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Das Geistliche Wort | 24.10.2021 | 08:40 Uhr

Was willst du, dass ich dir tue?

Guten Morgen!

Das hätte sich Blind Willie Johnson, der blinde Musiker aus Texas, der vor fast genau 76 verstorben ist, nicht träumen lassen: Sein Spiritual „Dark was the night – Dunkel war die Nacht“ befindet sich seit über 40 Jahren auf einer fantastischen Reise durch Raum und Zeit. Hören wir mal hinein:

Musik I: Blind Willie Johnson – Dark was the night, Cold was the ground

Mit dem Spiritual „Dark was the night“ und seiner fantastischen Reise war und ist es so: Am 5. September 1977 startete die Raumsonde Voyager von Cape Canaveral aus ihre Mission der Erforschung des äußeren Planetensystems und des interstellaren Raumes. Mit an Bord: die Voyager Golden Record. Eine vergoldete Datenplatte mit Bild- und Audioinformationen von der Erde. Hergestellt, um möglichen außerirdischen Lebensformen einen Einblick in das Leben auf der Erde zu ermöglichen. Neben Grußbotschaften in 55 Sprachen enthält die Platte Geräusche von der Erde und 90 Minuten ausgewählter Musik. Ethnische Musik aus allen Kontinenten. Und neben klassischen Stücken von Bach, Beethoven und Mozart auch den Spiritual „Dark was the night, Cold was the ground“, von Blind Willie Johnson. Aufgenommen im Jahre 1927, da war er gerade 30 Jahre alt.

Bereits im Alter von 7 Jahren erblindete er. Eine tragische Geschichte, die ihm den Beinamen „Blind“ bescherte: Seine Stiefmutter schüttete ihm in einem Wutanfall Lauge ins Gesicht, weil ihr Mann, Willies Vater sie verprügelt hatte. Willie brachte sich selbst das Gitarrenspielen bei, geprägt von Blues und Spirituals. Seine Texte – durchweg religiös. Er sang an Straßenecken und bei religiösen Veranstaltungen. Sogar als er eine gewisse Berühmtheit erlangte. Diese interessierte ihn nicht. Er suchte Antworten auf seine Fragen in der Bibel und wurde zu einem Prediger mit der Gitarre. Ein Verkünder der frohen Botschaft Jesu mit der Musik des Teufels. Denn so wurde der Blues in dieser Zeit angesehen und genannt. Hören wir nochmal ein Stück von ihm.

Musik II: Blind Willie Johnson – Soul of a man

Blind Willie Johnson, der Prediger mit der Gitarre. Ich weiß es zwar nicht, aber ich stelle mir vor, dass Willie sich mit dem blinden Bartimäus aus der Bibel beschäftigt hat. Immerhin teilten sie dasselbe Schicksal. Von diesem Bartimäus wird heute in den katholischen Gottesdiensten berichtet. In gewisser Weise auch eine tragische Geschichte, die biblisch nachzuerzählen, ich etwas ausholen will: Schon in den frühen Morgenstunden herrschte auf den Straßen und Gassen der Stadt Jericho ein reges Treiben. Für die Pilger aus dem Norden ist die Palmenstadt mitten in der Wüste der letzte Rastplatz vor Jerusalem. In der Oase füllen sie ihren Proviant und ihre Wasservorräte auf und sammeln in den Nachtlagern frische Kraft für die beschwerliche letzte Etappe ihrer Pilgerreise. Die Reisenden brechen schon früh am Morgen auf, denn die rund 25 Kilometer bis Jerusalem führen über einen steilen, mühsamen Aufstieg durch die Hitze einer kargen Wüstenlandschaft. Bei vielen mischt sich das Gefühl von Müdigkeit mit der Vorfreude auf die bevorstehende Feier des Passafestes in Jerusalem.

Die vielen Pilger sind auch eine große Freude für Bartimäus, den Bettler, der an der Straße hockt, durch welche die Wanderer die Stadt verlassen. Die Zeit der Wallfahrt ist ein lukratives Geschäft für ihn, denn die frommen Pilger sind in ihrer Festtagsstimmung überaus großzügig im Spenden von Almosen. Bartimäus sitzt im Dreck auf seiner Decke. Diese schützt ihn am Rücken gegen die Kälte und dient vor ihm als Sammelstelle für die Münzen.

