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Das Geistliche Wort | 31.01.2021 | 08:40 Uhr

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Gott heilig sein! Gott heiligen!

Autorin: Was ist dir heilig?


Mein Kaffee am Morgen ist mir heilig. Möglichst in der Stille begrüße ich den neuen Tag mit der warmen Tasse in beiden Händen. Am Morgen tief Luft holen für den Tag. Sonntage sind mir heilig – freie Zeit nach der Geschäftigkeit der Woche. Meine Familie ist mir heilig, dass die Kinder es gut haben in ihrem Leben. Abende mit Freunden an meinem alten Tisch im Wintergarten. Tanzen gehen mit meiner Salsa-Clique lässt mein Herz höherschlagen. Und dann ist da noch mein Schlüsselanhänger. Die kleine abgenutzte Stoffmaus, an ihr hängt mein Herz. Sie ist sichtbares Zeichen für Glücksmomente mit meiner verstorbenen Schwester.

Momente, Menschen und auch einige Dinge sind es. Wenn mir etwas heilig ist, dann hängt mein Herz daran. Ich nehme mir Zeit dafür. Es ist mir wichtig. Richtig wichtig. Ich tue was ich kann, damit es eine gute Zeit wird und ich lasse nichts dazwischenkommen.


Musik 1: „Volver, volver“ von CD Salsa, Interpreten: Grupo Galé, Track 1, Verlag: Putumayo World Music, 2009, IFPI L555, PUT 289-2, ISBN 9781587502330.

Oder: Salsa No. V Classic meets cuba, Klazz Brothers Cuba Percussion Ludwig van Beethoven


Autorin: Die Pandemie, die uns in Atem hält, hat zu vielen bereits den Atem genommen. Sie verhindert Leben, wie wir es kennen. Kontakte sind eingeschränkt, vertraute Menschen müssen sich fernbleiben, Begegnungen sind nur mit Abstand und draußen möglich. Die Welt hat sich verändert. Mir fehlen meine Freunde, mir fehlen Abende mit Gästen. Doch in aller Veränderung kommt es auch zu einer neuen Achtsamkeit für das Leben. Ich bin mir bewußter, woran ich hänge, was ich nie mehr verlieren möchte, wen oder was ich vermisse, wenn ich allein bin. Manches, was zuvor gar nicht mehr im Fokus war, ist jetzt besonders.


Musik 2: Piano Concerto No. 3/II (Radio Edit), Klazz Brothers and Cuba Percussion


Autorin: Beim Wort „heilig“ klingt im Deutschen etwas Besonderes, Vollkommenes an. Wenn etwas heilig, heil ist, ist es ganz. Das macht den Zauber von heiligen Momenten aus. In dem, was mir heilig ist, kann ich ganz sein. Bin ich ganz ich.


Mit Beginn des erneuten Lockdowns nach Weihnachten, gehe ich viel an die frische Luft. Fast jeden Tag drehe ich meine Runde durch den Barmer Wald. Das tut gut. Den Wind um die Nase, den weiten, ausgetretenen Waldpfad unter den Füßen – so fühle ich mich wohl. Ich gehe bis zu meiner Lieblingsbank mit Ausblick über die Stadt. Von hier aus kehre ich um, trete den Rückweg an. Den Wendepunkt begehe ich bewußt, indem ich einen Moment stehen bleibe. Ich horche wie mein Atem geht. Einatmen – Ausatmen – Nichtatmen. Eine luftige Lebensvergewisserung. Ich bin dankbar. Diese Momente haben etwas Heiliges. Ich fühle mich mit mir selbst, aber auch mit Gott verbunden. Der Theologe und Dichter Kurt Marti verleiht dem in seinem Gedicht „Mein Atem geht“ Ausdruck (1):



Sprecher:


Mein Atem geht –

was will er sagen?


Vielleicht:




Schau! Hör! Riech! Schmeck! Greif! Lebe!

Vielleicht:




Gott atmet in dir mehr als du selbst.

