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Das Geistliche Wort | 08.10.2017 | 08:35 Uhr

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Nur ein Tag

Film-O-Ton: „Eine Stunde, 10 Minuten und 20 Sekunden. Eine Stunde, 10 Minuten und null Sekunden. – Was machst du? – Zähle die Zeit rückwärts.

Autorin: Eine Eintagsfliege zählt die Zeit, die ihr bleibt. Trübselig starrt sie vor sich hin und wirft Steinchen in einen plätschernden Bach. „Nur ein Tag“ ist einer Eintagsfliege beschieden. So jedenfalls in dem gleichnamigen Film von Martin Baltscheit. „Nur ein Tag“ ist im Sommer in den Kinos angelaufen und ist jetzt in ausgewählten Kinos zu sehen. Die Trübsal blasende Eintagsfliege, die ganz in Schwarz gekleidet ist, spielt aber zum Glück nur die Nebenrolle. (1)

Guten Morgen! Wenn ich nur noch einen Tag zu leben hätte…, dann … – Ja, was dann? Was würde ich machen? Wie ich mich kenne, würde ich total nervös und fahrig werden. Nur noch ein Tag! Hilfe! Ich muss unbedingt noch das und das schaffen. Ich will noch die und die lieben Menschen treffen! Wenigstens sprechen. Aber was mache ich zuerst?!?

Oder ich wäre wie erstarrt. Weil ich mit jedem Herzschlag die ablaufende Zeit spüren würde. Und mich nicht von diesem Countdown losreißen könnte.

Was wäre, wenn...? Das ist die Idee von „Nur ein Tag“. Was wäre, wenn man wüsste, dass man heute Abend stirbt? Zu wissen, dass ich sterbe, dass mein Leben vergänglich ist, das finde ich gut. Denn so wird mir das Leben kostbar. Wenn ich zum Beispiel im Zug sitze – vor allem jetzt im Herbst – schaue ich zu gerne in die vorbeiziehende Landschaft. Ich liebe die abgeernteten Kornfelder, den Nebel über den Wiesen, das Bunt der Wälder und das Blau des Himmels – und denke: Dieses Leben wächst und wird und vergeht. Aber immer ist es schön. Und ich bin ein kleines Teil von diesem schönen Leben. Und die um mich herum sind meine Lebensgenossen in dieser kleinen Spanne, in der wir auf der Erde sind. Wir sollten gut miteinander umgehen und gut mit dem Leben umgehen.

In dem Film „Nur ein Tag“ ist die Hauptfigur die fröhliche Eintagsfliege, verkörpert von Karoline Schuch. Überhaupt werden alle Tiere von Menschen dargestellt.

Film-O-Ton: Musik

Die Fliege ist sommerhell gekleidet, in luftigen Stoffen, die zarten Gelb- und Orange-Töne untermalen ihr rotblondes Haar. Sie weiß nicht, dass sie eine Eintagsfliege ist.

Film-O-Ton: „Ich bin eine Maifliege. Jetzt ist doch Mai, oder? Ich hab‘ einen vollen Terminkalender. – Was hast du denn jetzt vor? – Erstens einen Beruf lernen, zweitens heiraten, drittens alt werden. Und dann natürlich noch ein paar Sprachen lernen.

Autorin: Es stimmt, sie hat das ganze Leben vor sich. Nur, es ist eben kein Mai und sie erlebt eben nicht einen ganzen Mai. Sondern es ist Spätsommer und sie erlebt ihr ganzes Leben an nur einem Tag. Und dieser einzige Tag wird trotzdem ein wunderbarer Tag. Von Anfang an, gleich, nachdem sie geschlüpft ist.

Film-O-Ton: „Es ist 7 Uhr und 5 Minuten. Sie hören den frühen Vogel hier im Waldfunk auf 47.11. Pünktlich mit der aktuellen Fliegenvorhersage. Heute ist Eintagsfliegenschlüpftag. Wir erwarten einen ziemlichen Ansturm auf die letzten Sonnenstrahlen des Sommers und begrüßen die neuen Erdenbewohner mit einem Hit von Kelly Sunshine: „It’s a good day”, heute ist ein guter Tag.

Musik 1: It’s a good day (Album: Capitol Records From The Vaults: "Vine Street Divas")

CD-Name: Capitol Records From The Vaults: "Vine Street Divas"; Titel: It‘s a good day; Track-Nr.: 15; Interpret: Dave Barbour & His Orchestra/Peggy Lee; Komponist: Peggy Lee, Dave Barbour; Texter: Peggy Lee, Dave Barbour; Verlag: Capitol Song Inc.; Label: Capitol; LC-Nr.: 00249;

EAN: 0724352554324;

Autorin: An einem guten Tag im herrlichen Altweibersommer schlüpft also die Eintagsfliege am Ufer eines Sees. Gegenüber wohnen der Fuchs und das Wildschwein. Wie jeden Morgen genießen die beiden den beginnenden Tag im Wald: Vogelgezwitscher, Sonnenstrahlen zwischen den Bäumen, Trüffelpuffer – vom Wildschwein frisch gebraten – und ein Schlückchen Wein aus einem Glas mit Goldrand. Jeden Morgen kosten die Gefährten das Schauspiel aus, das die Natur ihnen bietet. Mit einem Fernglas beobachten sie das andere Ufer. Das Wildschwein ist skeptisch, der Fuchs sehr aufgeregt.

Film-O-Ton: „Da, gleich schlüpft sie. – Und dann ist sie lebendig. – Und morgen ist sie tot. – Das ist so traurig! Komm, wir gehen! – Warum? – Ich will sie nicht kennenlernen. Wenn ich sie kennenlerne und liebgewinne, … – Dann musst du weinen, wenn sie stirbt!? Wer weint denn um eine Eintagsfliege!? Der Tod ist wie das Leben: unabwendbar. – Und niemand weint über das Leben. Und deshalb … – … und deshalb sollte auch keiner über den Tod weinen.

Film-O-Ton: Musik

Autorin: Der Tod ist wie das Leben – unabwendbar. Nichts worüber man weinen müsste, meinen Fuchs und Wildschwein – kauzig verkörpert von Lars Rudolph als Fuchs und Aljoscha Stadelmann als Wildschwein. Die zwei haben schon oft am Ufer gesessen und über das Leben nachgedacht. Der Fuchs:

Film-O-Ton: „Weißte was, wir machen eine Trüffelbude auf. Trüffel-Fritters from the woods von Fuchs und Wildschwein. – Was hast’n du damit zu tun? – Na, ich verkauf die Dinger (lacht). Durch mich wirst du reich. Dann kannst du dir alles leisten. – Hm, hm.

Autorin: Der Fuchs prostet, das Wildschwein sinniert – und klopft sich auf den Wanst.

Film-O-Ton: „Ich hab‘ alles!

Autorin: Schon oft haben die beiden über das Leben nachgedacht. Über Reichtum, Glück – und eben den Tod. Aber als die kleine Fliege zu ihnen hinüber gehüpft kommt, ist es zu spät zum Abhauen. Und weil sie so niedlich ist und so lebensfroh, bringen sie es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass ihr nur ein Tag vergönnt ist. Sie selbst aber werden davon so traurig, dass es auch die Eintagsfliege merkt.

Film-O-Ton: „Hey, trauriges Schwein, du verheimlichst doch was. (…) – Ich sorge mich nur um den Fuchs. – Echt? Was hat er denn? – Er hat nicht mehr lang zu leben. – Der Fuchs? – Füchse leben hierzulande nur einen Tag. – Ein einziger Tag? Dabei ist ja die Welt 1000 Millionen Tage wert.

Autorin: Angesichts des nahen Todes wird auch die Fliege traurig. Doch sie besinnt sich schnell. Nicht Trauern ist jetzt die Aufgabe. Man muss dem Fuchs helfen, dass er nicht sein ganzes kurzes Leben auf den Tod starrt.

Film-O-Ton: „Gehn wir an die Arbeit! Wir machen ihn glücklich! – Das ist eine gute Idee. – Liebe kleine Fliege. Das ist ja ganz reizend von dir, aber … – Keine Widerrede! Wer nur einen Tag hat, der braucht das ganze Glück in 24 Stunden.

Film-O-Ton: Musik

Autorin: Und in diesen 24 Stunden erleben sie das ganze Leben. Es wird ein wunderbarer Tag. Alles hat seine Zeit: lachen, durch den Wald laufen, lernen, lieben, Bäume erklettern, im Gras liegen, eine Familie sein, alt werden, schlafen.

Sprecher: Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:

Autorin: So beschreibt es der Prediger Salomo im Alten Testament. Der Weisheitslehrer betrachtet das ganze Leben:

Sprecher: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.

