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Kirche in WDR 5 | 06.08.2021 | 06:55 Uhr
Verklärung des Herrn
Es ist viele Jahre her, da verbrachte ich eine ganz Nacht auf einem Berg im Languedoc in Südfrankreich. Der St Beaume. Wir waren damals als Novizinnen – also in der Ausbildungszeit innerhalb des Ordenslebens- auf den Spuren unsere Ordensgründer unterwegs. Dazu gehörte der Besuch des Berges, auf dem die heilige Maria Magdalena 30 Jahre als Einsiedlerin gelebt haben soll, nachdem sie aus Palästina geflüchtet war. Maria Magdalena war eine Frau aus der Gefolgschaft von Jesus, die einen ganz besondere Nähe zu ihm hatte. Sie zeichnete sich besonders durch ihre Treue und Liebe zu Jesus aus.
Der Aufstieg zur St. Beaume war mühsam in der Hitze des
Sommers, aber oben angekommen bot sich uns ein wunderbarer Ausblick auf die
Hügellandschaft rundum und in der Ferne sahen wir
das Mittelmeer blau- weiß glitzern und
schimmern. Wir breiteten unsere Isomatten und Schlafsäcke aus und feierten im
Sonnenuntergang einen Gottesdienst – nur wir Schwestern, mit Baguette und Wein.
Es war der 6. August, Verklärung des Herrn. Ein Fest, an dem wir in der
katholischen Kirche eine Geschichte aus dem Leben Jesu hören, wo er mit seinen
Jüngern auf einen Berg steigt. Der Tradition nach ist es der Berg Tabor in
Galiläa. Oben angekommen geht Jesus in die Verbindung mit dem Himmel und alte
Propheten kommen, um mit ihm zu reden. Alles ist war in Licht gehüllt und eine
besondere Atmosphäre erfüllte alles – so kraftvoll, dass Petrus, einer der
Jünger, Hütten bauen wollte, um diese Besonderheit festzuhalten. Das Alte und
das Neue in wundersamer Einheit – eine Gotteserfahrung der besonderen Art. Und
zu alldem kommt die Stimme aus dem Himmel und Gott sprach „dies ist Jesus, mein
geliebter Sohn!“.
Eine solche Geschichte auf einem Berg, bei untergehender Sonne zu hören, war fast so, als wäre ich selbst dabei gewesen. Eine Liebesbezeugung. Perfekt! Gott war mir spürbar nahe. Und es hätte mich nicht gewundert, wenn auch bei uns Lichtgestalten erschienen wären. Wir Schwestern tauschten uns darüber aus, wo wir solche Gotteserfahrungen oder Taborerfahrungen gemacht haben.
Etwas, was wunderbar ist, Erleuchtung bringt, Gottesnähe schafft, was aber darin endet, dass man wieder runter ins Tal und in die Realität muss. Hütten und Verweildauer gibt es bei solchen Erfahrungen leider nicht. Jede von uns konnte dazu etwas erzählen. Ich selbst fand ja, dass ich eine solche gerade dort auf der St. Beaume erlebte.
Auch wenn diese Erfahrung damals nur eine kurze Zeit
andauerte und ich am Morgen durchgefroren aus dem Schlafsack schaute: Die
Erinnerung daran habe ich mit ins Tal und mit in mein Leben genommen. Wann
immer ich diese biblische Geschichte höre, habe ich
den Duft der Kräuter auf dem Berg in der
Nase, spüre ich den Wind auf meiner Haut und die innere Freiheit, die mir
dieser Augenblick bescherte. Ich bin sicher, dass sehr viele Menschen solche
guten Erfahrungen machen. Erinnerungen, die immer dann wieder wach werden, wenn
ein bestimmter
Geruch in der Nase lieg,
ein besonderes Lied erklingt oder eben eine Geschichte erzählt wird. Solche
Momente sind kostbar. Nicht immer kann man sie auf Knopfdruck abrufen. Aber
manche eben doch. Ich kann dafür sorgen, dass gute Momente in meinem Inneren
einen Platz bekommen. Einen Platz an dem ich sie besuchen kann, wenn mir danach
ist. In schwierigen Lebensphasen kann man so etwas besonders gut gebrauchen.
Dann brauche ich einen solchen inneren Berg, auf den ich steigen kann, auf dem es hell, Licht und wunderbar ist. Und an dem eine Stimme zu mir spricht „Du bist geliebt“. Von Herzen wünsche ich Ihnen, dass sie solche Erfahrungen machen oder schon gemacht haben. Erfahrungen, die sie in ihrem Alltag stärken und erfüllen – egal wie grau er auch aussehen mag. Ihre Sr. Jordana Schmidt aus Krefeld