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Kirche in WDR 5 | 11.09.2020 | 06:55 Uhr

9/11

Guten Morgen,

11. September, Nine-Eleven. Wie ein Kartenhaus fallen sie in sich zusammen, als zwei Flugzeuge nacheinander an ihnen zerschellen, die beiden Türme des World-Trade-Centers in New York City. Staubwolken, Menschen, die aus den Wolkenkratzern springen. Andere, die sich retten konnten und jetzt orientierungslos umherirren. Diese Bilder sind unabänderlich mit dem heutigen Tag verbunden. Auch nach fast zwanzig Jahren lassen sie uns nicht los. Bis heute verursachen sie ein beklemmendes Gefühl in der Magengegend. Aber wie heute angemessen mit diesem Tag umgehen? Man könnte einen Vergleich ziehen zwischen den Verschwörungstheorien, die in den Jahren nach dem extremistischen Terroranschlag aufgestellt wurden mit denen, die jetzt in der Corona-Krise entstehen. Es sind damals wie heute politisch gefärbte aber letztlich hilflose Erklärungsversuche für das Unfassbare, das in der Welt geschieht. Bis heute haben sie ihre Anhänger. Bei Nine-Eleven ist es so: Für die einen steckt die US-Regierung dahinter. Die brauchte – so meinen manche - einen Grund, den Krieg in Afghanistan und dann im Irak anzuzetteln. Andere sehen hinter dem Anschlag eine jüdische Weltverschwörung. Wieder andere glauben, dass Saudi-Arabien für die US-Regierung gehandelt hat. (1) Dabei spielt auch immer Misstrauen gegenüber den Religionen eine Rolle.

Aber Gedenken kann auch anders aussehen. Seit vielen Jahren gibt es um den 11. September herum ein interreligiöses Friedensgebet in Berlin, bei dem der Opfer gedacht wird. „Sie starben, weil Wahnsinn in unserer Welt mitregiert“, so die jüdische Kantorin Esther Hirsch. „Wir brauchen uns“, sagt Imam Kadir Sanci. „Wir müssen zusammenhalten“. (2) Veranstaltet wird das interreligiöse Friedensgebet vom House of One. So wird die „Drei-Religionen-Stätte“ heißen, die in Berlin entstehen soll, und deren Initiatoren seit Jahren schon den interreligiösen Dialog pflegen. Unter anderem mit Veranstaltungen und Gebeten zu Gedenktagen an extremistische Gewalttaten wie dem Massaker in Christchurch. „Beten, nicht Rache ist unsere Antwort auf den Hass, der Mitmenschen zu Feinden macht“, (3) sagt Pfarrer Gregor Hoberg damals. Es geht nicht darum, naiv das Gewaltpotential zu leugnen, das in Religionen steckt. Religionen können von radikalen Anhängern missbraucht werden. Aber es gibt auch die andere Seite. Die Vertreterinnen und Vertreter der drei Religionen, die da gemeinsam unterwegs sind, sehen es als ihren Auftrag, in der Welt Frieden zu stiften. Der 11. September ist ein Symbol dafür, wie Hass und Gewalt den gesellschaftlichen Frieden gefährden und zu immer neuer Gewalt führen können. Deshalb ist dieses furchtbare Geschehen ein guter Anlass, für den weltweiten Frieden zu beten. Solche Taten verschwinden nicht von alleine aus der Welt. Dagegen gilt es etwas zu tun. In der Bibel steht:

„Wer das Leben erlangen und gute Tage sehen will… soll sich vom Bösen abwenden und Gutes tun. Um Frieden soll er sich bemühen, ja, sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen.“ (1. Petrus 3, 10a.11, BasisBibel, Stuttgart 2010)

Das heißt für Christinnen und Christen und eigentlich für alle Menschen, gleich welcher Religion: aufeinander zugehen, im Dialog sein, sich austauschen, sich kennenlernen und wo möglich gemeinsam beten. Nicht nur um den 11. September und nicht nur in Berlin.


Das meint Pfarrerin Barbara Schwahn, Meerbusch


(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Verschwörungstheorien_zum_11._September

(letzter Abruf 15.08.20)


(2) https://house-of-one.org/de/presse; Zitate aus Ankündigung zu Friedensgebet zum 11. September 2018

(letzter Abruf 15.08.20)

(3) Christoph Strack, „Unsere Antwort ist Beten nicht Rache“, CHRISTCHURCH, 20.3.2019

https://www.dw.com/de/friedensgebet-im-house-of-one-unsere-antwort-auf...

(letzter Abruf 15.08.20)





Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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