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Kirche in WDR 5 | 15.04.2022 | 06:55 Uhr

Alles Essig

Für mich ist heute Fasten angesagt. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Ganz wie im Ramadan. Und dann doch noch ein Stück darüber hinaus, denn es ist ja Karfreitag und bis zur Auferstehung ist es noch ein Stück. Nur trinken werde ich vermutlich. Und daher werde ich ein Getränk heute auch etwas genauer ansehen, das am Karfreitag eine größere Rolle spielt.

In den Passionsgeschichten wird Jesus von römischen Soldaten am Kreuz Essig gereicht. Und so ganz klar ist es nicht, was das eigentlich sollte. Ist das eine freundliche oder eine höhnische Geste, ist Essig etwas grundsätzlich Leckeres oder Hilfreiches oder die letzte Widerwärtigkeit, die man dem sterbenden Jesus antun will? Oder verbirgt sich dahinter noch etwas anderes?

In drei von vier Evangelien klingt das erst einmal so, als ob es hier nur darum geht, Jesus noch ein letztes Mal vorzuführen. So wie ihn die römischen Soldaten schon mit Mantel und Dornenkrone zu einem Lumpen- und Schmerzenskönig gekrönt hatten, so wird ihm nun noch einmal ein Erfrischungsgetränk gereicht, das es nicht wert ist. Gläschen Essig gefällig?

Dazu passt auch, dass sich die vorbeigehenden Leute und dabei stehenden Soldaten über Jesus lustig machen. „Wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihn rettet.“ oder „Rette dich doch selbst und steige vom Kreuz herab!“ Keine Spur von Mitleid. Saurer Essig als zusätzliche Verhöhnung. Dass Jesus diesen Essig vielleicht sogar getrunken haben mag, deuten die, die die Bibel genauer kennen, als eine bewusste Handlung von Jesus. Es gibt da nämlich in den Psalmen Vorhersagen -
zum Beispiel, dass der Gerechte viel unter seinen Gegnern zu leiden hat. Unter anderem geben sie ihm Essig zu trinken. Wollte Jesus diese ihm bekannten Prophezeihungen erfüllen? Jesus würde damit also ein letztes Mal zeigen, dass er der Gerechte ist – während die anderen nur ihre Niedertracht offenbaren.

Naja, sagen da andere Historiker*innen und Bibelkenner, so einfach ist das nicht. Denn eigentlich hat man damals doch recht viel Essig getrunken. Also natürlich nicht pur, sondern mit Wasser verdünnt. Das war sogar recht erfrischend im heißen Nahen Osten und außerdem blieb das Wasser dadurch auch weitgehend keimfrei. Somit wäre es doch eine freundliche Geste des römischen Soldaten gewesen und so kommt es auch im Johannesevangelium rüber, denn auf Jesu „Ich bin durstig“, rennt einer sofort zu einem Essiggefäß, tunkt einen Schwamm hinein und reicht ihn Jesus. Und hier ist auch nichts von Spottreden zu hören. Im Gegenteil: Der Essigschwamm wird sogar noch um einen Bund des Krautes Ysop herumgebunden. Ysop aber wirkt krampflösend ggf. sogar lähmend, wäre also so etwas wie ein palliativmedizinischer Eingriff bei dem am Kreuz Sterbenden. Der Evangelist Johannes scheint den Essig für Jesus am Kreuz also etwas anders zu betrachten.

Das ist nicht verwunderlich. Vermutlich ist unter Christen schon früh erzählt worden, dass ein Soldat Jesus am Kreuz Essig gereicht habe. Vermutlich wurde auch schon von Anfang an darüber nachgedacht, ob das nun gehässig oder barmherzig war. Immerhin war es eines der letzten Dinge, die der sterbende Jesus erlebt haben mag. Und als die Evangelien über das Leben Jesu aufgeschrieben wurden, haben auch die Schreiber darüber nachgedacht, wie das denn wohl zu verstehen sei. Und sind nicht alle zum selben Schluss gekommen. Genau das macht in meinen Augen die Großartigkeit des Konzepts aus, mehrere Evangelien zuzulassen. Es gibt eben nicht die eine, korrekte Sichtweise. Es gibt immer mehrere.

Und auch wenn ich kein biblischer Evangelist bin, so fällt mir auch noch eine ein. Für mich war gestern Abend noch der Wein wichtig. Bei Jesu Abendmahl steht der Wein neben dem Brot im Mittelpunkt. In diesen beiden Nahrungsmitteln gibt sich Jesus seinen Leuten für alle Zeiten mit. Gründonnerstag ist noch einmal Fest, ist Brot und Wein und Gemeinschaft.

Karfreitag ist Einsamkeit am Kreuz. Karfreitag ist Klage. Karfreitag ist Sterben. Und Karfreitag ist Essig. Keine Gemeinschaft, kein Leben, keine Freude, kein Wein mehr.

Da müssen alle, die Ostern und das Leben feiern wollen, durch. Bis dahin aber ist alles Essig.

Einen gesegneten Fastentag wünscht Ihnen Christoph Buysch aus Krefeld.

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