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Kirche in WDR 5 | 24.07.2023 | 06:55 Uhr
Abendmahl auf dem Mond
Guten Morgen!
Nach minutenlanger Stille rauscht es endlich wieder im Lautsprecher. Und Sekunden später sieht die Welt die Raumkapsel, wie sie an drei rot-weißen Fallschirmen langsam aus dem Himmel fällt. Mit einem lauten Platscher landen die drei Astronauten der Mission Apollo 11 im Pazifik, heute vor 54 Jahren.
Viele haben das damals im Fernsehen gesehen. Große Teile der Mission wurden live übertragen. Ein Ereignis wurde allerdings nicht übertragen: Die erste Abendmahlsfeier im Weltraum.
Neil Armstrong und Buzz Aldrin sind die beiden ersten Menschen auf dem Mond. In einigen Stunden sollen die beiden aussteigen, und eigentlich ist jetzt eine Schlafpause vorgesehen.
Doch
die beiden Astronauten können unmöglich schlafen. Da holt Buzz Aldrin einen
kleinen Beutel aus seinem persönlichen Gepäck. Er nimmt das Funkgerät und sagt:
„Hier ist der Pilot der Landefähre. Ich will diese Gelegenheit nutzen und
alle bitten, die zuhören, wer auch immer und wo auch immer sie sind, für einen
Moment innezuhalten und die Ereignisse der vergangenen Stunden zu bedenken und
dafür zu danken – jeder auf seine eigene Art und Weise.“
Dann nimmt er den Wein und das Brot aus dem Beutel – die ersten Lebensmittel, die auf dem Mond je gegessen werden. Neil Armstrong sieht zu, aber Brot und Kelch teilt er nicht. Und während Buzz Aldrin Abendmahl feiert, zitiert er Jesus: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Die Bibel, Luther 2017, Johannes 15,5)
Buzz Aldrin ist Ältester in seiner evangelischen Heimatgemeinde in Texas. Der Pfarrer dort hatte ihm für die Apollo-Mission Brot und Kelch vorbereitet. Und der Astronaut erinnert sich hinterher: In dem Augenblick habe ich mich so verbunden gefühlt mit meiner Gemeinde in Texas. In dieser Gemeinde wird der kleine Kelch bis heute aufbewahrt, und jedes Jahr im Juli an das erste Abendmahl im Weltraum erinnert.
Übertragen wurde die Abendmahlsfeier damals aber nicht, weder im Fernsehen noch im Radio. Buzz Aldrin hatte das Mikrofon ausgeschaltet. Ein paar Jahre vorher hatten Astronauten in einer Übertragung aus der Raumkapsel aus der Bibel vorgelesen. Sie hatten die Erde aus dem Weltraum gesehen und dazu die Erzählung von der Schöpfung von Himmel und Erde gelesen. Eine Atheistin hatte die NASA daraufhin verklagt. Die Klage wurde abgewiesen, aber seitdem ist die NASA als staatliche Agentur vorsichtig mit religiösen Zeremonien.
Wie viel Religion darf in der Öffentlichkeit gezeigt werden? Das ist heute immer noch ein aktuelles Thema. Ich denke: Alle Menschen suchen nach Sinn, nach Halt und Trost. Die Fragen und Antworten, die wir finden, sind ganz unterschiedlich. Dass wir unsere Haltung und unsere Überzeugung, unsere Fragen auch, ausdrücken dürfen, das gehört zum Menschsein dazu.
So, wie Buzz Aldrin es auf dem Mond gesagt hat: jede und jeder auf die je eigene Art und Weise. Im Zentrum dieser kleinen Abendmahlsfeier damals auf dem Mond stand die Dankbarkeit: Und Gründe zum Dankbarsein, die wünsche ich Ihnen an diesem Sommertag.
Ihr (Pfarrer) Steffen Riesenberg aus Bottrop.
(1) Der Funkspruch ist hier dokumentiert, meine Übersetzung: https://www.history.com/news/buzz-aldrin-communion-apollo-11-nasa (letzter Abruf 22.06.23)
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze