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Kirche in WDR 5 | 20.05.2022 | 06:55 Uhr
Regenbogen
Guten Morgen,
wieder einmal sehe ich ihn. Der Schauer prasselt heftig auf die Straße, sodass ich schnell meinen Regenschirm aufspanne und zum Auto laufe. Als ich dort im Trockenen sitze, bricht plötzlich aus einem Stück wolkenlosen Himmel die Sonne hervor, und er stellte sich weit über die Landschaft: ein wunderschöner Regenbogen.
Ein ganz besonderes Wetterphänomen. Und seit Jahrtausenden sagen die Menschen: ein Wink des Himmels. Schon für die Babylonier war der Regenbogen ein Zeichen ihres Gottes Marduk. Der stellte seinen Kriegsbogen zum Zeichen des Sieges über die Göttin Tiamat an den Himmel.
In der Bibel taucht der Regenbogen in der bekannten Geschichte von Noah auf. Als der nach großen Sturzfluten sein selbstgebautes Schiff verließ und wieder auf trockenem Land stand, war er so froh darüber, dass er Gott aus Dankbarkeit ein Opfer brachte. Gott reagierte auf dieses Opfer, indem er mit Noah einen Deal machte:“Weil du so dankbar bist“, sagte Gott, “verpflichte ich mich feierlich, meiner Schöpfung treu zu bleiben. Obwohl die Menschen so unverantwortlich und mörderisch mit meiner Schöpfung umgehen, werde ich niemals etwas an den Jahreszeiten ändern und die Natur wird alles bekommen, was sie braucht, damit ihr Menschen säen und ernten könnt. Und als Erinnerung an diesen Deal stelle ich nun den Regenbogen an den Himmel.“
Der Regenbogen als Zeichen der Treue Gottes. Für Christinnen und Christen ist dieser Bogen also kein Kriegsbogen, keine am Himmel abgelegte Waffe eines kriegerischen Gottes, wie bei den Babyloniern. Sondern ein Zeichen, das an die Treue Gottes erinnert, und daran, was ein dankbarer und verantwortungsvoller Umgang mit der Schöpfung bewirken kann. Dieser Bogen beschreibt auch sehr eindrucksvoll, was wir brauchen, damit wir säen und ernten können. Damit der Regenbogen entsteht, braucht es Regen. Deshalb heißt er Regenbogen. Aber durch Regen allein kommt es nicht zu diesem besonderen Wetterphänomen. Es braucht auch die Sonne, damit sich ihre Strahlen in den Regentropfen brechen und die bunte Vielfalt der Farben an den Himmel malt. Menschen, Tiere, Pflanzen- brauchen meistens auch beides: Die Sonne, die mit ihrer Wärme und ihrem Licht alles aufblühen lässt und uns immer wieder nach draußen zieht.
Zugleich brauchen wir auch den Regen, der das Wachstum schenkt und von den Landwirten besonders im Mai geschätzt ist. Ich möchte es lernen, mehr dankbar zu sein. Nicht gleich zu meckern, wenn ich mal bei einem Schauer nicht den Regenschirm dabeihabe, oder mich die Sonne blendet. Und zugleich alles mir Mögliche zu tun, damit das von uns Menschen gestörte Gleichgewicht in der Natur erhalten bleibt. Denn die Natur ist für den Menschen beides: Sie kann uns an Leib und Leben bedrohen und sie schenkt uns alles, was wir zum Leben brauchen, schützt uns und lässt uns wachsen. Je nach Klima und Region.
Daran will ich mich immer wieder erinnern lassen, nicht nur, wenn ich mal einen Regenbogen sehe.
Ihr Pastor Christoph Neumann aus Iserlohn.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze