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Das Geistliche Wort | 03.12.2017 | 08:35 Uhr

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Warten im Advent

Heute wusste ich gar nicht, was ich zuerst tun soll. Das dritte Türchen am Adventskalender öffnen, oder die erste Kerze am Adventskranz anzünden? Aber dann siegte der Hunger nach etwas Süßem am frühen Morgen. Also erst schnell die Schokolade hinter ihrem Papptürchen befreien, und dann ganz in Ruhe mit einem Streichholz das Licht zwischen den Tannenzweigen zum Leuchten bringen. Das Licht breitet sich aus und taucht das Zimmer in adventliche Stimmung. Ich schaue auf die drei übrigen Kerzen, und dann wird mir klar: In diesem Jahr brauche ich nicht so lange auf Weihnachten zu warten. Wenn in drei Wochen das vierte Lichtlein brennt, sind es nur noch ein paar Stunden bis zum Heiligen Abend.

Eigentlich schade. Es fehlt einer dieser schönen Adventssonntage, die etwas Ruhe in die hektische Weihnachtsvorbereitung bringen. Denn wer hat am Heiligen Abend schon die Ruhe, morgens noch richtig an den vierten Advent zu denken?

Als Kind kam es mir endlos lange vor, bis ich endlich das Weihnachtsglöckchen aus dem Wohnzimmer hörte. Der Baum strahlte in seiner ganzen Pracht. Die Geschenkpakete lagen vielversprechend unter den Zweigen. Doch sie mussten noch warten. Denn bevor Bausteine und Stofftiere zum Einsatz kamen wurden noch Weihnachtslieder gesungen. Und das schien wieder endlos zu dauern. Viel länger als das Auspacken.

Aber wenn ich es mir recht überlege, dann war der Überraschungseffekt der neuen Spielsachen ziemlich schnell verflogen. Dagegen erschien mir das Warten auf das Weihnachtsfest undenklich lange zu dauern. Als Kind hätte für mich Weihnachten öfter kommen können.

Doch heute denke ich, gerade die Zeit des Wartens auf dieses besondere Fest hat ihren besonderen Reiz. Dabei wird Warten heute oft als verlorene Zeit betrachtet. Wieso eigentlich? Oder anders gefragt: Wann ist das Warten lästig und schwer auszuhalten - und wann ist das Warten so etwas wie Vorfreude? Und wie kann ich dann das Warten gestalten?

Zehn Minuten muss ich an der Haltestelle warten, weil mir die Bahn vor der Nase weggefahren ist. Das Warten kommt mir endlos vor, weil ich genau weiß, dass ich nicht mehr pünktlich komme.

Einmal habe ich wochenlang auf meine Liebste gewartet. Aber die Zeit wurde mir nicht lang. Denn ich konnte mir ausmalen, wie schön die gemeinsame Zeit werden wird.

Sechs Stunden habe ich in Berlin vor dem Museum gewartet. Dann endlich sah ich die modernen Kunstwerke aus New York, die in der Menge in den nächsten hundert Jahren bestimmt nicht wieder nach Deutschland kommen. Aber hat sich das lange Warten gelohnt? Nur um einmal sagen zu können: „Ich bin dabei gewesen!“

Mancher wartet monatelang auf einen Termin beim Facharzt. Und dann dauert es noch mal anderthalb Stunden im Wartezimmer. Die Behandlung ist sehr langwierig, doch dann kommt die erlösende Nachricht: „Sie sind über den Berg, Sie haben es überstanden!“

Worauf lohnt es sich wirklich zu warten? Und welche Wartezeit hätte ich mir ersparen können? Das nervige Warten an der Haltestelle ist vermeidbar, wenn ich früher von zu Hause los gehe. Und den Besuch im Museum kann ich mir zur Not auch schenken.

Natürlich möchte ich schneller beim Arzt an die Reihe kommen. Aber wenn ich später wirklich gesund bin, dann fällt die Wartezeit nicht ins Gewicht.

Musik 1: Houston Person - Our First Christmas (Instrumental)

Es gibt Dinge, die einfach ihre Zeit brauchen. Die Adventszeit ist dafür ein Symbol. Advent ist die Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Aber diese Vorbereitungszeit wurde ursprünglich nicht so verstanden, wie wir es heute tun.

Advent bedeutet nicht, die Weihnachtseinkäufe generalstabsmäßig zu organisieren und ein Festessen akribisch vorzubereiten.

Advent bedeutet ursprünglich das Warten auf die Ankunft des Sohnes Gottes in unserer Welt. Das jährliche Weihnachtsfest und die Adventszeit sind die Erinnerung daran, dass die Menschen gehofft haben, dass jemand ihre Sehnsucht erhört. Ihre Sehnsucht nach Frieden und Geborgenheit.

In der Zeit vor der Geburt des Christkindes mussten viele Menschen in Israel unter Gewalt und Unterdrückung leiden. Ihr Land war über Jahrhunderte von fremden Herrschern besetzt, mal hatten sie mehr Freiheiten, mal weniger. Sie sehnten jemanden herbei, der die Fremdherrschaft abschüttelt, und der dafür sorgt, dass sie ihren Glauben in Freiheit und Gemeinschaft leben können. Und ihre Sehnsucht bedeutete, dass sie warten mussten. Und dieses Warten wurde nicht in Stunden oder Wochen gemessen.

Die Bibel berichtet davon, dass manche Menschen damals ein Leben lang warteten, dass dieser Erlöser in die Welt kommt. Und als Maria und Josef mit dem acht Tage alten Jesuskind zum ersten Mal den Tempel besuchten, da trafen sie auf zwei alte Menschen. Simeon und Hannah. Sie waren nicht an der Krippe und wussten nichts von der Verkündigung der Engel an die Hirten. Aber sie erkannten in dem kleinen Jesus den Sohn Gottes, den Erlöser. So erzählt es das Lukasevangelium. Und so wussten Simeon und Hannah, dass sich das lebenslange Warten gelohnt hatte. Sie mussten nun nicht mehr warten, bis er groß wurde und sein Werk vollenden konnte. Sie konnten zufrieden ihrem Lebensende entgegensehen, weil sie die Welt in guten Händen wussten. (Lukas 2,21-40)

Im Advent denken Christen daran, dass viele Menschen auf einen wie Jesus Christus gehofft hatten. Auf einen Erlöser, der ein Leben in Freiheit und Liebe ermöglichen würde. Und Christen glauben fest daran, dass dies vor rund 2000 Jahren geschehen ist. Doch von außen betrachtet scheint sich die Welt nicht verändert zu haben. Menschen bedrohen einander immer noch mit Krieg und Gewalt. Und immer wieder haben einzelne sich als Retter in der Not aufgespielt und die Leute auf ihre Seite gezogen, und es ist hinterher noch viel schlimmer geworden, als es jemals war.

Aber Jesus Christus wollte kein weltlicher Herrscher sein, der mit einfachen Rezepten die Welt verändern würde, nein er hat die Herzen der Menschen angerührt und hat sie dazu bringen wollen, anders zu denken und zu handeln. Die Liebe sollte ihre Herzen regieren, nicht der Wille nach Ruhm und Größe, und auch nicht das Streben nach Luxus und Bequemlichkeit. Liebe heißt für ihn, das dankbar weiterzugeben, was man selbst geschenkt bekommen hat. Für andere Menschen da zu sein. Sich voll und ganz einzusetzen dafür, dass der andere genauso gut leben kann, wie man es sich für sich selbst wünscht. Das sind die Sehnsüchte, die Jesus erfüllen wollte. Damit Frieden und Gerechtigkeit sich ausbreiten. Nicht mit Macht und Gewalt, sondern so, dass Menschen davon ergriffen werden und sich verändern.

Musik 2: Nils Landgren - Christmas Hymn (00:00 – 01.22) Instrumental ( = „Nun komm, der Heiden Heiland“)

Auf so einen wie Jesus Christus lohnt es sich zu warten. Er ist vor 2000 Jahren in diese Welt gekommen. Auch heute kann ich ihm noch begegnen. Wenn ich von ihm lese oder höre, was er gesagt und getan hat. Wenn ich bete oder mit anderen das Abendmahl feiere. Wenn ich erlebe, wie Menschen sich für andere einsetzen und die Welt ein Stück gerechter oder friedvoller wird. Dann breitet sich diese Liebe aus, von der Jesus gesprochen hat und die ihn selbst bewegt hat.

