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Kirche in WDR 5 | 12.12.2019 | 06:55 Uhr
Das Licht einer Kerze
Klassische Adventslieder gibt es sehr viele und sie halten sich erstaunlich gut. Moderne Adventslieder gibt es dagegen nur wenige. Und die, die es doch gibt, haben es schwer, populär zu werden.
Eines der bekannteren modernen Adventslieder habe ich schon in unzähligen Grundschulgottesdiensten gesungen. Es heißt: „Das Licht einer Kerze“ und ist ein Kinderlied. Vielleicht erscheinen Text und Melodie etwas simpel. Aber Jesus sagt ja selbst: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder… "Das Licht einer Kerze" stammt aus der Feder des deutschen Liedertexters und Kinderbuchautors Rolf Krenzer. Er war Sonderpädagoge, später dann Schulleiter und Universitätsdozent. Jahrzehntelang hat sich Krenzer für Menschen mit geistiger Behinderung engagiert. Vor 12 Jahren bereits ist er gestorben. Seine Lieder aber leben weiter – vielleicht, gerade weil sie einfach sind, bestimmt aber, weil sie sehr eingängig sind, vor allem für Kinderohren.
„Das Licht einer Kerze“ jedenfalls empfinde ich als ganz prägnante Zusammenfassung des Advents. Hören Sie mal kurz rein:
Sprecher: "Das Licht einer Kerze ist im Advent erwacht – eine kleine Kerze leuchtet durch die Nacht. Alle Menschen warten hier und überall, hoffen voll Vertrauen auf das Kind im Stall."
Was wäre der Advent ohne Kerzen? Seltsam genug eigentlich, dass sich Kerzen in der Adventszeit immer noch behaupten können angesichts einer durch und durch mit neonhellem, künstlichem Licht erhellten Welt. Ihr faszinierendes Geheimnis verlieren Kerzen offenbar nicht. In den römischen Katakomben hat mir mal ein Führer gezeigt, was Dunkelheit wirklich bedeutet. Er machte seine Stabtaschenlampe in einem Gang aus, in dem es dann stockfinster war – das war wirklich unheimlich. Eine ganze Zeit sagte niemand was und die Dunkelheit umfing uns. Ein Erlebnis, das ich nie vergessen habe.
Nachdem es den Menschen gelungen war, Licht durch Kerzenschein zu erzeugen, war das über viele Jahrhunderte die einfachste und häufig auch die einzige Möglichkeit, die Finsternis etwas aufzuhellen. Kerzen und Öllampen brachten Licht und Wärme – und damit ganz automatisch auch Gefühle wie Trost und Hoffnung. Und Kerzen konnten ganz konkret helfen: Früher stellte man Kerzen in die Fenster der Häuser, was den Menschen auf den Straßen Orientierung brachte. In manchen Ländern werden Kerzen auch in den Räumen entzündet, in denen ein Mensch stirbt und Gott damit entgegen geht.
Viele alte Geschichten erzählen deshalb nicht zufällig davon, wie Kerzen eine geradezu religiöse Bedeutung zuerkannt wurde. Franz von Assisi hat einmal gesagt: „Gegen die Nacht können wir nicht ankämpfen, aber wir können ein Licht anzünden.“ Das Licht einer Kerze kann die Dunkelheit nicht besiegen, aber es ist ein Zeichen der Hoffnung. Das Lied von Rolf Krenzer spricht genau davon.
Das Licht einer Kerze ist im christlichen Glauben natürlich auch ein Hinweis auf Jesus, das Licht der Welt – so nennen ihn die Christen. Jesus macht die Dunkelheit hell. Er nimmt sie nicht einfach weg. Aber er lässt ein Licht aufscheinen in den dunklen Momenten. Er erhellt das Leben all derer, die sich im Leben und im Sterben auf ihn verlassen. An den Worten, die von ihm in der Bibel überliefert sind, können sich viele Menschen festhalten. Der Advent kann eine Zeit sein, das für mich persönlich neu zu entdecken: Inwieweit vertraue ich darauf, dass mit der Geburt Jesu ein Licht in dieser Welt zu leuchten begann, ein Licht das immer noch da ist? Trägt mich, trotz aller Nacht und Dunkelheit, eine Hoffnung durch mein Leben? Rolf Krenzers Kinderlied bringt es in aller Einfachheit auf den Punkt: Das Licht einer Kerze ist im Advent erwacht – eine kleine Kerze leuchtet durch die Nacht – alle Menschen warten hier und überall – warten voll Vertrauen auf das Kind im Stall.
Einen schönen Adventstag wünscht Ihnen Michael Bredeck aus Paderborn.