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Kirche in WDR 5 | 25.04.2022 | 07:50 Uhr

Vom Bild als Fenster

„Ein Bild ist wie ein offenes Fenster“, sagt Leon Battista Alberti, der heute vor 550 Jahren gestorben ist. Er meinte damit gemalte Bilder von Landschaften und Räumen. Wenn er gewusst hätte, was das heute im Zeitalter der digitalen Welt bedeutet, er hätte sich sicher gerne mit Bill Gates angefreundet, der ja sein Computerprogramm „Windows“ genannt hat, also Fenster, das den Eintritt in eine virtuelle Welt bedeutet. Und er hätte Spaß gehabt an der Erschaffung eines Metaverse, wie es sich Mark Zuckerberg vorstellt, der Erfinder von Facebook. Metaverse ist das Universum jenseits unseres Universums, geschaffen als virtuelle Wirklichkeit, die sich immer mehr mit der echten Wirklichkeit verbindet.

Aber der Reihe nach:

Leon Battista Alberti war ein Universalgelehrter, ein Jurist, Theologe, Musiker, Künstler und Kunsttheoretiker. Und als solcher hat er 1435/36 ein fundamentales Werk über die Malkunst geschrieben. Er sah den Künstler nicht mehr bloß als einen Handwerker, sondern ganz im Sinne der Renaissance gleich einem Schöpfergott, der eine Wirklichkeit erschaffen kann, die der Natur ebenbürtig ist. Ja, durch ein geöffnetes Fenster sieht man normalerweise einfach die Natur, wie sie ist. Jetzt aber tritt das gemalte Bild an die Stelle des Fensters. Und was ich da im besten Fall sehe, so Alberti, kommt der Natur gleich. Das Bild muss nur richtig komponiert werden. Und wie das geht, das beschreibt Alberti mit Hilfe der Zentralperspektive, wo es eine Horizontlinie gibt und einen sogenannten Fluchtpunkt, auf den alle Linien zulaufen. Dieser Fluchtpunkt liegt sozusagen im Unendlichen.

Wirkliche Wirklichkeit und gemalte Wirklichkeit, darum ging es damals schon. Und beides stand wegen seiner Schönheit in der Gefahr, den Menschen vom Wesentlichen abzulenken und ihn zu verleiten, sich eitlem Schein hinzugeben. So jedenfalls christliche Kritiker. Bereits der Kirchenvater Augustinus warnte in seinen Bekenntnissen Jahrhunderte zuvor (Confessiones X 8,15): „Da gehen die Menschen hin und bestaunen die Gipfel der Berge, die gewaltigen Fluten des Meeres und die breiten Läufe der Flüsse, den Umfang des Ozeans und die Bahnen der Sterne – und übersehen sich selbst.“

Dieser Gedanke führt dazu, dass in den Klosterzellen des Mittelalters Fenster mit prächtiger Aussicht verpönt waren. Und genauso standen allzu realistische Bilder in der Gefahr, durch ihre Sinnlichkeit den Betrachter zu sehr abzulenken.

Albertis Beschreibung von der Zentralperspektive mit dem zentralen Fluchtpunkt sollte aber eine Lösung in diesem Streitfall anbieten: Der Fluchtpunkt liegt ja im Unendlichen, der letztlich nicht erfasst werden kann, so, wie man Gott nicht erfassen kann. Und dieser Gedanke führte zu der Überlegung, dass Gott nun umgekehrt aus dem Unendlichen auf den Betrachter zukommt. So gesehen wurden diese zentralperspektivischen Bilder gedeutet als ein Ort der möglichen Gotteserfahrung. Und es begann eine positive Aufwertung der gemalten Wirklichkeit.

Und heute? Wie ist das mit den neuen Medien, mit dem Computer als Fenster in die digitale Welt? Immerhin kann man inzwischen bereits mit einer Spezialbrille in virtuelle Welten eintauchen, die sich immer mehr mit der wirklichen Wirklichkeit verbinden. Ist das wie damals in der Renaissance eine neue Anmaßung des Menschen: Wie ein Schöpfergott neue Welten zu erschaffen? Ist es wieder eitler Schein, der vom Wesentlichen ablenkt? Manche Menschen haben Angst vor dieser digitalen Welt, weil diese – wie Augustinus schon befürchtete – dazu führt, dass der Mensch sich verliert.

Auch wenn es nur ein symbolischer Gedanke war, der die Bilder mit der Zentralperspektive durch Alberti akzeptabel machte: Warum sollte nicht Gott immer noch aus dem Unendlichen auf die Menschen zukommen – egal durch welches reale oder virtuelle Fenster sie blicken?

Aus Duisburg grüßt Sie Philipp Reichling

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