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Das Geistliche Wort | 23.03.2014 | 08:40 Uhr

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Der Weg der Kirche

Musik 1

Autor: Erkennen Sie die Melodie, liebe Hörerin und lieber Hörer? Diesem Jazz-Arrangement liegt ein bekanntes Kirchenlied zugrunde: „Seek ye first the kingdom of God“ - „Suchet zuerst Gottes Reich in dieser Welt.“ Diesen Satz hat Jesus gesagt. Wir finden ihn in der Bergpredigt im Evangelium des Matthäus. Vollständig lautet er in einer neuen Übersetzung: „Es soll euch zuerst um Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben.“

Jesus sagt das zu seinen Jüngern. Die machen sich wie alle anderen Menschen auch Sorgen, dass sie alles das zum Leben haben, was nötig ist: genug zum Essen und Trinken, anständige Kleidung, vor allem aber das dafür nötige Geld. All diesen Sorgen stellt Jesus entgegen: Ihr könnt aufhören, euch um euch selbst zu sorgen. Damit steht ihr Gottes Reich in dieser Welt im Weg. Eure erste und vornehmste Aufgabe ist es – für Gerechtigkeit zu sorgen, dass keiner verloren geht in der Gemeinschaft, aufeinander zu achten, die Menschen zusammen zu führen. Damit niemand mehr ängstlich schauen muss, wie er sich selbst rettet in dieser Menschen-Welt, die noch weit entfernt ist von der, Welt, die Gott unter uns aufrichten will.

Musik 1

Autor: Guten Morgen, liebe Hörerin, lieber Hörer, mein Name ist Rüdiger Schnurr. Ich bin Pastor in einer reformierten Gemeinde und frage mich immer mehr: Wie ernst nimmt die evangelische Kirche heute das, was Jesus damals gesagt hat? Werden die Entscheidungen der Verantwortlichen in den Gemeinden, Kirchenkreisen und Landeskirchen nicht doch schon längst vor allem durch die Sorge bestimmt, ob und wie lange die Kirche sich noch finanzieren kann? Und was bedeutet „die Kirche“. Gebäude? Verwaltung? Diakonie? Gemeinschaft der Glaubenden? Das sind Fragen, denen sich alle stellen müssen, denen der Dienst der Kirche an den Menschen am Herzen liegt.

Musik 1

Autor: Vor kurzem bekam ich ein Schreiben von einem Mann, der kurz vorher der Kirche den Rücken gekehrt hatte. Er antwortete auf einen Brief von mir. Jeder aus unserer Gemeinde, der aus der Kirche austritt, bekommt diesen Brief. Darin frage ich zum Beispiel: Warum sind Sie ausgetreten? Mögen Sie uns die Gründe nennen? Und wir informieren in diesem Brief auch über die Konsequenzen, die mit dem Austritt aus der Kirche verbunden sind. Wer sich von der Kirche trennt, kann z.B. kein Pate mehr werden. Er kann auch nicht mehr über den Weg der Kirche mitbestimmen, indem er sich an den Kirchenvorstandswahlen beteiligt, sich vielleicht selbst für diese Arbeit im Presbyterium aufstellen lässt. Meistens kommt keine Antwort zurück. Und das ist schade.

Nun bekam ich aber doch einen Brief zurück. Der Mann, so las ich, hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie ist über viele Jahre gewachsen und sie war am Ende eines langen Weges konsequent. Sein Weg beginnt mit guten Erfahrungen in der Kindheit: Wie er von Kindheit an in einer Kirchengemeinde integriert gewesen ist. Jungschar, Jugendgruppen und Kirchenchor – bei allem hat er mitgemacht.

Als er älter wurde und sich auf das Abitur vorbereitete, legte er seinen Kinderglauben ab. Er hatte gelernt, kritische Fragen zu stellen. Es ist ihm nicht anders ergangen als vielen tausend anderen auch, die mit wachen Augen beobachten, was in der Kirche gelehrt wird und was in ihr geschieht – und ob das überhaupt zusammenpasst. Er sah einen immer größer werdenden Reformbedarf und fing an, das System der Kirchensteuer zu hinterfragen. Aber noch lange blieb er in der Kirche.

