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Das Geistliche Wort | 04.12.2022 | 08:40 Uhr

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Mary did you know?

Autor:
Stellen sie sich vor, jemand großes kommt auf uns zu. Für die Fußballer, sagen wir, Robert Lewandowski, den ja einige für
den besten Fußballspieler der Welt halten.

Für die Schwimmer: Florian Wellbrock, der erste Olympiasieger seit den Tagen von Michael Groß, dem „Albatros“.

Für die politisch Interessierten vielleicht nach wie vor Barack Obama. Er kommt direkt in unsere Stadt.

Was würden wir tun? Ich nehme an: Wir würden uns Zeit nehmen. Uns vorbereiten. Uns chic machen. Vielleicht würden wir uns auch das eine oder andere Spiel, den einen oder anderen Wettkampf noch einmal anschauen. Wir würden einen Blick in die Biographien werfen. Uns informieren, wie es um die aktuelle Diskussionslage bestellt ist. Und um die Gerüchteküche auch.


In der Adventszeit bereiten sich Christen auf jemanden vor, der für sie mehr ist. Mehr als Lewandowski. Mehr als Wellbrock. Mehr als Obama.

Sie gehen auf jemanden zu, vom dem sie glauben, dass mit seinem Ein- und Auftauchen in dieser Welt etwas geschehen ist, das an Kraft, Trost, Licht und Heil mit keinem anderen Ereignis unter der Sonne zu vergleichen ist.


Musik 1:
Mary, did you know?

Autor:

Mary, did you know? Maria, wusstest du…?
Der US-amerikanische A-capella-Gruppe Pentatonix hat etwas erreicht, was in Europa momentan niemandem so richtig gelingt. Nämlich Lieder, die den christlichen Glauben in den Mittelpunkt stellen, so zu performen, dass sie es bis in die Charts schaffen.


Musik 1:
Mary, did you know?


Sprecherin (overvoice):

Maria, wusstest du, dass dein kleiner Sohn
eines Tages übers Wasser laufen würde?
Maria, wusstest du, dass dein kleiner Sohn
unsere Söhne und Töchter retten würde?
Wusstest du, dass dein kleiner Sohn
gekommen ist, um dich neu zu machen;
dass dieses Kind, das du zur Welt gebracht hast,
dich bald erlösen wird?


Wusstes du, dass dein kleiner Sohn einen Blinden sehend machen würde?
Maria wusstest du, dass dein kleiner Sohn mit seiner Hand den Sturm beruhigen würde?
Wusstest du, dass dein kleiner Sohn
gelaufen ist, wo Engel schreiten;
dass wenn du dein kleines Baby küsst,
du das Gesicht Gottes küsst?
Maria, wusstest du das?
Maria, wusstest du das?


Autor:

Es war der große evangelische Theologe Karl Barth, der Maria den „ersten neutestamentlichen Menschen“ genannt hat. Sie bekam als erste zu hören, was final für alle Welt gilt. Ganz ähnlich ist das bei Pentatonix. Wenn hier immer wieder die Frage aufgeworfen wird: Mary did you know?, dann ist Maria eine Chiffre. Pentatonix fragt durch die Figur der Maria hindurch: Und du, wie stehst du dazu? Weiß du, wer Jesus ist und was für ein Geschenk Gott dir mit ihm gemacht hat? Hast du dafür eine Antenne?


Musik 1:
Mary, did you know?


Sprecherin (overvoice)


Die Blinden werden sehen,
die Tauben werden hören,
die Toten werden wieder leben,
die Lahmen werden springen,
die Stummen werden sprechendie Lobpreise über das Lamm.

Maria wusstest du,
dass dein kleiner Sohn
der Herr der ganzen Schöpfung ist;
dass dein kleiner Sohn
eines Tages die Völker regieren würde?
Wusstest du, dass dein kleiner Sohn
des Himmels vollendetes (Opfer-) Lamm ist;
dass dies schlafende Kind, das du hältst,
der große "Ich bin" ist?


Autor:Dieses Lied von Pentatonix setzt voraus, dass eigentlich jeder Mensch all das braucht: Mitfühlen, Freundlichkeit, Heilung, Vergebung. Mit einem Wort Erlösung.

Und dieses Lied erzählt, dass Gott uns als Retter und Erlöser begegnet, indem er sich mit Haut und Haaren auf das Abenteuer Menschsein einlässt, uns in unserer Angst sieht, in unseren Verfehlungen, uns unendlich nahe ist
in unserem Dasein auf des Messers Schneide zwischen Leben-Wollen und Sterben-Müssen.

Gegen all das, was ein Leben in seinen Grundfesten zu erschüttern vermag, ist Gott in die Welt gekommen und bietet sich an, ein neues ein neues Fundament zu legen: in unserem Herzen, in unserem Denken, in unseren Beziehungen, am Ende in der ganzen großen weiten Welt.

Nehmen wir das wahr? Sind wir vorbereitet?


Musik 2:
Wie soll ich dich empfangen (Sarah Kaiser)


Autor:Wie soll ich dich empfangen? Ein klassisches Adventslied. Paul Gerhard, der Dichter des Liedes, geht seinen Weg mit dem Chaos vor Augen, das der 30jährige Krieg hinterlassen hat. In der ersten Gemeinde, in der er seinen Dienst als Pfarrer antritt, hatte nur jeder Vierte – überlebt. Von ehemals tausend Gemeindemitgliedern 250. Paul Gerhard, mein persönlicher Lieblingsdichter. Nirgendwo verschließt er die Augen vor dem, was menschliches Ur- und Gottvertrauen in Frage zu stellen vermag. Er benennt die Angst, kämpft dagegen an und verbirgt diesen Kampf nicht. Zu all dem setzt er sein Leben und Denken, sein Dichten und Trachten in Beziehung.


Den diesjährigen Abiturjahrgang hat es bei uns besonders hart getroffen. Es sei, so meinte ich mit dem Philosophen Hegel
sprechen zu müssen, nicht weniger als der „Saum der Weltgeschichte“ gewesen, der sie spürbar berührt habe.


Da war nach wir vor Corona, das sich wie ein Schatten über so vieles gelegt hat. Da war auf der Zielgeraden der Krieg, den Russland gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen hat, von unserem Bundeskanzler in den Rang einer „Zeitenwende“ gehoben. Und dann ist kaum eine Woche vor der Abifeier etwas passiert, das wir gefühlt mit Florida oder Jamaika verbinden. Ein Tornado hat in unserer Stadt Lippstadt eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben eine Vorstellung davon, wie es sich anfühlen muss, wenn man in einem Katastrophengebiet ist.


Wenn es stimmt, dass wir Menschen nicht nur ferngesteuerte, ökonomisch funktionierende Lebewesen sind, sondern fragen, suchen, um Antwort ringen, dann frage ich mich: Mit welcher Grundeinstellung, in welcher Glaubenshaltung und mit was für einem Wertekatalog wollen wir dieser ungewissen Zukunft entgegentreten?

Was werden wir brauchen auf dem Weg?

Wie können wir ein bewusstes, wertvolles
Ja zu Leben finden?

Und zwar gerade dann, wenn es knifflig wird, wenn es uns trifft, wenn sich das Leben von seiner anstrengenden, dunklen, manchmal auch unbegreiflichen Seite zeigt.


Gilbert Keith Chesterton, der Schöpfer der Pater Brown-Geschichten, schreibt:


Sprecher:

Wenn man zum Ziel hat, das Leben intensiver, intelligenter und phantasievoller zu gestalten, was in gewisser Weise der Sinn des Lebens ist, dann glaube ich, dass dies viel besser vollbracht wird, indem man bestimmte Jahreszahlen, Jahreszeiten und symbolische Handlungen beibehalten kann, als dadurch, dass man alles und jedes sich selbst überlässt.
[1]


Autor:So eine bestimmte Jahreszeit mit besonderen symbolischen Handlungen ist die Adventszeit.



Musik 2:
Wie soll ich dich empfangen, Sarah Kaiser, Strophe 5


Autor:

Wenn wir uns im Advent in eine Beziehung zu dem setzen, den Paul Gerhard als das Verlangen der Welt und die Schönheit meiner Seele besingt, und den Pentatonix den großen „Ich bin“ nennt, dann geschieht das in Auseinandersetzung mit einer Liste von Schwierigkeiten, die lang ist. Und die lang bleibt, solange sich die Erde dreht.

Dann geschieht das aber auch in der Erwartung, dass womöglich etwas Neues, Belebendes, Erhellendes in mein Leben kommt.


Advent heißt: Gott kommt zur Welt. Aber wie! Unmittelbar nach der Geburt dessen, den die Menge der himmlischen Heerscharen als den Heiland der Welt besingt, tritt Maria mit ihrer Kleinfamilie die Flucht nach und das Exil in Ägypten an.