„Du hast ein gutes Herz. Ich danke dir. Gott möge dich segnen und dich reichlich belohnen“. Mit diesen Worten hat sich Bartimäus an diesem Morgen schon viele Male bei seinen Spendern bedankt. Seine Blindheit hat sein Ohr geschärft und er spürt, dass heute etwas anders ist als sonst. Einige Male hat er von den Vorübergehenden den Namen Jesus vernommen. Von diesem ungewöhnlichen Rabbi hatten ihm schon viele Pilger berichtet. Dieser Jesus würde von Gott und seinem Reich erzählen wie kein anderer. Außerdem soll Jesus Kranke geheilt haben und einige sagten, er sei der lange ersehnte Messias. Andere sprachen von ihm sogar als „Sohn Gottes“. Plötzlich hört Bartimäus, dass sich vor ihm etwas Außergewöhnliches abspielt. Gerade jetzt muss dieser Jesus direkt vor ihm auf der Straße sein. Das ist seine Chance. Jetzt oder nie. Diesen Jesus darf er nicht einfach vorüberziehen lassen. Er muss ihn auf sich aufmerksam machen. Bartimäus nimmt all seinen Mut zusammen und ruft so laut er kann: „Sohn Davids, Jesus, erbarm dich meiner!“ Was nun folgt, ist nicht das, was er erhofft hatte. Stimmen herrschen ihn an: „Sei still! – Ruhe! – Schweig doch, Bartimäus!“. Aber dieser lässt sich nicht beirren und schreit gegen die Stimmen an so laut er kann: „Sohn Davids, erbarm dich meiner!“ Plötzlich wird es still. Die Mahner verstummen. Bartimäus hört eine Stimme, die sagt: „Ruft ihn her!“ Und jetzt klingen auch die anderen Stimmen freundlicher. „Getrau dich! Auf, er ruft dich!“ Sofort wirft Bartimäus seine Decke, den letzten Schutz, den er besitzt, fort. Die Leute führen den Blinden an einen bestimmten Ort. Dort hört er wieder die Stimme, die ihn rufen ließ. Das muss Jesu sein: „Was willst du, was ich dir tun soll?“ Und Bartimäus antwortet ihm: „Rabbuni, etwas erblicken möchte ich wieder.“ Und Jesus spricht: „Geh, dein Glaube hat dich gerettet.“ Bartimäus öffnet vorsichtig seine Augen und … kann sehen. Voller Freude lobt und preist er Gott. Er dankt Jesus von ganzem Herzen und verspricht ihm, von nun an mit ihm zu ziehen.

MusikIII: Blind Willie Johnson – Let your light shine on me

Bartimäus. Der Sohn des Timäus. In keiner der anderen zahlreichen Wundergeschichten des Neuen Testamentes erfahren wir den Namen eines Geheilten. Diese Tatsache macht ihn mir vertrauter, bringt ihn mir näher. Dabei stoße ich mich seit langem an der Frage Jesu: „Was willst du, dass ich dir tun soll?“ Ist Jesus jetzt blind, dass er nicht sieht was los ist? Eigentlich weiß Jesus sonst immer genau was die Menschen von ihm benötigen. Und ganz wichtig: Er schaut die Menschen liebevoll an. Das ist eigentlich die Haltung Gottes – biblisch grundgelegt von Anfang an: Schon zu Beginn der Bibel wird nämlich die Bedeutsamkeit des Sehens vor Augen geführt. Siebenmal begegnet in den ersten Worten des Alten Testamentes wie ein Refrain der Schöpfungsgeschichte: „Gott sah, dass alles gut war.“ Am Ende als Gott schließlich den Menschen als sein Abbild geschaffen hat, heißt es sogar: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte. Und siehe, es war sehr gut.“

Der Mensch, als Bild Gottes, ausgestattet mit einer überwältigenden, nicht gekannten, einzigartigen Würde. Ich würde sagen: Der Mensch mit einem besonderen An-sehen vor Gott.

