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Kirche in WDR 5 | 29.01.2022 | 06:55 Uhr
Ich bin kein Roboter, oder?
Autorin: Guten Morgen!
Gestern ist es mir schon wieder passiert. Im Internet will ich etwas bestellen. Und dann kommt`s: Ich soll aus fünf oder sechs verschwommenen Fotos diejenigen aussuchen, auf denen eine Straßenkreuzung abgebildet ist. Und warum?
Der Anbieter des Portals will wissen, ob ich ein Roboter bin oder nicht.
Hm. Woran erkenn ich eigentlich selbst, dass ich kein Roboter bin? Unterscheide ich mich von einem Roboter nur dadurch, dass ich eine Straßenkreuzung erkennen kann?
Sprecher: Gott ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er
weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser. Er
erquickt meine Seele.
(Alle Zitate: Die Bibel, Luther 2017, Psalm 23)
Autorin: Ich bin kein Roboter, weil ich glaube, dass Gott mir eine Seele gegeben hat, die quicklebendig ist. Und wenn sie einmal an Kraft verliert, ist Gott da. Er muntert meine Seele auf, belebt sie manchmal auf wundersame Weise – erquickt sie eben. So wie es in dem alten Gebet von Gott als Hirten heißt.
Sprecher: Er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Autorin: Ich bin kein Roboter, weil ich die Wahl habe, rechts oder links die Straße entlangzugehen. Woher ich weiß, ob ich den richtigen Weg einschlage? Für mich gibt’s da die Zehn Gebote Gottes oder die Bergpredigt von Jesus zum Beispiel. Die sind dafür da, dass wir in dieser Welt gut zusammenleben. Und ich habe die Wahl mich bei allem auf Gott zu verlassen, der meine Wege in gute Bahnen lenkt.
Sprecher: Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du, Gott, bist bei mir.
Autorin: Ich bin kein Roboter, weil ich Angst haben kann. Wie wird die Zukunft aussehen? Wie viele Corona-Wellen werden wir noch haben? Wird es sozialen Unfrieden geben?
Ich bin kein Roboter, weil ich durch diese dunklen Angstgedanken hindurch trotz allem darauf vertraue, dass Gott da ist. Ich weiß nicht wie, ich weiß nicht wo genau. Aber gerade diese Unsicherheit, die in allem Vertrauen bleibt, die bedeutet doch auch, dass ich kein Roboter bin, oder?
Sprecher: Dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.
Autorin: Ich bin kein Roboter, weil ich so viele verschiedene Gefühle habe. Vor allem in meiner Ohnmacht oder Wut brauche ich Gott. Wenn ich mich ungerecht behandelt fühle oder sogar bedroht. Oder wenn ich die Ungerechtigkeit in der Welt sehe, und ich darüber fast den Glauben verliere. Selbst dann ist Gott da und „bereitet vor mir einen Tisch“, das heißt für mich, dass er mir all das gibt, was ich notwendig zum Leben brauche. So notwendig wie Essen und Trinken. Darauf bin ich nicht programmiert. Ich darf dieses Geschenk von Gott einfach annehmen.
Und was die verschiedenen Gefühle angeht:
Seltsam: Ganz oft bin ich einfach grundlos guter Dinge und kann mich über irgendetwas freuen. Einfach so. Woher kommt das nur? Vielleicht daher:
Sprecher: Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Haus Gottes, des HERRN immerdar.
Autorin: Wenn also das digitale Netz tatsächlich ein Spiegel unserer Welt sein sollte, dann weiß ich eins ganz genau: Dass ich kein Roboter bin, entscheidet sich nicht daran, ob ich unter den verschwommenen Bildern eine Straßenkreuzung erkenne.
Dass ich kein Roboter bin merke ich daran, dass ich fühle, abwäge, entscheide, mich trösten lassen kann, Mitgefühl habe und spüre, wie Gott mich in vielen Situationen stärkt und stützt, daran erkenne ich: Du bist ein lebendiges Geschöpf Gottes.
Ich wünsche Ihnen noch einen guten Morgen, Ihre Pfarrerin Nicola Thomas-Landgrebe aus Frechen
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze