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Das Geistliche Wort | 24.12.2017 | 08:35 Uhr

„Alle Jahre wieder?!“

„Hier, den kannst Du jetzt mal halten“, sagte die Hebamme und hielt mir mein Patenkind Elias Antonius entgegen, der gerade einmal drei Wochen alt war. „Da kannst Du nichts falsch machen. Die sind unkaputtbar.“ Danach nahm sie die Mutter des Neugeborenen mit in den nächsten Raum und ich stand da allein mit diesem kleinen Wurm. Im Fliegergriff lag er in meinem Arm und gluckste fröhlich vor sich hin.

Diese Situation, die sich vor ein paar Wochen ereignet hat, brannte sich tief in mein Gedächtnis ein, liebe Hörerinnen und Hörer. Als Priester erlebe ich bei Taufen zwar viele Kinder, auch viele Neugeborene, aber im engsten Freundeskreis ist Elias mir der Nächste in diesem Alter und dann auch noch mein Patenkind.

Plötzlich gingen mir viele Fragen durch den Kopf, während ich mit Elias auf dem Arm meine Runden durch das Wohnzimmer seiner Eltern drehte: In welche Welt bist du eigentlich hineingeboren worden? Was für eine Zukunft wirst du haben? Wie wird es sein, wenn du mal 18 Jahre alt bist? Ich sehe mich heute noch mit dem Kleinen auf dem Arm summend Runden durch das Zimmer laufen.

Aber eine Sache kommt mir immer wieder in den Kopf. Heike, die Hebamme, hatte ihn als unkaputtbar bezeichnet. Das wünsche ich ihm wirklich, dass er aufrecht sein Leben meistern wird und dass auf seinem Lebensweg nichts so schiefläuft, dass er daran kaputt geht. Wenn ich allein auf mein Leben schaue, dann kann ich da Geschichten erzählen – von Verletzungen, Enttäuschungen und einigen Tiefpunkten. Aber ebenso viele Geschichte machen mir auch klar: Etwas in mir ist doch auch wirklich unkaputtbar. Als Christ bin ich überzeugt, dass ein Kern von mir und ein Kern in mir von nichts zerstört werden kann. Manch einer mag es Seele nennen, eine andere Person sagt Würde dazu. Ich habe da keinen Namen dafür. Ich spüre es einfach.

MUSIK I

Ob wohl jemand Maria das auch sagte, als sie den neugeborenen Jesus auf dem Arm gehalten hat? „Maria, dieses Kind ist unkaputtbar?“ Natürlich war das nicht die Sprache vor 2000 Jahren. Das Wort entspricht auch keinesfalls der Stallromantik, in der sich viele Menschen die Weihnachtsgeschichte vorstellen und auch nicht dem, wie es heute in den Weihnachtsgottesdiensten vorgetragen wird. Mit all den schönen Bildern, die immer dazu gedichtet werden: holder Knabe mit lockigem Haar. Kein schreiendes Kind, keine Verzweiflung wie das Kind gewickelt und versorgt werden soll, aber auch keine Absicherung mit Elterngeld und Kindergeld. Die Realität dieser Geburt vor mehr als 2000 Jahren war wirklich eine andere. Und angekündigt wurde sie Maria doch mit großen Worten:

„Der Engel sagte zu Maria: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.“ (Lk 1, 35)

Da taucht es aber genau wieder auf, wenn auch in recht alter und salbungsvoller Sprache. Jesus wird heilig genannt werden, sagt der Engel. Denn dieses Kind ist wie Gott, ist sein Sohn, ein ganz besonderer Mensch und als Heiliger eben unkaputtbar. Aber Moment mal, ist dieser Jesus in seinen letzten Lebensstunden nicht auch gefoltert und gepeinigt worden. Am Kreuz und schließlich am Ostermorgen wird er dennoch zeigen: Er ist der Unkaputtbare – einfach nicht klein zu kriegen – er kann das Schlechte, ja sogar den Tod besiegen.

Trägt er wohl auch diesen Kern in sich, den manche Würde oder Seele nennen? Bei Jesus würde ich diesen Kern anders nennen. Er lebt eine tiefe und unzerstörbare Beziehung mit Gott. Er lebt das, was ihn besonders macht, obwohl er ein Mensch ist wie ich es bin. Da ist diese ihm eigene Nähe zu Gott. Da ist seine ungebrochene positive Haltung: Es scheint wie die Naivität eines Kindes zu sein, das strahlend und freudig durch die Welt zieht und hinter der nächsten Ecke nichts Böses erwartet. Nur, dass dieser Jesus sich das durch seine 33 Lebensjahre bewahrt hat. Anders als manche von uns, hat er wohl den Draht nicht verloren zu seinem Gott, den er selber liebevoll Väterchen genannt hat, auch wenn er sich vor seinem Tod von ihm verlassen fühlte. Sein unkaputtbarer Kern ist diese Gottesbeziehung. Deswegen kann der Evangelist Lukas die Kindheit Jesu auch mit einem Satz passend zusammenfassen:

Das Kind wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte es mit Weisheit und seine Gnade ruhte auf ihm. (Lk 2, 40)

MUSIK II

Heute Abend werde ich die Weihnachtsgeschichte Jesu wieder vorlesen. Die Geschichte, die uns der Evangelist Lukas hinterlassen hat, und die uns erzählt was in der Nacht in der Jesus zur Welt gekommen ist passierte. Die Geschichte von der Herbergssuche, von der Geburt, von den Engeln, die die Gottes Größe besingen, von den Hirten, die als erste Zeugen des neugeborenen Gottessohnes voll Staunen ihre Herden verlassen. Sie finden ein Kind, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt. Es sieht nicht aus wie ein König, es sieht nicht aus wie der Retter der Welt und es ist so ärmlich zur Welt gekommen, dass man ihm keine Revolution einer Religion bzw. der ganzen Welt zutraut. Keine Größe, keine besondere Würde, kein Heldentum scheint da in einer Windel gewickelt zu liegen.

Und doch, so erzählt es die Geschichte, sehen die Hirten etwas und erkennen in diesem winzigen Menschenwesen, was die Engel ihnen vorher noch berichtet haben:

Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. (Lk 2, 11)

In dieser Krippe liegt Gott, der unkaputtbare Schöpfer dieser Welt und allen Lebens. Er liegt dort in einer verletzbaren und hilflosen menschlichen Gestalt. Eigentlich ein Moment voller Ironie, aber die Hirten lachen nicht laut los. Sie sehen und glauben. Und für mich als Christ, ändert sich mit diesem Moment etwas in der Geschichte der Welt. Denn jetzt darf auch ich, ja jeder Mensch erkennen und sehen, was die Hirten in der Nacht von Bethlehem gesehen haben: Jeder Mensch ist in seinem Kern ein heiliges, ja ein unkaputtbares Wesen. Weil Gott etwas unglaublich Großes in einen jeden Menschen gelegt hat, was niemand – ausschließlich niemand – uns allen wegnehmen kann.

Bei Jesus ist es seine enge Gottesbeziehung. Es muss aber jede und jeder für sich herausfinden, wie wir sie oder er es benennen, fühlen, betrachten will, dieses Unkaputtbare. Für mich ist es wie ein fester Kern in mir, den ich spüren kann.

MUSIK III

Heute Abend, wenn ich die Weihnachtsgeschichte von der Nacht in Bethlehem vorgelesen habe, werde ich in über 100 Gesichter von Kindern und Jugendlichen in einem Kinderdorf schauen. Die Kinder und Jugendlichen wurden vom Jugendamt ihren Familien weggenommen, da man hofft, dass sie in diesem Kinderdorf besser aufgehoben sind. Manche wurden misshandelt, andere vergewaltigt, wieder andere wurden verwahrlost aufgefunden. Wenn ich heute Abend diese Geschichte vorgelesen habe, möchte ich in die Gesichter dieser Kinder und ihrer Betreuerinnen und Betreuer gucken und hoffe in ihren Augen etwas Unkaputtbares zu sehen.

Und ich hoffe, dass dieser Moment heute Nacht weltweit an vielen Orten passiert und dass Menschen mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass sie etwas Einmaliges und Großartiges sind, denen ihr innerster Kern nicht kaputt gehen kann. Wenn wir Christen es schaffen, genau das heute Nacht an Weihnachten in den vielen Gottesdiensten zu vermitteln, dass jeder einen unkaputtbaren Kern hat, dann haben wir an dem weitergebaut, was Jesus uns in seiner kurzen Lebenszeit mitgeben wollte. Ich bin überzeugt: Mit dieser Grundlage kann jeder auch eine so intensive Gottesbeziehung führen und leben, wie er es getan hat. Denn für Jesus war dieser Gott der Schlüssel zu dem, wer er selbst wirklich war und ist. Und das kann auch für jeden Menschen gelten: Gott, ist mein Schlüssel dafür, wer ich wirklich bin und was mir niemand nehmen kann.

Was für die Hirten ihr Moment in der Nacht von Bethlehem war, das war für mich der Moment, als Heike, die Hebamme, mir den kleinen Elias auf den Arm gelegt hat und mir sehr deutlich in ihrer Sprache klar gemacht hat, dass dieser drei Wochen alte Mensch ein Heiliger, ein Besonderer eben ein Unkaputtbarer ist. Diese Erfahrung, wünsche ich uns allen an diesem Weihnachtsfest.

Bleiben Sie Ihrer Unkaputtbarkeit treu!

Ihr Matthias Fritz aus Aachen.

MUSIK IV

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