Musik IV: Blind Willie Johnson – Trouble will soon be over

Das An-sehen des Menschen, begründet darin, dass „Gott dich ansieht – und er sieht, dass du gut bist!“ Ist das aber auch mein Blick auf mich – oder auch auf die anderen Menschen?, so frage ich mich.

Der Mensch – so kommt es mir vor – scheint genau an dieser Stelle seine „blinden Flecken“ zu besitzen oder aber auch wie „mit Blindheit geschlagen“ zu sein. Es fehlt an dem wohlwollenden Blick, der mir sagt: „Es ist gut, ich bin gut, du bist gut.“ Wie viele Menschen schielen dagegen auf scheinbare Ideale, die bestimmt sind von dem perfekten Bodymaßindex, dem Beruf, der acht Stunden am Tag durchgehend Spaß macht und ein Spitzengehalt bringt. Ein verkrümmter Blick, denn der Alltagsmensch lebt nicht in der perfekten Familie und ist im Gegensatz zu Influencern und YouTubern nicht permanent gut gelaunt und erfolgreich. Jugendliches Aussehen bis ins Greisenalter, Erfolg und Reichtum sind permanente Überforderung für Normalos, die letztlich blind machen, weil sie den Blick verengen. Und so fühlen sich viele Menschen wie Bartimäus in der biblischen Geschichte: klein, am Rande kauernd, ungesehen und unbeachtet. Sie sehen sich nicht mit den Augen Gottes: Du bist gut! - sondern mit ihren eigenen Augen und fragen sich permanent: Bin ich gut genug? Kann ich bestehen unter den kritischen Augen meiner Mitmenschen, mit den überfordernden Idealen?

Bartimäus spürt im Vorübergehen Jesu, dass sich eine Möglichkeit der Heilung für ihn eröffnet. Er muss die Heilkraft dieses Wanderpredigers erfahren haben. Dieser Jesus öffnet den Menschen die Augen, indem er ihnen Gottes Blick, Gottes An-sehen vermittelt: „Sieh dich an – du bist gut!“ Sieh in dich. Besinn dich auf deine inneren Augen und sieh dich mit den Augen Gottes: „Du bist gut!“ Glaub an dich und glaub an deinen Schöpfergott, der dich so wunderbar erschaffen hat. Es kommt nicht darauf an, äußerlich perfekt zu sein, es kommt auf deine innere Haltung an. Fange an, dich selbst zu lieben, damit du auch Gott von ganzem Herzen lieben kannst – und schließlich auch andere Menschen.

Was willst du, dass ich dir tue? – Das ist die scheinbar blinde Frage, die Jesus dem Bartimäus stellt. Was willst du, dass ich dir tue? – Das ist nicht einfältig, sondern existenziell zu verstehen: Geht es um einen vordergründiges Sehen oder um ein tieferes Sehen, ein Sehen, das dazu bewegen will, zu erkennen, dass Glaube und Vertrauen eine Kraft zur Heilung besitzen, die hilft, sich selbst zu finden und zu Gott zu gelangen.

Musik V: Blind Willie Johnson – Jesus is coming soon

Bartimäus hat sein Ansehen von Gott her erkannt – und das hat ihm die Augen geöffnet. Und ich denke, darin ist er dem blinden Bettelmusiker Blind Willie Johnson sehr ähnlich. Auf die Frage Jesu: „Was willst du, dass ich dir tue?“ hat er meiner Meinung nach eine Antwort im tiefen Glauben gefunden: „Ich möchte auf den Wegen Jesu gehen und mit meiner Musik Gott loben und die Frohe Botschaft zu den Menschen bringen.“ Trotz seiner Behinderung vermochte Blind Willie Johnson sein Leben mit den staunenden Schöpferaugen Gottes zu sehen: Du bist gut! Und so heißt es in einem weiteren Lied von ihm, mit dem ich mich verabschieden will:

„Nun gab es mir Freude und Glück,

Denn Er rollte die Wolken beiseite.

Nun darf ich auf der Erde bleiben und sein Lob singen,

Wie glücklich bin ich heute.

…Nun weiss ich, dass ich Sein Kind bin,

Lob sei Gott, ich bin zufrieden.“

Aus Fröndenberg grüßt Sie Gemeindereferent Heiner Redeker

Musik VI: Blind Willie Johnson – Praise God I´m satisfied

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