Ich kann ihm begegnen, wenn ich mich selbst geliebt fühle. Denn ich mache ja Fehler oder werde anderen nicht gerecht. Dann zu spüren: Du bist trotzdem geliebt und darfst leben, tut gut.

Und ich kann mich an ihn wenden, wenn ich Leid auszuhalten habe. Dann ist da kein weit entfernter, unnahbarer Gott, sondern ein Gott, der Mensch geworden ist, der das Leid kennt und der an meiner Seite ist.

Wenn ich auf diesen Gott warte, dann ist Warten nicht langweilig, sondern es ist geschenkte Zeit. Ich hoffe darauf, dass Gott mir irgendwann noch viel mehr schenkt, als die nötige Liebe für mein tägliches Leben. Ich warte auf Gottes vollkomme Liebe. Ich hoffe, auf ein ewiges Leben bei Gott. Darauf lohnt es sich, ein Leben lang zu warten.

Die Kerzen des Adventskranzes können mir helfen, ein Gespür für diese Liebe zu bekommen. Die Kerze strahlt ein kleines Licht aus. Dieses Licht vermittelt Wärme und gibt ein Gefühl der Geborgenheit. Es ist ein anderes Licht als die bunten und blinkenden Reklamelampen. Auch solche flackernden Strahler sollen in mir eine Sehnsucht wecken. Aber sie erzeugen doch eher ein Verlangen nach vergänglichen Dingen. Das erfüllt mich nicht.

Ja, ich freue mich sehr, wenn mir ein geliebter Mensch ein kleines Geschenk überreicht. Es ist ein Zeichen der Liebe und ein Symbol dafür, dass jemand an mich denkt. Das ist ein gutes Gefühl und daran denke ich lange zurück.

Alle Jahre wieder zünde ich meine Adventskerzen an, und warte darauf, das Gefühl zu spüren, dass auch Gottes Liebe immer wieder neu zu mir kommt. Solch ein Warten ist keine verlorene Zeit. Ich kann versuchen, die Wartezeit zu füllen. Ich versuche dann, bewusst zu warten. Ich kann mich auf die Ankunft von Gottes Liebe vorbreiten.

Ich kann versuchen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die mich von Gottes Liebe trennen können. Ich kann auf manches verzichten, was mich nicht weiterbringt. Ich muss nicht alles mitmachen, nur weil es angesagt ist. Ich kann versuchen, ein Gespür zu entwickeln für Menschen, die meine Hilfe brauchen. Das müssen nicht immer die ganz spektakulären Heldentaten sein. Ich kann versuchen, einfach offen und ansprechbar zu sein, dann wird sich vieles ergeben.

Ein solches aktives Warten verkürzt die Wartezeit und hält die Sehnsucht nach Liebe wach. Ein solches Warten ist für mich gewonnene Zeit. Und auf einmal merke ich, dass die Zeit viel schneller vergeht und dann spüre ich, dass mir die Tage zwischen dem 4. Advent und dem Heiligen Abend fehlen werden.

Warten Sie mit mir auf das Fest der Liebe. Ich lade Sie ein, jeden einzelnen Tag im Advent zu genießen.

Ihr Michael Nitzke von der Evangelischen Kirche in Dortmund.

Musik 3: Enrico Pieranunzi Trio - Winter Song (Instrumental)

Musik 1

CD-Name:Santa Baby

Track-Name/-Nr.:Our First Christmas / 2

Interpret:Houston Person

Label:Savoy Jazz

Bestell-Nr.ASIN: B002I65VC6 (Amazon)

Musik 2

CD-Name:Christmas with My Friends II

Track-Name/-Nr.:Christmas Hymn / 13

Interpret:Nils Landgren -

Komponist:nach Ev. Gesangbuch eg4: Einsiedeln 12. Jh., Martin Luther 1524

Label:ACT Music

Bestell-Nr.ASIN: B002RYKOTE (Amazon)

Musik 3

CD-Name:Trioscape (Volume 4)

Track-Name/-Nr.:Winter Song / 15

Interpret:Enrico Pieranunzi Trio

Label:Yvp music

Bestell-Nr.ASIN: B006NFY0NY (Amazon)

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