Immer waren für ihn die Menschen wichtig, die die Kirche mit Leben füllen. Er wollte auch zu ihnen gehören und seinen Beitrag im Dienst der Kirche für die Menschen in Not leisten. Die „Idee der Nächstenliebe“ sollte, wie er sich ausdrückt, „nicht nur am Sonntag von der Kanzel gepredigt werden.“

Vor ein paar Monaten aber hat er dann doch seinen Austritt aus der Evangelischen Kirche erklärt. Seine Beweggründe kann ich gut verstehen, denn sie treffen mit meinen eigenen Gedanken über den Weg der Kirche zusammen. Er schrieb mir sinngemäß folgendes:

Sprecher: „Viele Jahre habe ich als Pfleger in einem Unternehmen gearbeitet, das immer eine große Nähe zur Kirche hatte. Ich habe aber erfahren, dass in den letzten Jahren der diakonische Auftrag der Kirche, der in unserer Zeit so wichtig ist, und der eine große Geschichte hinter sich hat, fast ganz in den Hintergrund getreten ist. Ich habe das Handeln der Verantwortlichen in unserem Unternehmen als das krasse Gegenteil von dem erlebt, was ich mit dem Namen Diakonie verbunden habe. Ich habe immer mehr den Eindruck gewonnen, dass es in den Kliniken, in den Pflegestationen und in den Seniorenheimen nur noch ums Geld geht.“

Autor: Aus diesen Sätzen spricht eine große Enttäuschung und Verbitterung. Dieser Mann hat sicher einmal mit großem Idealismus seinen Beruf als Kranken- oder Altenpfleger in einer kirchlichen Einrichtung erlernt. Und er sieht auch: Vieles, was er kritisiert, liegt auch an den Rahmenbedingungen, die im Gesundheitswesen und in der Pflege von der Politik vorgegeben werden. Aber ich höre aus seinen Worten die Frage, warum die kirchlichen Träger sich genauso den ökonomischen Zwängen unterwerfen wie alle anderen Anbieter. Geht es nicht auch anders? Haben wir in der Kirche nicht ganz andere Prioritäten zu setzen, um auch im Auftrag Jesu als Kirche erkennbar zu bleiben?

Musik 2

Autor: Läuft es wirklich auf diese Alternative hinaus: Wirtschaftlichkeit oder Menschlichkeit? Der Eindruck ist schwer zu entkräften, dass dem Geld der Vorrang eingeräumt wird. Doch das betrifft alle Träger im Gesundheitswesen und in der Pflege, die gezwungen sind, unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein Krankenhaus oder ein Altenheim zu managen. Auf Dauer kann das nicht gutgehen: Wenn die menschliche Zuwendung von denen kommen soll, denen immer mehr an ärztlicher oder pflegerischer Leistung abverlangt wird. Und das alles in gleicher Arbeitszeit. Ganz zu schweigen von der geringen Bezahlung vieler Mitarbeitender. Die Probleme sind bekannt, seit langem werden sie diskutiert. Geht es wirklich nicht anders. Gibt es keine Alternativen? Muss Kirche alles mitmachen, was ihr vorgegeben wird?

Musik 2

Autor: Ein Patentrezept habe ich nicht, wohl aber eine Hoffnung. Dazu müsste aber wieder ein gewisser Übermut des Glaubens in der Kirche Raum greifen, der davon lebt, dass es in der Nachfolge Jesu immer einen anderen Weg gibt. Er wird ganz anders sein, als man es gewohnt ist. Aber wer sagt denn, dass er nicht doch zum Ziel führt und Gottes Reich auf Erden gemehrt wird, wie es in einem alten Choral heißt?

Der Weg ist mühsam und wird schon beschritten: Da versuchen die Verantwortlichen in den Kirchen in Gesprächen mit Entscheidungsträgern gegen den Trend vom Glauben her zu argumentieren und wiederholen eindringlich: Vor allem anderen muss das zählen, was den Menschen in Not hilft und nicht das, was die Bilanzen ins Plus führt. Aber geschieht das immer mit dem nötigen Nachdruck, der aus einem mutigen Glauben an die Sache Jesu und einem zuversichtlichen Vertrauen auf Gottes Möglichkeiten wächst?

Was ist, wenn der Trend gewinnt und das, wofür Kirche steht, nicht gefragt oder erwünscht ist? Wie kann die Kirche Jesu dann glaubwürdig bleiben? Früher galt dieser Satz des Apostels Paulus aus dem Römerbrief:

Sprecher: „Richtet euch nicht länger nach 'den Maßstäben' dieser Welt, sondern lernt, in einer neuen Weise zu denken, damit ihr verändert werdet und beurteilen könnt, ob etwas Gottes Wille ist – ob es gut ist, ob Gott Freude daran hat und ob es vollkommen ist.“ Römer 12,2 (Neue Genfer Übersetzung)

Autor: Richtet euch nicht länger nach den Maßstäben dieser Welt - damit ist ein neuer Umgang miteinander gemeint, der dem entspricht, was Jesus getan hat. Von Christen darf erwartet werden, dass man ihrem Leben und Handeln ansieht, dass es ihnen vor allem um Gottes Reich und seine Gerechtigkeit geht.

Wie kann das aussehen? Wenn die Kirche bei den Entscheidungsträgern kein Gehör findet und sich die Rahmenbedingungen nicht bessern – vielleicht muss sie dann die Konsequenz ziehen und sich aus bestimmten Angeboten zurückziehen, überlege ich, als ich über den kritischen Brief des Mannes nachdenke, der sich enttäuscht von der Kirche abgewendet hat. Und während ich noch nachdenke, lese ich in der Zeitung den Bericht über eine Kirchengemeinde in Westfalen.

Vor 15 Jahren hat sie eine Waschmaschine und Duschen für bedürftige Menschen angeschafft. Damit kam ein Stein ins Rollen. Heute hat die Diakonie dort ein umfassendes soziales Zentrum. Es gibt Frühstück, Waschmöglichkeiten, eine Kleiderkammer, einen Friseur, Fußpfleger – und neben unterschiedlichsten Beratungsmöglichkeiten, wird dort auch eine ärztliche Behandlung angeboten. Ehrenamtlich versteht sich, von Ärzten und Zahnärzten im Ruhestand und von Medizinstudenten. „Luthers Waschsalon“ nennt sich diese Einrichtung. Das große Geld ist damit nicht zu machen, da muss ganz viel über Spenden finanziert werden. Aber wenn die Arbeit überzeugt, werden Herzen und Portemonnaies geöffnet.

Das ist ein Weg, den die Kirche wieder verstärkt suchen muss, um glaubwürdig zu bleiben. Das bedeutet unter Umständen auch den Verzicht, in dem großen Konzert und auf allen Bühnen der Welt weiterhin mitzuspielen. Sondern sich stattdessen auf die zu konzentrieren, denen die Mittel, für sich selbst zu sorgen, fehlen oder denen beizustehen, die nicht für sich sprechen können, ihnen Mut und Hoffnung zu schenken. Dann bleibt die Kirche lebendig und gewinnt ihre Glaubwürdigkeit zurück.

Die Zusage Jesu: „Es soll euch zuerst um Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben.“ ist keine Utopie und keine Illusion. Im Gegenteil. Sie ist die Basis, von der aus Christinnen und Christen handeln. Diese Utopie als nicht lebbar zu verwerfen, darf sich die Kirche nicht erlauben. Wir würden Jesus ins Unrecht setzen. Und damit die Kirche aufgeben.

Der Brief des jungen Mannes mit seinem Wunsch nach einem christlichen Leben nach den Maßstäben Jesu hat mich bewegt. Traurig, wütend, enttäuscht hat er sich abgewendet. Dabei hätte er Geschwister gebraucht, die mit ihm den Weg Jesu gehen. Liebe Hörerin, lieber Hörer, dass Jesu Wort von der neuen Welt Gottes, die unter uns Raum greifen soll, uns in all unserem Denken und Tun leitet – heute, in der kommenden Woche und alle Tage – wünscht sich, Pfarrer Rüdiger Schnurr als Hilchenbach.

Musik 3

Sprecher: (Wiederholung s.o.) Richtet euch nicht länger nach 'den Maßstäben' dieser Welt, sondern lernt, in einer neuen Weise zu denken, damit ihr verändert werdet und beurteilen könnt, ob etwas Gottes Wille ist – ob es gut ist, ob Gott Freude daran hat und ob es vollkommen ist.

Musik 3

Musikinformationen

Musik 1

Track 5 Seek ye first the kingdom of God von CD-Album All That Hymns, Interpreten: Jan Willem van Delft Trio, Jan Willem van Delft piano, Mark Dekkers bass, Jeroen Vrolijk drums, © 2009, iM Jazz (EU), LC-Nr.: unbekannt.

Musik 2

http://www.youtube.com/watch?v=0D5G9sRtEZk

Seek ye first the kingdom of God, Interpreten: Gracias Choir, Leitung: Boris Abalyan, http://www.biblecrusade.com/gracias_intro.html

2009 Bible Crusade with Pastor Ock Soo Park at the Manhattan Center. Standard-YouTube-Lizenz. (nicht kommerziell)

Musik 3

Track 19 Seek ye first the kingdom of God, Interpretin: Ingrid DuMosch von CD-Album Shout! - Top 100 Praise & Worship Songs Volume 3, 2008, Label: Classic Fox Records, LC-Nr. Unbekannt.

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