Autorin: Ich mag diesen Text, die Gelassenheit, die Weisheit, die darin spricht. Das Leben ist ein Wachsen und ein Werden und ein Vergehen. So ist das einfach. So einfach ist das. Das ist ja nichts Neues. Aber der Prediger Salomo – genau wie der Film um die Eintagsfliege – beschreibt alles so selbstverständlich, entlastend. Solche Texte und solche Filme nehmen mir manche Grübelei, ich gerate dann nicht in Unruhe oder Erstarrung. Ich lasse mich anregen, das Leben – und auch den Tod – ebenso selbstverständlich zu nehmen. Das Glück in den kleinen Alltäglichkeiten zu finden: lachen, durch den Wald laufen, lernen, lieben, arbeiten, im Gras liegen, mit Freunden und Familie zusammen sein, alt werden, schlafen. – Und bei allem, sagt mir der Prediger Salomo, bin ich umgeben von Gottes Fürsorge:

Sprecher: Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in der Menschen Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende. Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes. (Prediger 3)

Autorin: In dem Film „Nur ein Tag“ hat die Eintagsfliege genau das verstanden. Sie genießt das Glück des Augenblicks – zusammen mit Freunden. Auch die sind eine Gabe Gottes. Gegen Abend dieses einen wunderbaren Tages erfährt die Eintagsfliege: Es ist sie, die heute ihren einzigen Tag erlebt. Sie versteht nicht gleich. Wütend über die Freunde und die Lüge, die sie ihr aufgetischt haben, haut sie ab. Stiefelt durch einen düsteren Wald, kommt in ein schwarzes Tal, Gewitterwolken sind aufgezogen, sie weint. Und dann trifft sie ihre Artgenossin, die Trübsal blasende Eintagsfliege.

Film-O-Ton: „Seit heute Morgen zählt die Zeit rückwärts. Trübsal heißt das Haus, in dem ich wohne. Trauer nur, wohin das Auge schaut.

Autorin: Im Gespräch mit der Trübsalfliege verraucht allmählich die Wut. Denn auch die fröhliche Eintagsfliege zählt, und zwar die Ereignisse ihres Tages, und merkt, wie sehr sich Fuchs und Wildschwein ins Zeug gelegt haben, um aus dem Tag einen wunderschönen Tag zu machen. Ein schönes Leben. – Und dann hat sie es eilig. Denn sie muss noch ein paar Aufgaben ihres Lebens erledigen.

Als der Tag zu Ende geht, finden Fuchs und Wildschein die lieb gewordene Freundin endlich. Ermattet liegt sie am Ufer.

Film-O-Ton: „Hey, kleine Fliege, wach auf! – Da seid ihr ja. Und ich dachte schon, ich sehe euch nie wieder. Ich habe meine letzte Prüfung bestanden.“

Autorin: Die Fliege hat sich gepaart. Diese Aufgabe hätte sie fast vergessen. Aber nun wachsen neue Larven im See heran.

Film-O-Ton: “Hey! Fliege! Bist du noch da? – Ja. – Hast du einen Wunsch? Du hast einen frei. – Geht nicht weg, wenn ich einschlafe!“

Autorin: Nicht allein sein im Leben. Und nicht allein sein im Sterben. Diese Aufgabe übernehmen die Freunde. Der Fuchs greift zur Trompete und spielt sein Abschiedslied für die Fliege. Es ziehen die Bilder ihres Lebens vorbei.

Film-O-Ton: Musik „Die Blümelein, sie schlafen…“

Autorin: Der eine Tag in diesem Film steht für ein ganzes Leben. Alles hat seine Zeit in diesem Leben. – Und umgekehrt gilt auch: Ein Leben ist wie ein Tag. Vom Aufwachen bis zum Schlafengehen. Und ich muss meine Aufgaben, die mir das Leben gibt, finden und erledigen. An diesem Tag und im ganzen Leben. Ich soll guten Muts sein, gelassen und heiter. Und wissen: Gott begleitet mich. – Gut! So will ich es heute machen.

Film-O-Ton: Musik “Abide with me…“

Musik 2: Abide with me (Album: James Morrison: Gospel Collection Volume Two)

CD-Name: James Morrison: Gospel Collection Volume Two; Titel: Abide with me; Track-Nr.: 4; Interpret: James Morrison; Komponist: William Henry Monk; Texter: Henry Francis Lytes; Verlag: Morrison Records; Label: Classic Fox Records; LC-Nr.: 52892; EAN: 9323078007773;

(1) Bundesweite Kinotermine zu finden unter: http://www.wfilm.de/nur-ein-tag/kinotermine?ct=t%28Nur_ein_Tag_Kinotour_Koeln%29

Die DVD erscheint im Dezember 2017.

Bild: (copyright) W-Film/Heimatfilm

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