treffen.

dielebendebibliothek.de?