Und auch:




In allen Menschen, Tieren, Pflanzen, atmet Er




wie in dir.

Und so:




Freude den Sinnen!




Lust den Geschöpfen!




Friede den Seelen!


Musik 3: Klazz Brothers and Cuba Percussion, Piano Concerto No 3/II, vgl. Musik 2


Autorin: Das Heilige kennt jeder Mensch, auch wenn er nicht religiös ist. So sagt es der Soziologe Hans Joas. Für ihn ist es ein menschliches Phänomen in unserer „entzauberten Moderne“. Das Heilige erfahren wir im Außeralltäglichen, wenn wir etwas erleben, das uns bis in den Kern berührt. (2)


Sprecher: „Das kann die Geburt eines Kindes sein oder das Gefühl, mit etwas oder jemandem zu verschmelzen – etwa bei einem Naturerlebnis oder einer begeisternden Massenveranstaltung. So etwas vergessen wir nie. An die wichtigsten Momente unseres Lebens haben wir auch nach Jahren noch intensive, szenische Erinnerungen – während wir schon nicht mehr wissen, wie wir vor fünf Minuten durch das Treppenhaus gegangen sind.“ (3)


Autorin: Für Hans Joas sind diese Erfahrungen so besonders, dass es nichts Vergleichbares gibt. Man fühlt sich einen Moment lang, als sei man außerhalb seiner eigenen Person. Er nennt das Selbsttranszendenz. Die Erfahrung kann für Joas in Religion münden, muss es aber nicht. Als Christin genügt mir das nicht. Doch mir gefällt, dass Joas die Erfahrungen als Gelegenheit sieht, wie gläubige und nicht gläubige Menschen gut ins Gespräch kommen können.

Musik 4: Carmen Cubana von CD Klazz Brothers and Cuba Percussion, Georges Bizet, Classic meets Cuba


Autorin: Die hebräische Bibel spricht von Gott als dem Heiligen. Alles, was zu Gott gehört, ist heilig: der Himmel, die Engel, der Tempel, seine Stadt Jerusalem. Es gibt einen abgesonderten Bezirk, das Allerheiligste im Tempel, an dem die Bundeslade mit den Zehn Geboten steht. Nur der Hohepriester darf dorthin, einmal im Jahr. (4) Ein umschlossener Bereich, vom Alltag abgegrenzt. Ein Ort, der Gottes Einmaligkeit angemessen ist. Gott ist der ganz Andere. Kein Sterblicher kann den Ort betreten, an dem Gott wohnt und doch kann man Gott auf der Erde erkennen. Gott ist heilig, dreimal heilig, wie es der Prophet Jesaja sagt. Gott ist heilig: Im Himmel, auf der Erde und für immer und ewig.


Musik 5: Sanctus von der CD Officium. Jan Gabarek. The Hilliard Ensemble, 1994, Track 3, Anonymous, LC 2516.


Autorin: Gott erwählt Menschen, die ihm dienen. Das sind Prophetinnen und Propheten, Priester. Ihnen und seinem Volk lässt Gott sagen:


Sprecherin: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr euer Gott. (Die Bibel, 3. Mose 19, 1f.) (5)


Autorin: Ein solcher Mensch war Moses. Aus dem brennenden Dornbusch hört er Gottes Stimme und empfängt den Auftrag die Menschen seines Volkes Israel aus der Hand der Ägypter zu befreien. Seine Schuhe hatte er ausgezogen, dort, weil der Boden heilig war. Doch weder Moses, noch der Erdboden um den Busch sind aus sich heraus heilig, sondern weil Gott gegenwärtig ist. Heiligkeit ist keine Eigenschaft, sondern eine Beziehung zu Gott. Gott heiligen bedeutet die Beziehung zu Gott suchen und im Halten der Gebote leben. Es ist der Gott Israels, der zu seinem Volk spricht. Der Gott, der zuvor klar gemacht hatte: ich Gott, gehe mit euch. Ich bin da.

