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Kirche in WDR 5 | 15.11.2018 | 06:55 Uhr

„Hingabe statt win-win“

Gerechtigkeit – was ist das eigentlich? Manche verstehen unter Gerechtigkeit dasselbe wie Gegenseitigkeit. Sie sagen: „Ich zahle meine Steuern gerne, vorausgesetzt, andere tun das auch.“ Wer so denkt, nimmt die kleinen und großen Steuersünder gerne zum Anlass, bei sich selbst auch nicht mehr so genau hinzugucken. Die eigene Gerechtigkeit ist dann an Bedingungen geknüpft: „... vorausgesetzt, andere tun das auch.“

Als Christ lerne ich von Jesus: Gegenseitigkeit ist zwar wichtig. Wer aber die Welt verändern will, muss barmherzig sein.

Eine Art von Gegenseitigkeit lese ich in der Bergpredigt. Dort gibt es die so genannte Goldene Regel: „Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen“ (vgl. Mt 7,12). Im Volksmund klingt das so: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“ Immanuel Kant hat daraus den kategorischen Imperativ gemacht: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Es kommt also darauf an, so zu handeln, wie man es von anderen erwartet. Dann macht man zumindest nichts falsch, dann respektiert man sich gegenseitig. Wirklich gut ist nur das, was für alle gut ist.

Dennoch: Die Welt verändern kann man damit nicht. Das habe ich gemerkt, als ich mal Mitglied in einem Aufsichtsrat einer sozialen Einrichtung war. Dort sprach man oft von einer „win-win-Situation“: Es mussten Lösungen gefunden werden, von denen alle Beteiligten profitierten. Das klingt nach einem gerechten Ausgleich, nach Gegenseitigkeit. Dennoch: Damit bleibt alles nur in den Grenzen des Machbaren und Bezahlbaren. Was eine profitorientierte Gesellschaft unter „win-win“ versteht, ist im Grunde genommen nur der Ausgleich zwischen Egoisten: „Wie du mir, so ich dir!“ „Was du nicht willst, das man dir tu“, dadurch wird die Welt nicht besser.

Jesus aber will die Welt verändern. Bei ihm geht es nicht bloß um Gegenseitigkeit. Sondern um Barmherzigkeit, also geradezu um den Verzicht auf „win-win“. Dazu erzählt er ein Gleichnis: Ein König will mit seinen Knechten abrechnen. Der eine schuldet ihm zehntausend Talente, ein Riesenvermögen. Als der Knecht nicht zahlen kann, wird ihm die ganze Schuld erlassen. Doch der Knecht hat noch einen Kollegen, der ihm hundert Denare schuldet. Das ist, gemessen an zehntausend Talenten, lächerlich wenig. Doch der Knecht hat mit seinem Kollegen kein Erbarmen (vgl. Mt 18,23-35). Er hat sich des großen Erbarmens, das er selbst empfangen hat, nicht würdig erweisen, weil er anderen gegenüber hartherzig geblieben ist. Das Zurückzahlen der Schulden wäre für beide gerecht gewesen. Das Erlassen der Schulden ist barmherzig. „Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,31) – dieses Jesuswort steht nicht in den Evangelien, sondern wird von Paulus überliefert.

„Geben ist seliger als Nehmen“ – damit bin ich bei der Hingabe, die über Gegenseitigkeit und Barmherzigkeit noch hinausgeht. Hingabe bedeutet, dass ich mich selbst verschenke. Ich gebe nicht nur etwas, sondern mich selbst. Und zwar ohne Gegenleistung. Zum Beispiel meine Zeit, meine Energie, meinen Einsatz. Und ja, wenn es hart auf hart kommen sollte: mein Leben! Jesus hat seinen Tod am Kreuz so verstanden – als Hingabe. Aber auch heute gilt: Wer liebt, zieht möglicherweise selbst den Kürzeren. Weil er nicht an den eigenen Vorteil denkt. Er sieht im anderen nicht nur ein Mittel zum Zweck. Wer liebt, verschenkt sich selbst.

Das ist ein hoher Anspruch, mag sein. Aber im Grunde genommen lebt jeder Mensch davon. Die meisten Eltern opfern nämlich den besten Teil ihres Lebens für ihre Kinder auf. Damit aus ihnen etwas wird. Dafür erwarten sie nicht einmal einen Dank. Niemand kann seinen Eltern vergelten, was sie für ihn eingesetzt haben an Zeit und Kraft. Fast jeder Mensch hat also wenigstens einmal im Leben erfahren, was Hingabe bedeutet. Und dass es glücklich macht, sein Leben zu verschenken. Nicht aus Eigennutz, nicht auf Gegenseitigkeit, nicht als „win-win“. Ohne Anspruch und ohne Berechnung. Sondern einfach nur so, aus Liebe.

Mehr als nur Gegenseitigkeit brauchen wir Hingabe und Liebe. Das jedenfalls meint Pfarrer Stefan Jürgens aus Münster.

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