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Kirche in WDR 5 | 28.06.2017 | 06:55 Uhr
Eine Spur zu Jesus
Guten Morgen!
Glaubwürdigkeit ist in Wahlkampfzeiten und im Zeitalter der Fake-News ein umkämpftes Gut. Wer ist überhaupt noch glaubwürdig? Der WDR hat Anfang des Jahres eine Glaubwürdigkeits-Studie veröffentlicht. Dabei wurden die Deutschen auch zur Glaubwürdigkeit von Organisationen befragt. Für mich als Priester erschütternd: die Kirchen rangieren hier auf dem vorletzten Rang. Weit abgeschlagen hinter der Polizei, der Stiftung Warentest, ja sogar hinter der Wirtschaft .
Das ist bitter. Denn Glaubwürdigkeit ist für die Verkündigung des christlichen Glaubens von enormer Bedeutung. Neben der Enttäuschung durch eine Amtsperson waren der Missbrauchsskandal und die Limburger Affäre für viele Menschen ein Grund, der Kirche den Rücken zuzukehren. Das führt zu Verunsicherung auch bei vielen, die in der Kirche arbeiten wie ich. Denn: wer würde sich heutzutage trauen, sich selbst als glaubwürdig zu empfehlen? Auf der anderen Seite ist auch klar: es braucht ganz allgemein in der Gesellschaft wie auch in der Kirche Menschen, und zwar konkrete Menschen, die sich als Vorbild oder Leitperson anbieten. Menschen, die andere Menschen anspornen und begeistern. Und die sich nicht abschrecken lassen davon, dass heute Glaubwürdigkeit so schwer zu erlangen und so leicht zu erschüttern ist. Bleibt für mich die Frage nach dem Maßstab: was macht einen Christen glaubwürdig? Gibt es ein Kriterium?
Seit einiger Zeit habe ich für mich eine kleine Antwort gefunden, mit der ich ganz gut umgehen kann. Ich weiß nicht wo und wie - aber ich habe für mich folgende Formel gefunden: Glaubwürdig im christlichen Sinn ist für mich eine Person, von der für mich erkennbar irgendeine Spur zu Jesus Christus führt. Eine Spur zu Jesus Christus - das kann alles Mögliche sein: ein menschlich zugänglicher Typ, einer, auf den Verlass ist, einer, der viel betet. Oder ein Mensch, der nicht schlecht über andere spricht, einer, der sich authentisch um einen anderen Menschen kümmert. Es kann sehr Unterschiedliches sein, was eine Spur zu Jesus Christus legt. Ein Christ, eine Christin kann also auf verschiedene Weise für mich glaubwürdig sein. Ich muss zugeben, dieses Kriterium ist natürlich subjektiv. Ich selbst entscheide ja, bei wem ich eine Spur zu Jesus Christus entdecke und bei wem nicht. Aber ginge es anders? Natürlich führen viele Leute das Etikett christlich in ihrem Vereins- oder sonstigem Namen. Natürlich gibt es viele Leute, die sich auf Jesus Christus berufen oder für sich reklamieren, ihm zu folgen. Zu diesen Leuten gehöre ich selbst qua Amt ja auch. Aber ich bin überzeugt davon, dass das allein noch nicht ausreicht, damit von mir eine Spur zu Jesus Christus führt. Dazu braucht es noch etwas mehr.
Es gibt das schöne Wort von Papst Johannes Paul II., der einmal sagte: Es gibt so viele Wege zu Gott wie es Menschen gibt. In Abwandlung dieses Wortes gilt sicher auch: Es gibt so viele Spuren zu Jesus Christus, wie es Menschen gibt. Aber damit das erkennbar wird, muss ich mich um diese Spur zu Jesus bemühen.
Einem Christ, der nicht versucht, in seinem Leben eine Spur auf Christus hin zu legen, dem würde ich mal unterstellen, dass er irgendetwas falsch verstanden hat. Wer ist ein glaubwürdiger Christ, eine glaubwürdige Christin? Das kann auch nach dem Ausschlussprinzip behandelt werden: es gibt bestimmte Verhaltensweisen, die machen es einfach schwer, solch eine Spur zu finden. Wenn jemand notorisch lügt und betrügt, wenn jemand stark andere Personen erniedrigt, ausbeutet oder schlecht macht. Keine Frage. Aber interessanter und zielführender ist es, die Frage positiv zu stellen: was kann diese Spur sein, die von mir für andere Menschen erkennbar zu Jesus Christus führt?
Die Frage kann ich mir selbst nur bedingt beantworten, denn das müssen andere erkennen.
Aus Paderborn grüßt Sie Ihr Domvikar Michael Bredeck.
*http://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/unternehmen/studie-glaubwuerdigkeit-100.html
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