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Kirche in WDR 5 | 21.08.2019 | 06:55 Uhr
Der hellblaue Rucksack
Guten Morgen. So ein Rucksack ist eine praktische Angelegenheit – jetzt, in der Reisezeit zumal. Und auch im Alltag. Und manchmal ist ein solcher Rucksack auch ein Statement. Durch sein Aussehen, seine Gestaltung und Beschriftung zeige ich dem, der hinter mir her geht, was mir wichtig ist. Manchmal sehe ich noch diesen hellblauen Rucksack von 2005. Zugegeben, er ist nicht besonders teuer gewesen, aber er war ein Statement. Das ganze Ereignis, zu dem der Rucksack gehörte, war ein Statement. Ich spreche vom Kölner Weltjugendtag.
Rund 800.000 dieser Rucksäcke wurden damals an die Teilnehmer aus der ganzen Welt ausgegeben. Immer, wenn ich einen Menschen mit diesem Rucksack sehe, denke ich an dieses Großereignis, zu dem sogar der Papst aus Rom nach Köln an den Rhein kam. Und ich denke an die vielen Bilder, die sich für mich mit diesem Riesenfest verbinden: Bunte Menschen aus aller Welt bevölkern die Metropole am Rhein, machen sie für ein paar Tage zu dem, was sie eigentlich immer sein will: zum Mittelpunkt -zumindest der katholischen- Welt.
Heute ist es genau 14 Jahre her, als sich über eine Million Menschen auf dem Marienfeld bei Köln zur großen Abschlussmesse mit Papst Benedikt XVI. versammelt haben. Der größte Gottesdienst, der jemals auf deutschem Boden gefeiert wurde. Schon am Vorabend hatte es eine beeindruckende Feier mit abertausenden Lichtern gegeben. Die hellblauen Rucksäcke immer ebenfalls zu abertausenden dabei. Waren sie in den Tagen zuvor schon in der Stadt und im ganzen Umland zu einem Symbol für den Weltjugendtag geworden, so konzentrierte sich das helle Blau jetzt an einem Ort. Keine der zahlreichen Kameras, die die Bilder des großen Glaubensfestes in die ganze Welt trugen, kam an ihnen vorbei. Klar, sie waren ja auch praktisch, die Organisatoren hatten sie neben dem Programm mit allerlei nützlichen Utensilien für das Leben unterwegs bestückt. Und sie waren eine Botschaft, weil sie in ihrer Vielzahl einen der wichtigsten Sätze Papst Benedikts unterstrichen: „Wer glaubt ist nie allein.“ Das wurde natürlich deutlich in der über eine Million Menschen beim Abschlussgottesdienst auf dem Marienfeld, es wurde aber auch in der Zeit danach, ja bis heute deutlich, denn immer wieder begegnet man bis heute den hellblauen Rucksäcken von damals. Oft in kleinen Gruppen. Und oft mit einem Schmunzeln: Ja – die letzten 14 Jahre sind auch an dir nicht spurlos vorübergegangen. Und doch fühlst du dich dem Geist von damals verbunden. Und doch wird alles aus den Tagen von Köln wieder lebendig. Die Heerscharen von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern – natürlich ausgestattet mit hellblauem Rucksack. Die Stadt, ja die ganze Region, die sich als fantastische Gastgeber bewiesen. Der Papst, der mit einem großen Schiff über den Rhein kommt und der Tränen der Rührung vor dem Dreikönigsschrein im Dom vergisst. Pelé, der große Fußballer, umjubelt auf dem Balkon des Domhotels, der den Papst mit vielen tausend Menschen auf dem Roncalliplatz vor dem Dom begrüßt. Die unzähligen unkonventionellen Begegnungen mit Menschen aus aller Welt – vom Kardinal bis zum Messdiener, vom Polizisten bis zum Techniker, vom Ordner bis zur Frau an der Essensausgabe. Und immer wieder: der hellblaue Rucksack. Ein Statement – in der Ferienzeit und sonstwann: „Du bist nicht allein!“ Lass die Bilder in dir lebendig werden – und erzähl anderen davon, die sie nicht erlebt haben – egal, ob sie damals einfach nicht dabei oder noch nicht geboren waren. Vielleicht begegnen Sie ja heute einem der kleinen hellblauen Rucksäcke von damals. In diesem Sinne: Du bist nicht allein! Ihr Ulrich Clancett, Pfarrer aus Jüchen. Vielleicht hören wir uns ja morgen früh wieder.