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Das Geistliche Wort | 04.11.2018 | 08:35 Uhr

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Seenot

Steffens1: Da hörte ich auf einmal was rauschen, ich guckte, es war ja nachts, es war ja 23.30 Uhr circa, und da hörte ich was und guckte, ich sah und guckte hoch und sagte zu den Kollegen: „Haltet Euch gewaltig fest, da kommt gewaltig was an!“ Da hatten wir, wie man heutzutage sagt, so ein Kaventsmann, so ne Riesenwelle gekriegt. Die war circa, ich weiß es nicht, 10 Meter hoch, unser Boot ist 10,50 Meter hoch, da musste man bestimmt noch sechs, sieben Meter hoch gucken, war die Welle, die da ankam. Die haben wir quer gekriegt, so sind wir dann quer geschlagen, 110 Grad Schlagseite, wir sind nicht ganz durchgekenntert. Und da bin ich aus dem Boot gegangen, (über Bord gespült worden).

Autor: erzählt Dieter Steffens, Vormann, also Kapitän, auf einem Seenotrettungskreuzer in der deutschen Nordsee. Guten Morgen, Es ist eine Geschichte von Leben und Tod. Eine Stunde, 20 Minuten verbringt der Seemann in der aufgepeitschten nächtlichen Nordsee.

Steffens1: Erst mal zu realisieren, dass man überhaupt im Wasser war, was war passiert, bis man wieder zu sich gekommen ist einigermaßen, da war in der Wellenhöhe – das konnte, konnte man gar nicht begreifen.

Autor: Das Schiff von Dieter Steffens war manövrierunfähig. Die Mannschaft konnte nur noch eine Notmeldung absetzen. Windstärke 12, tosende Wellen, das dunkle Wasser, tiefe Nacht. Was geht einem durch den Kopf, wenn man spürt: Das Leben kann gleich zu Ende sein!

Steffens1: Wo ich da im Wasser war, habe ich gedacht: Was ist passiert? Jetzt treibst Du hier … Ich wusste ja aus Erfahrung, bei dem schlechten Wetter überhaupt jemand zu finden, das ist wie die Nadel im Heuhaufen. (…) (Steffens1: 5:38) Dann habe ich erst mal gebetet, ich kann´s ruhig sagen, ich bin nicht unbedingt ein gläubiger Mensch, aber da habe ich doch wirklich zu Gott gebetet, dass er mir helfen soll!

Musik 1: Yann Tiersen: Eusa (Track 14): Penn Ar Lann:

Autor: Was gibt Menschen Kraft, in der größten Lebensgefahr zu bestehen? Das ist eine große Frage. Der Unfall auf dem Seenotrettungskreuzer ist 28 Jahre her. Doch Dieter Steffens erinnert sich genau:

Steffens1: Man sagt ja, das Leben geht an einem vorbei. Aber es ist tatsächlich so. Man denkt an die Kinder (zu der Zeit hatten wir noch zwei Kinder), die waren klein, man denkt an die Kinder, die sieht man nicht mehr groß werden. Wie geht das weiter mit der Familie? (Steffens1 8:25) Das hat dann auch Kraft gegeben.

Autor: Und er hat gebetet, wie es in einem Psalm der Bibel heißt: „In tiefer Not ruf ich zu Dir!“

Steffens1: Habe ich auch mehrmals gemacht. Und es hat, hat auch geholfen, im Nachhinein.

Autor: Der Hubschrauber hat ihn nachher rausgeholt. Um 0.40 Uhr. Es war seine Rettung. Wenige Minuten länger, das hätte er bei dem kalten Wasser der Nordsee auch nicht mehr durchgehalten, sagt der Notarzt nachher:

Steffens1: Der Hubschrauber (wo er dann angeflogen kam) ging mit seinem Lichtkegel immer so zwei, drei, vierhundert Meter an mir lang, der hat ja nur einen bestimmten Kegel mit dem er absuchen kann. Man wird ja verrückt im Kopf. (Steffens1 6:38): Das Glück war dann die Otto Schülke, die war da auch hingeschickt worden (…) und die haben mich dann ins Scheinwerferlicht gekriegt und auch, weil ich so geschrien hab, haben die mich gefunden.

Autor: Es war „die Nadel im Heuhaufen“ – und sie haben ihn doch gefunden.

Steffens1: Aber die konnten mich ja nicht an Bord nehmen, weil die Wellenhöhe zu groß war. (…) Die haben dann den Hubschrauber dahin geordert und der hat mich dann da rausgeholt; aber wie das alles passiert ist, kann ich nicht sagen, das weiß ich bis heute nicht. Ich weiß nur, dass ich dann irgendwie in die Schlinge da rein gekommen bin; dann bin ich erst wieder im Krankenhaus aufgewacht.

Musik 2: Yan Tiersen: Eusa (Track 4): Porz Goret,

Autor: Wer eine Katastrophe überlebt, wird dankbar. Dieter Steffens hat im Krankenhaus auch noch mal mit Gott gesprochen, erzählt er.

Steffens1: Ich habe, wo ich im Krankenhaus war, da habe ich Gott gedankt, ja. Habe ich gesagt, also, dass das so klar gegangen ist. Dass er mir doch geholfen hat. So, das habe ich.

Autor: Die Geschichte von Dieter Steffens ist eine Rettungsgeschichte. Eine Geschichte, die allen Mut machen kann, wenn sie denken, es geht nicht mehr weiter. Nichts geht mehr weiter. Allerdings, so eine Geschichte kann das Leben verändern. Dieter Steffens wollte seinen Dienst für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger anschließend fortsetzen, so wie immer. Aber es ging es nicht mehr.

Steffens1: … da hatten wir wieder einen Einsatz, auch starken Ostwind, da war ich dann mit ´nem Tochterboot unterwegs und ´nem Kollegen. Da mussten wir auch ´nen Schiff in Schlepp nehmen. (…) Da stand ich auch am Ruder und da sag ich zu meinem Kollegen: „Geht nicht mehr!“. Ich habe Magenkrämpfe vor Angst! Schweißausbrüche. (…) Es ging nicht! War wie ne Blockade. Da habe ich gesagt: Das hat keinen Zweck! (...) Ich kann nicht weiter machen (...) Und dann konnte ich, Gott sei Dank, hier in Neuharlingersiel auf der Fähre als Steuermann anfangen und seitdem bin ich hier beschäftigt auf dem Fährschiff.

Musik 3: Yan Tiersen: Eusa (Track 12): Roc‘h Ar Vugale, 0:00-0:16 anschl. noch weiter unterlegen bis Sprecherpart

Autor: Die Bibel erzählt Geschichten vom Sturm. Vielleicht deshalb, weil das Meer ein Sinnbild ist für die vielen Untiefen und Bedrohungen, die das Leben mit sich bringt. Am eindrucksvollsten ist für mich die von Petrus und den Jüngern auf dem See Genezareth:

Sprechertext 1: Und die Jünger fuhren mit Boot mitten auf dem See. Und sie kamen in große Not durch die Wellen, denn der Wind stand ihnen entgegen. Und Jesus kam ihnen in der vierten Nacht über das Wasser entgegen. Und sie erschraken: „Er ist ein Gespenst!“ Und sie schrieen vor Furcht. Petrus aber sprach. „Herr, bist Du es. So befiehl mir, zu Dir zu kommen auf das Wasser.“

Jesus sprach: „Komm her!“ Und Petrus stieg aus dem Boot ging auf dem Wasser zu Jesus. Als er aber denn starken Wind, den Sturm sah, erschrak er und begann einzusinken.

Autor: Petrus sieht seinen Herrn nicht mehr. Er sieht nur noch die hohen Wellen, hört den Sturm rasen und spürt seine Angst. – Dieter Steffens hat mir einen Rat gegeben, wenn ich mal über Bord gehen sollte:

Steffens2: Vor allem Ruhe bewahren, Ruhe, Ruhe, Ruhe bewahren. Das ist ganz, ganz wichtig. Nicht irgendwie ausflippen oder so, auch körperlich Ruhe (….) So lange man sich nicht viel bewegt, bleibt das Wasser am Körper, dann unterkühlt man nicht so leicht, so sehr man sich bewegt, kommt immer wieder Kälte an den Körper ran. So wenig bewegen wie möglich!

Autor: Petrus wird panisch. Er sieht Jesus nicht mehr und verliert damit auch seine Hoffnung. Dabei ist Hoffnung lebenswichtig, gerade dann, wenn man keine Rettung mehr sieht. Das ist die eigentliche Botschaft dieser Bibelgeschichte vom Sturm:

Sprechertext 2: Und Petrus schrie: Herr, rette mich! Jesus streckte sogleich seine Hand aus und ergriff ihn aus den Fluten und sprach zu ihm: „Du Kleingläubiger, warum hast Du gezweifelt?“ Und sie stiegen in das Boot und der Wind legt sich. Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: „Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!“

Steffens2: Ich habe die ganze Zeit gehofft, so lange ich da im Wasser getrieben habe, mit meinen Gedanken, ich habe immer gehofft (…): Die finden dich! – habe ich immer gehofft. Die müssen dich finden! – und die finden dich auch.

