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Kirche in WDR 5 | 02.10.2019 | 06:55 Uhr

Tag der Gewaltlosigkeit

"Nur wer nicht anklagt, beruhigt; nur wer beruhigt, versteht; und nur wer versteht, mildert das Böse."[1] Lieber Hörerinnen und Hörer, es ist vierzig Jahre her, dass sich mir dieser Satz des Theologen Eugen Drewermann tief eingeprägt hat. Er ist mir ein wichtiger Leitfaden für gewaltloses Handeln geworden. Deshalb kommt er mir heute am offiziellen „Tag der Gewaltlosigkeit“ als erstes in den Sinn.

Der „Tag der Gewaltlosigkeit“ wurde im Jahr 2007 von den Vereinten Nationen ausgerufen. Man wählte dafür den Geburtstag von Mahatma Gandhi, dem bedeutenden Anwalt der Gewaltlosigkeit, der heute vor genau 150 Jahren geboren wurde.[2] Eine Quelle für Gandhi war Jesus Christus. So schrieb er in einem Brief: „Seine Lehre, seine Einsicht und sein Opfertod bewegen mich zur Verehrung. [...] Sein Opfertod ist Vorbild und Beispiel für uns. [...] In meinen Augen ist Jesus einer der größten Propheten und Lehrer, die der Welt je gegeben wurden.“[3] So Gandhi.

Von Anfang an haben Christen nach der Lehre Jesu gewaltlos gelebt. Entgegen der allgemeinen Meinung zieht sich die Haltung der Gewaltlosigkeit durch die ganze Kirchengeschichte hindurch.[4] Allerdings haben Christen auch immer wieder dagegen gehandelt, wenn sie für sich politische Macht suchten, sich mit der Staatsgewalt verbanden oder – wie im Fall der Hexenverfolgung – wider besseres Wissen dem Zeitgeist folgten.

Heute müssen Millionen von Christen selbst unter verschiedenen Formen von Verfolgung leiden.[5] Manchmal – wie in China – nur weil sie als Katholiken in Gemeinschaft mit dem Papst stehen wollen. Und in Saudi-Arabien z. B. leben 1,5 Millionen Christen, die noch nicht einmal eine Bibel besitzen dürfen, geschweige denn einen Gottesdienst feiern.[6] Sie alle tragen ihr Los absolut friedlich und völlig gewaltfrei – ganz nach dem Vorbild Jesu.

Unter viel einfacheren Umständen hat Jesus auch mich zum Bemühen um ein gewaltloses Leben angeregt. In den großen Diskussionen der achtziger Jahre um den NATO-Doppelbeschluss ist mir durch das Evangelium aufgegangen, dass es nicht nur um die Frage des Gewaltverzichts zwischen Staaten gehen kann, sondern das Gewaltlosigkeit ein Grundprinzip meines eigenen alltäglichen Handelns sein sollte.

„Liebt eure Feinde!“ „Verurteilt nicht!“ „Erlasst einander die Schuld!“[7] „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.“[8] Diese Worte Jesu sind für meinen konkreten Alltag gesprochen. Wo mir jemand quer kommt oder mich angreift. Wo ich mich über jemanden ärgere oder mich sein Verhalten zum Zorn reizt. Überall da kann ich den Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt, von Ärger und neuem Ärger nur durchbrechen, wenn ich versuche, nicht auf dieselbe Weise zu reagieren. Oft kann ich dann nicht wirklich lieben, aber mit Gottes Kraft doch wenigstens ruhig und einigermaßen freundlich sein. Manches Mal habe ich erfahren, wie sich Beziehungen dann gewandelt haben und ein gutes Auskommen möglich wurde.

Wenn ich an die vielen Situationen von Mobbing oder an die oft sehr rohen Äußerungen im Internet denke, ist Gewaltlosigkeit in unserem konkreten gesellschaftlichen Alltag vielleicht die Herausforderung unserer Zeit. Der heutige „Tag der Gewaltlosigkeit“ ist ein guter Tag, um bei sich selbst neu damit anzufangen: "Nur wer nicht anklagt, beruhigt; nur wer beruhigt, versteht; und nur wer versteht, mildert das Böse."

Weihbischof Stefan Zekorn, Münster


[1] Eugen Drewermann, Strukturen des Bösen, Paderborn: Ferdinand Schöningh 1977–1978, Bd.3, 584. [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Mahatma_Gandhi#Global_days_that_celebrate_Gandhi [3] Nach: Indische Geisteswelt, Bd. 1. Glaube und Weisheit der Hindus, hg. von Helmuth von Glasenapp, Darmstadt: Holle, 280f. [4] Arnold Angenendt, Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Bibel und Schwert, Münster: Aschendorff 52009; ders., „Lasst beides wachsen bis zur Ernte. Toleranz in der Geschichte des Christentums, Münster: Aschendorff 2018; leichter zu lesen: Manfred Lütz, Der Skandal der Skandale. Die geheime Geschichte des Christentums, Freiburg: Herder 2018. [5] https://www.pewforum.org/wp-content/uploads/sites/7/2017/04/Pew-Research-Center-Religious-Restrictions-2017-FULL-REPORT.pdf [6] https://www.zdf.de/nachrichten/heute/wie-es-den-christen-auf-der-arabischen-halbinsel-geht-100.html [7] Mt 5,44; 7,1; Lk 6,27.37 [8] Mt 5,39; Lk 5,29

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