So war das in Israel. Dann, mit Jesus blieb die Beziehung zu Gott wichtig. Nur dass jeder Mensch Gott hören konnte, durch das, was Jesus von Gott predigte. Durch das, was Jesus Christus in Gottes Namen tat.


Musik 6: Mambozart von der CD Klazz Brothers and Cuba Percussion, Wolfgang Amadeus Mozart.


Autorin: Zur Zeit der Reformation spitzte sich die Einsicht zu, dass weder ein Kirchenraum, noch ein Priester oder Kult heilig sein kann. Martin Luther sagte sogar ein Saustall könne ein heiliger Ort werden, wenn darin recht gebetet werde (6). Ob er den verlorenen Sohn vor Augen hatte, der aus diesem Ort umkehrt und auf Vergebung des Vaters hofft? Heilige sein heißt, dass ich noch so verloren sein kann. Gott wird mich finden. Als Findelkinder Gottes sind sie die „Gemeinschaft der Heiligen“, von der wir im Gottesdienst in unserem Glaubensbekenntnis sprechen. Sie sind die, die zu Christus gehören. Doch wie genau lebt man diese Zugehörigkeit? Jesus macht dies in einem Streitgespräch mit Schriftgelehrten deutlich.


Sprecherin: „Und es trat zu ihm einer der Schriftgelehrten, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten. Als er sah, dass er ihnen gut geantwortet hatte, fragte er ihn: Welches ist das höchste Gebot von allen? Jesus antwortete: Das höchste Gebot ist das: „Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft. Das andere ist dies: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Es ist kein anderes Gebot größer als diese.“ (Die Bibel, Markus 12, 28ff.) (7)


Autorin: Jesus betont die Einzigartigkeit Gottes. Nichts und niemand darf vergöttlicht werden. Der Herr ist Gott, der Herr allein. Ihn soll der Mensch lieben. Die Worte sind aus dem jüdischen Gebet Schema Israel geliehen. Und im gleichen Atemzug sagt Jesus, dass der Mensch den Nächsten lieben soll. Weil der Nächste ist wie Du. Weil auch er oder sie Fehler hat und der Vergebung bedarf. Weil auch die Nachbarin sich quält durch die nicht enden wollenden Monate der Pandemie. Das höchste Gebot nach Jesus hat zwei Seiten: Gott lieben und den Nächsten, das eine nicht ohne das andere, und das andere nicht ohne das eine.


Musik 7: Piano Concerto, vgl. Musik 2


Autorin: Gott lieben und die Menschen: unsere glaubenden Versuche verbinden uns mit Jesus. Es ist an uns Gott zu heiligen und Anderen Gutes zu tun, sorgfältig mit der Schöpfung umzugehen, das Schöne zu bewahren. Als Hilfe für unseren Lebens- und Glaubensweg, hat Jesus uns sein Gebet hinterlassen. Mit den alten Worten des Vaterunser suchen wir Gott immer wieder auf. Beim „Vater unser im Himmel“ nehmen wir Kontakt auf, richten unseren Blick auf Gott. In der vertrauensvollen Anrede sprechen wir Gott als Gegenüber an. Und das erste, was wir ihr sagen, ist: „Geheiligt werde dein Name.“

Die geliehenen, vertrauten Worte des Vater Unser bergen mich. Ich spreche sie im Vertrauen, dass Gott hört, auch wenn ich zweifle. Gott sieht mein Bemühen. Gott lässt mich nicht, auch wenn ich es gerade schwer habe. Darauf vertraue ich.


Musik 8: Salsa, vgl. Musik 1.


Autorin: Auch heute werde ich meine Runde durch den Barmer Wald drehen. Mit großen Schritten durch die Natur. Schon jetzt freue ich mich auf das Durchatmen an der Bank. Dankbar Luft holen für die vor mir liegende Zeit. Heilige Momente wünsche ich Ihnen an diesem Sonntag. Ihre Susanne Wolf, Pfarrerin aus Wuppertal.


Musik 9: Salsa, vgl. Musik 1



Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel

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