Musik 4: Yan Tiersen: Eusa (Track 14): Penn Ar Lann,

Autor: Für mich eine beeindruckende Geschichte. Ich kann daran lernen, was Hoffnung ist. Wie Hoffen geht. Ich will darauf zurückgreifen, wenn es darauf ankommt. Hoffnung, das heißt für mich, dass ich mir klar mache: Was trägt mich? Was gibt mir Kraft? Die Familie, Freunde, so wie bei Dieter Steffens. Auch der Glaube: Dass da doch eine gute Macht ist, die bei mir ist, wenn ich mich elend fühle. Oder einsam. Die mich sogar hält, die mich nicht untergehen lässt in den Tiefen des Meeres.

Ich denke an dieses Sprichwort: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das sagt sich so leicht. Manchmal stirbt die Hoffnung aber auch zu früh. Seenotretter erzählen, dass Menschen untergehen, die noch gut hätten gerettet werden können. Weil der Kopf zugemacht hat.

Wenn Du flach auf dem Wasser liegst, reduziert sich dein Horizont um die Hälfte, sagen die Seenotretter. Das Boot hat dich vielleicht schon im Blick. Du siehst es aber nicht – und gehst unter. Wer hätte gedacht, dass man nachts im Sturm 75 Minuten aushalten kann?

Hoffnung will ich lernen! Ich möchte sie bei mir tragen wie eine Rettungsweste, damit ich darauf zurückgreifen kann, wenn es darauf ankommt.

Steffens4: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das kann ich bestätigen. Das kann ich sagen. So war´s bei mir!

Musik 5: Yan Tiersen: Eusa (Track 4): Penn Ar Roc‘h,

Autor: Die Hoffnung, dass man gerettet wird, ist die Botschaft der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Die Organisation überwacht die ganze deutsche Nord- und Ostseeküste jeden Tag, jede Stunde, Tag und Nacht. Und Retter wie Dieter Steffens riskieren selbst ihr Leben für andere. Letztes Jahr gab es rund 2.000 Einsätze, davon 58, wo es wirklich um Leben und Tod ging. Im Schnitt also jede Woche einen heftigen Einsatz.

Die Seenotretter finanzieren sich allein aus Spenden. Viele Spenden kommen von Menschen, die selbst gerettet wurden, aus Dankbarkeit.

Dankbarkeit, das hat auch Dieter Steffens gelernt. Und eine neue Sicht auf das Leben:

Steffens3: Ich habe Bescheidenheit gelernt, man nimmt viele Dinge anders war, wie es vor dem war, ja. Man ist mit der Familie ganz anders umgegangen. Man denkt ganz anders darüber. Steffens3 (3:32). Man lebt bewusster. Man unternimmt ganz andere Sachen, die man vorher nicht gemacht hat mit der Familie, mit Freunden.

Autor: Die Geschichte von Dieter Steffens ist eine Wundergeschichte. Er weiß ja, dass ein Schiffbruch, gerade in tiefer Nacht, auch schlecht ausgehen kann.

Steffens3: Die Rettung war ein Wunder, ja das kann man sagen. Der 21. August ist so wie mein zweiter Geburtstag. Den ich feiere. (4:14) Das gilt heute noch so. Mit den Kollegen, die damals dabei waren (…), habe ich heute noch Kontakt zu.

Autor: Wunder, wie die Rettung von Dieter Steffens, sind wohl nur deshalb möglich, weil die Hoffnung bleibt. Hoffnung, auch wenn ich nicht sehen kann, was mir Hoffnung gibt. Hoffnung, die darauf vertraut, dass Gott mich nicht alleine lässt. Das wünsche ich mir – das wünsche ich auch Ihnen, Ihr Joachim Gerhardt von der evangelischen Kirche in Bonn.

Musik 6: Yan Tiersen: Eusa (Track 2): Pern

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Musik:

Autor: Yann Tiersen

Titel: Eusa

Erscheinungsjahr: 2016

Label: Mute Artist Limited

5051083108171/CDSTUMM397

LC: 27959

Quellen:

Bibelgeschichte nach Mt 14, 22-33

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