Alle Ängste einer Mutter brechen über sie herein, als sie ihren 12jährigen Teenager Jesus in den Weiten der Weltstadt Jerusalem sucht und tagelang nicht findet, weil er ganz woanders unterwegs ist. Und dann bricht sie unter dem Kreuz zusammen, an dem ihr Sohn qualvoll stirbt, eine Urzsene abgrundtiefen menschlichen Leidens, die in der „Pietas“, der Mutter mit dem toten Christus im Schoß, für alle Zeiten künstlerisch festgehalten wurde und immer wieder festgehalten wird.


Advent ist eine Zeit, in der wir mit der Erwartung leben, dass Gott kommt. Und zwar mitten hinein in unser echtes, in unser wirkliches Leben. Und das heißt nun einmal auch: in den Bereich der enttäuschten Träume, wo wir enttäuscht wurden und womöglich auch andere enttäuscht haben. Bereiche, über die wir nicht so gerne sprechen. Die keinen Spass machen. Auf die wir nicht stolz sind. Die dunkel sind. Kalt. Schmutzig. Advent bedeutet, dass wir diese Bereiche öffnen für Gott.


Wie kann das geschehen? Auf jeden Fall so, dass wir offen und ehrlich mit unseren Schattenseiten, unseren Minderwertigkeitskomplexen, unseren Zweifeln umgehen. Wenn es einen gibt, demgegenüber wir das dürfen, dann ist das der Gott, der uns in Jesus sein Herz aufschließt:


Drückt uns irgendwo der Schuh? – Vielleicht ist es ja einen Versuch wert, sich einen Ruck zu geben und genau das Gott zu sagen.

Fällt es uns schwer, uns selbst zu vergeben? - Sagen wir es ihm.

Haben wir Erfahrungen gemacht, dass Gott sich manchmal nicht blicken lässt und wir das Gefühl haben, dass er sich in Schweigen hüllt? Sagen wir es ihm.

Fällt es uns schwer, das Vertrauen aufzubringen, dass Gott, mit Adrian Plass gesprochen „Mülleimer wie uns“

trotz allem lieb haben und tatsächlich eine Millionen Neuanfänge für uns bereit halten könnte? Sagen wir es ihm.

Wonach sehnt sich unser Herz? Was wünschen wir uns am meisten? Flüstern wir es in das Geheimnis hinein, das der Glaube Gott nennt.


Musik 3:
My Lighthouse


Autor:
Einer meiner Professoren, der sich ausdrücklich nicht als Christ verstand, hat das Christentum einmal „einen Pfeil der Sehnsucht“ genannt.

Advent ist eine Zeit, in der wir das in der Tat trainieren: Hoffnung und Sehnsucht. Die Hoffnung und Sehnsucht, dass es immer noch Neues unter dem Himmel gibt. Noch Gutes. Advent ist eine Zeit, die uns helfen kann, Ja zu sagen. Ja, es gibt immer noch frische, revolutionäre Möglichkeiten, die Seelen erwecken können und Leben verändern.

Es gibt noch etwas unter dem Himmel, das hält, was es verspricht. Der Vater im Himmel hat Jesus auf die Erde geschickt und mit ihm eine große Gewissheit: Die letzten Dinge sind geklärt. Ich gehöre zu Gott. Mein kleines Leben und das gesamte Leben auf diesem Planeten – in Gott ist es aufgehoben, in seiner unendlichen Liebe.


Und auch die scheinbar Großen von heute: ein Lewandowski, ein Wellbrock, ein Obama können Spiegel sein, in denen etwas davon aufleuchtet, wie reich und schön unsere Welt ist.


Advent feiern, mit allen Sinnen, tut unserer Seele gut.

Es weitet unseren Horizont, weg vom Negativen, Lähmenden hin auf die bejahende Seite des Lebens.

Es lenkt den Blick auf Gott, der der Schöpfer und Vollender aller Dinge ist, und der über das Adventfeiern in uns eine zutiefst menschliche Sehnsucht wachhalten will.

Die Sehnsucht nach einem Leben in Fülle, nach einem Leben in Gerechtigkeit, nach einem Leben, in dem die Dinge wieder in Ordnung gebracht werden. Die Sehnsucht nach einem Tag,

an dem

die Blinden sehen,
die Tauben hören,
die Toten leben,
die Lahmen springen,

und die Stummen den Lobpreis anstimmen.


„Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“

Diese Prophezeiung wandert seit zweieinhalbtausend Jahren durch die Zeiten. Damit wünsche ich Ihnen eine gesegnete Adventszeit, Ihr Roland Hosselmann, Pfarrer in und aus Lippstadt.


Musik 4: Macht hoch die Tür (Jazzrausch)



Quellen:

(1) G.K. Chesterton, Die englische Weihnacht, Bonn 2009,



Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth



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